In den Häusern der Barbaren
Ladefläche gesessen hatten, standen nun auf, einer von ihnen hatte eine lange Machete in der Hand, mit der er gegen eine der Seitenwände hieb, als wollte er die Klinge prüfen. Sowohl die Arbeiter mit ihren bäuerlich-eifrigen Mienen als auch der Lastwagen selbst kamen Araceli anachronistisch vor, sie erwartete beinah, dass die Männer sich verirrt hatten, gleich umdrehen und wieder wegfahren würden. Der Anblick der Feldarbeiter in ihrer gebrauchten Kleidung weckte in Araceli einen vertrauten und irgendwie tröstlichen Sarkasmus: Tut mir leid, hier gibt es keine Farm. Kein Kohl zu ernten, das seht ihr doch! Steckt eure Macheten weg, wir haben auch keine Bananen zu pflücken! Zu ihrer Überraschung kam jedoch ein weiterer Mann den Fußweg zum Haus herauf, ein älterer, mexikanisch-amerikanischer Typ in einem frisch gebügelten Karohemd.
Araceli machte sich auf den Weg zur Tür und legte sich schon die höflichen Worte zurecht, mit denen sie dem Mann und seinen unterernährten Tagelöhnern klarmachen wollte, dass sie sich offenbar in der Adresse geirrt hätten. Ihre jefa kam ihr jedoch zuvor und öffnete selbst.
»Sie sind zu spät«, sagte Maureen schroff.
»Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, Frau Torres-Thompson, aber meine üblichen Arbeiter sind nicht gekommen. Ich musste mir also ein paar Neue suchen.« Die verwegen aussehenden »Neuen«, fünf an der Zahl, hatten jetzt unten auf dem Gehweg hinter ihrem Vorarbeiter Aufstellung genommen, stumm, die Hände in den Taschen.
»Tagelöhner?«, fragte Maureen in besorgtem Ton.
»Ja, aber die sind in Ordnung. Ich habe sie alle früher schon mal angeheuert.«
»Solange Sie es rechtzeitig schaffen. Sie müssen um elf fertig sein, das wissen Sie doch, oder?«
»Wir sind um halb elf hier weg, versprochen. Ich habe sowieso den nächsten Termin um elf Uhr drüben in Newport. Ich habe zwei Leute mehr als üblich mitgebracht, damit wir schneller sind. Vertrauen Sie mir.«
Was ist denn hier los? , fragte sich Araceli. Maureen führte den Vorarbeiter zum Tor, durch das seine Leute in den Garten gelangten, ohne durch das von Araceli gerade geputzte Wohnzimmer zu trampeln. Die Leute wollen hier richtig arbeiten , schloss Araceli. Irgendwas mit Pflanzen und Erde, und ich erfahre es natürlich wieder als Letzte, weil meine patrona es nicht für nötig hält, mich zu informieren. Araceli war ein wenig beleidigt, kein ganz neues Gefühl, seitdem sie herausgefunden hatte, dass sie jetzt die doméstica für alles war: Ihre Arbeitslast hatte sich verdoppelt, ohne dass ihr Lohn erhöht worden wäre.
Sie ging durchs Wohnzimmer zur Glastür in den Garten und sah zu, wie der Vorarbeiter und Maureen den verwelkenden Tropengarten begutachteten. Die Hälfte der Calla waren bereits hellbraun, unwiderruflich verdorrt, die Bananenstaude würde nie wieder die winzigen Früchte hervorbringen, die bisher in jedem Frühjahr gereift waren, und die Farne waren so trocken wie ägyptischer Papyrus. Die Bachsteine hatten ihre glänzend schwarze Oberfläche verloren und waren blassgrau und rissig, da die kleine Pumpe, die das Rinnsal fließen ließ, seit Tagen nicht mehr funktionierte, was Araceli im Rückblick als letztes, unmissverständliches Zeichen für das bevorstehende Unheil interpretierte.
Nachdem die beiden ihre Konferenz beendet hatten, ging der Vorarbeiter mit seinen Handlangern zum Seitentor, während Maureen ihren petit Regenwald ein letztes Mal betrachtete. Wenige Minuten später kamen die Arbeiter zurück, jeder eine Machete in der Hand, und der Vorarbeiter beriet sich erneut mit Maureen. Dann gab er den Arbeitern mit weit ausholenden Gesten und ausgestreckten Zeigefingern eine Reihe von Anweisungen. Nicht einer dieser Tagelöhner, schätzte Araceli, war länger als ein Jahr in den Vereinigten Staaten. Der mit dem hängenden Schnauzbart und dem Sweatshirt mit der Aufschrift LOUDON COUNTY HIGH WRESTLING TEAM war sicher schon Großvater. Der sehnig-magere Junge neben ihm, der ein Gratis-T-Shirt der mexikanischen Nationalbank trug, schien der frischeste Neuankömmling im Lande zu sein. Der Großvater schaute den Vorarbeiter konzentriert an, so als brenne er darauf, sich zu beweisen. Sie alle machten den Eindruck, als hätten sie gerade die Lotterie bei der Jobvergabe gewonnen und bräuchten jetzt nichts dringender als einen Tag harter körperlicher Arbeit.
Jetzt sprach der Boss zu seinen Arbeitern, und durchs Fenster hörte Araceli sein schlechtes, aber lautes Spanisch:
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