In den Häusern der Barbaren
Menge über Araceli und das Instituto Nacional de Bellas Artes erfahren und wie es war, in Orange County fremde Häuser zu putzen.
Araceli meinte, sie sei nicht sicher, ob sie jemals wieder studieren würde, aber »esto« würde sie jedenfalls auch nicht mehr lange machen, wobei sie ziemlich kühl in Richtung Brandon und Keenan auf dem Trampolin deutete. Sie hatte ein bisschen Geld zurückgelegt, und dieses »Abenteuer« mit den Jungen würde ihr letztes sein.
Lucía verstand jedes Wort, auch wenn ihr eigenes castellano eher schwerfällig war und sie nur über ein sehr einfaches Vokabular verfügte – in der Highschool hatte sie Französisch gehabt und Spanisch nie richtig gelernt. Im Gespräch fiel sie ständig ins Englische zurück.
»Tu, was dein Herz dir sagt«, riet Lucía und wiederholte den Satz auf Spanisch: »Haz lo qui te diga tu corazón.« Sie warf einen Seitenblick auf ihre Freunde, die wieder halb eingeschlafen waren und die Köpfe auf den Tisch gebettet hatten. »Ich studiere Geschichte und amerikanische Literatur. Ich weiß nicht, warum. Wahrscheinlich, weil ich Geschichten mag. Mein Vater hat eine tolle Geschichte. Vielleicht werde ich sie eines Tages aufschreiben.«
Scott hatte am Strand bis weit in die Nacht wach gelegen und den Zug der Sternbilder auf der Ekliptikebene verfolgt, und als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, hatte er den ovalen Fleck der Andromeda-Galaxie erkannt. Er hatte Meeresvögel tief übers rotblaue Wasser der Dämmerung fliegen sehen, die glattschwarzen Silhouetten zweier Hubschrauber auf dem Weg nach Süden, Richtung Mexiko, und die langsame, stumme Fahrt erleuchteter Schiffe. Tief in der Nacht war er eingeschlafen, den Kopf auf den kleinen Sandkamm gebettet, den die Brandung aufgeschüttet hatte. Kurz nach Morgengrauen hatten ihn zwei zeitgleiche Störungen geweckt: die ersten Strahlen der Morgensonne im Gesicht und die erste Welle an den Fußballen. Er hatte sich gestreckt und war dann lange und langsam am Strand spazieren gegangen, er hatte den Schreien der Möwen gelauscht. Als er zu einem Gezeitentümpel kam, den er einmal mit seinen Söhnen besucht hatte, musste er die Tränen zurückhalten, weil ihm der leicht irrationale Gedanke kam, er werde womöglich nie wieder so einen lebensbejahenden väterlichen Moment erleben. Sein knurrender Magen riss ihn schließlich aus seiner melodramatischen Stimmung, und er machte sich auf den langen Aufstieg zurück zum Haus. Er würde sich nun auf die Suche nach seiner Frau und seinen Kindern machen, die wahrscheinlich für eine Woche nach Missouri gefahren waren oder vielleicht auch für ein oder zwei Monate, um sich von ihrem gewalttätigen Familienvater zu erholen, und vielleicht würde er zu ihnen eilen, um sich zu verantworten.
Auf halber Strecke entdeckte er zu seiner Überraschung die vertraute hoch aufragende Silhouette des Autos seiner Frau. Einen Augenblick war er erleichtert und fühlte sich begnadigt – sie hatten ihn also doch nicht verlassen –, dann allerdings wieder unbehaglich, denn er musste nun zum Fiasko im Wohnzimmer und seiner viertägigen Abwesenheit auch noch diese Nacht am Strand erklären. Sie wird glauben, ich sei total verrückt geworden. Er näherte sich dem Wagen und stellte sich seine unglücklichen Söhne darin vor und seine Tochter, die ihm um den Hals fallen würde, ganz egal, was war. Als er zum Auto kam, ungewollt lächelnd, sank das Seitenfenster dramatisch langsam herunter und gab Maureens Sonnenbrille frei, die sie rasch von der Nase schob, um ihn und seine Umgebung mit nacktem Auge zu betrachten.
»Wo sind die Jungen?«, fragte sie rasch.
»Was?«
Maureen hatte Scott am Horizont auftauchen sehen, und auch sie hatte gemerkt, wie ihre Befürchtungen sich auflösten. Auch sie hatte sich eine familiäre Wiedervereinigung vorgestellt, Umarmungen, für die sie in die Knie gegangen wäre, wie man das bei kleineren Kindern so tat. Aber nein, Scott war allein.
»Wo sind die Jungen?«, wiederholte sie.
»Sie sind nicht bei dir?«
»Ich habe Samantha! Ich bin mit Samantha weggefahren und habe Brandon und Keenan bei dir gelassen.«
»Nein, das hast du nicht. Ich war gar nicht zu Hause.«
»Bitte?«
»Ich habe kein Kind bei mir. Ich bin weggefahren. Ich habe gedacht, sie wären alle bei dir.«
»Ich bin am Freitag mit Samantha weggefahren.«
»Und du hast die Jungen nicht mitgenommen?«
»Offensichtlich nicht!«
»Wo sind sie dann?«
Bei Einbruch der Dämmerung hatte sich
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