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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wahrscheinlich ein Kinderspiel. Wenn der Motor, der unter der zersplitterten Kunststoffverkleidung hervorlugte, hielt, was seine Größe versprach, dann mußte Jean mit dem Ding an der Decke entlangfahren können. Dem jungen Franzosen waren die bewundernden Blicke nicht entgangen, die Charity auf sein merkwürdiges Gefährt warf. Sein Gesicht leuchtete vor Stolz. »Gefällt Ihnen mein Pibike?« fragte er. »Es ist ... eine interessante Konstruktion«, sagte Charity ausweichend. »Haben Sie es selbst gebaut?« Jean nickte eifrig. »Sie hätten es sehen sollen, als ich es bekam. Der reinste Schrotthaufen. Ich habe zwei Jahre gebraucht, um es zu bauen. Aber jetzt ist es das schnellste, das es in der ganzen Zone gibt.« »Sie meinen, Sie sind nicht der einzige, der so etwas hat?« unterbrach ihn Charity. Jean blickte sie an, als hätte sie ihn gefragt, ob die Sonne morgens aufging. »Natürlich nicht«, antwortete er. »Die meisten haben ein Pibike. Wie sollte man sonst von einem Ort zum anderen kommen?« »Natürlich«, antwortete Charity mit einem unsicheren Lächeln. »Was für eine dumme Frage.« Sie deutete mit einer Kopfbewegung in die Dunkelheit hinter Jean. »Es gibt also noch mehr von diesen Tunnelverbindungen?« »Jede Menge. Ich kenne allein zwei Dutzend Tunnel. Einige sind eingestürzt, und zwei oder drei wurden gesperrt, nachdem ein paar Männer nicht zurückkamen, die sie erforschen wollten. Aber im allgemeinen sind sie sicher«, fügte er fast hastig hinzu, als er sah, daß Charity leicht zusammenfuhr. »Die Ameisen kommen nie hier herunter, und die Jäger auch nicht. Ich glaube, sie wissen gar nicht, daß es diese Gänge gibt.« Er schwieg einen Moment. »Da ist allerdings ein kleines Problem«, sagte er. »Ja?« »Ich kann nur einen von euch mitnehmen, allenfalls noch den Zwerg. Aber die beiden anderen müssen hier warten, bis ich zurückkomme.« »Wir können laufen«, sagte Charity. »Fahren Sie einfach voraus und zeigen uns den Weg.« »Laufen?!« Jean lachte, als hätte sie einen guten Witz gemacht. »Es sind fast zehn Kilometer. Ich brauche nur ein paar Minuten mit dem Pibike. Aber ich muß eben dreimal fahren.« Charity übersetzte den anderen, was er gesagt hatte. Skudder verzog verärgert das Gesicht. »Eher krieche ich den ganzen Weg auf Händen und Füßen, als daß ich mich auf dieses Ding setze«, erklärte er. Net runzelte nur die Stirn, aber Gurk beeilte sich, Skudder mit einem heftigen Nicken beizupflichten. »Unsinn!« entgegnete Charity. »Wir haben weder die Zeit noch die Kraft, sechs oder sieben Meilen durch eine leere Pipeline zu laufen. Der Junge hat recht — einer von uns sollte mitfahren und mit seinen Leuten sprechen, und die anderen warten hier.« Sie deutete auf die Wunde in Skudders Oberarm, wo ihn der glühende Metallsplitter getroffen hatte. »Das beste wird sein, du begleitest ihn. Du brauchst einen Arzt.« Skudder machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du fährst«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch mehr duldete. »Er hat recht«, fügte Net hinzu. »Schon, weil du die einzige von uns bist, die seine Sprache spricht. Skudder und mir würde es schwerfallen, irgendwelche Fragen zu beantworten.« »Und sie sind vielleicht nicht alle so freundlich wie dieser Kindskopf da«, fügte Gurk hinzu. Charity sah den Zwerg ärgerlich an, aber sie widersprach nicht mehr. Der Gedanke, die drei anderen hier allein zurückzulassen, behagte ihr nicht, aber ihr blieb keine andere Wahl. Schweren Herzens nickte sie. »Also gut. Ich schicke ihn so schnell wie nur möglich zurück.« Sie drehte sich um, ging zu Jean zurück und wollte zu ihm in den Sattel des Pibikes klettern, aber der Junge schüttelte den Kopf und bedeutete ihr mit einer Geste, noch einen Moment zu warten. Verblüfft sah sie zu, wie er sich über den Lenker beugte, sich einen Moment daran zu schaffen machte - und ihn dann mit einem Ruck abzog. Er drehte sich geschickt im Sattel des Motorrades herum, rutschte an sein hinteres Ende und befestigte ihn dort. Einen Augenblick später erlosch der Scheinwerfer, der Charity und die anderen bisher geblendet hatte, und dafür flammte auf der anderen Seite des Pibikes ein weißes Licht auf. Wahrscheinlich hat das Ding sogar zwei Motoren, dachte Charity verblüfft, oder der Junge hatte die Maschine so umgebaut, daß sie genauso schnell rückwärts wie vorwärts fuhr. Sie warf Skudder einen letzten Blick zu, auf den sie ein fast schadenfrohes Grinsen

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