In den Faengen der Nacht
ertragen konnten.
Das Haus war mit modernen und antiken Möbeln eingerichtet. Trotzdem wirkte es wie ein ganz normales Haus. An der Wand hingen Fotos von Paul, seinen Söhnen und seiner Frau.
Susan starrte die Fotos an, besonders die mit den Jungen. Sie schienen so normal. Bis sie feststellte, dass ihre Kleidung die gleiche war, die sie als Kind getragen hatte. Seine Söhne waren nicht in den Zwanzigern, wie es aller Welt erschien. Sie mussten Mitte bis Ende dreißig sein.
Plötzlich hörten sie und Ravyn das Geräusch des Garagentors, das sich öffnete. Jemand kam nach Hause.
»Was machen wir jetzt?«, fragte sie nervös und schaute sich nach einem Versteck um.
»Wir warten«, sagte Ravyn laut.
Lässig lehnte er sich gegen das braune Ledersofa und verschränkte die Arme vor der Brust, als ob die Gefahr, die sie erwartete, ihm nichts ausmachte. Er schlug die Knöchel übereinander und sah aus wie jemand, der auf sein Kind wartet, das die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen ist.
Sie konnte ihn nicht begreifen, seine Strategie gefiel ihr auch nicht. Zum Glück arbeitete er nicht fürs Pentagon. Dieses »Ich werde schon sehen, wie es läuft« passte ihr überhaupt nicht.
»Mach dir keine Sorgen, Ben«, sagte ein Mann und schloss eine Tür, die, da war sie sich sicher, zur Garage führte. »Wir werden ihn holen.«
»Ich kann es einfach nicht fassen, dass dieser Dreckskerl gelogen hat.« Die Stimmen kamen näher.
Susan trat zurück in die Schatten und flüsterte ein kleines Gebet, dass alles gut gehen möge.
»Wie ich gesagt habe, mach dir keine Sorgen. Er hat für seine Lüge bezahlt. Wir werden Kontis und die anderen kriegen. Denk an meine Worte.«
»Gemerkt und notiert«, sagte Ravyn höhnisch, als die beiden Männer ins Zimmer traten.
Paul und Ben blieben abrupt stehen. »Was tust du hier?«, fragte Paul und wechselte seine Gesichtsfarbe.
Ravyn bewegte sich nicht und blinzelte noch nicht einmal. »Ich habe gehört, dass ihr nach mir sucht. Ich dachte, ich erspare euch die Mühe.«
Paul schien die Kontrolle über sich zurückzugewinnen und passte sich an Ravyns ruhigen Tonfall und seine Haltung an. »Hm … interessant. Und was machen wir jetzt? Es ausfechten?«
Ravyn zuckte die Schultern. »Klar. Warum nicht?«
»Mir gefällt die Idee nicht besonders«, sagte Paul und wechselte einen süffisanten Blick mit seinem Sohn.
Hier war Susan mit Paul mal einer Meinung. Auch ihr behagte der Gedanke nicht.
»Nein?«, fragte Ravyn und hob die Hand ans Kinn. »Und was schlagen Sie vor?«
»Dass wir dich töten.«
Der Plan gefiel ihr noch viel weniger.
Zum Glück stimmte Ravyn ihr zu. »Ich muss sagen, dass mir euer Plan nicht gefällt. »Zu« – er zögerte, als ob er nach dem richtigen Wort suchte, während er mit der Hand eine kreisende Bewegung durch sein Gesicht vollführte – »zu viel Sterben meinerseits.« Sein Gesicht wurde todernst, er verschränkte erneut die Arme. »Ich sollte viel eher euch umbringen.«
Diese Drohung schien Paul nicht zu berühren. »Das kannst du nicht machen.«
»Warum nicht?«
Er trat einen Schritt auf sie zu. »Wenn ich sterbe, werdet ihr beide nie von den Morden entlastet und ewig von der Polizei gejagt werden.«
Ravyn lachte. »Ewig. Das ist ein Konzept, von dem du keinerlei Vorstellung hast.« Er wurde ernst. »Glaub mir, Mensch, in meiner Welt bekommt das eine völlig neue Bedeutung. Aber das gehört jetzt nicht zur Sache. Ich glaube, Sie überschätzen Ihre Leute und deren Aufmerksamkeitsspanne ganz gewaltig. Darüber hinaus überschätzen Sie, dass mich das einen Scheißdreck interessiert. Ich bin ein Were-Hunter, Sie Idiot. Ich habe sechshundert Jahre damit verbracht, von Wesen gejagt zu werden, die um einiges erschreckender und klüger sind als Sie.
»Ich glaube, du hast unrecht. Ich glaube, du unter schätzt uns ganz gewaltig.«
Ravyn fühlte etwas Merkwürdiges seinen Rücken hinunterkriechen. Es war, als wären zahlreiche Daimons im Haus, aber er wusste es besser. Er hatte keinen erspürt, als sie eingestiegen waren, und Ben stand direkt vor ihm …
»Wirklich?«
»Ravyn!«
Er drehte sich um und sah Susan in den Armen eines anderen Daimons. Verdammt! Wie war der hinter ihn gekommen?
In diesem Moment wusste er es. Er konnte die Anwesenheit eines Daimons spüren, aber er konnte ihn nicht lokalisieren. Es musste irgendwo im Haus ein offenes Loch geben.
Er hatte also keine Ahnung, wie viele da waren.
Paul lachte selbstgefällig. »Darf ich vorstellen:
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