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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein. Diesmal kam Charity Jean zuvor, als er antworten wollte. Mit einem schnellen Schritt trat sie neben ihn und wandte sich an den Mann, der noch immer sein Gewehr auf sie gerichtet hielt. Obwohl er nur einen einzigen Satz von sich gegeben hatte, hatte sie das sichere Gefühl, daß er derjenige der beiden war, mit dem sie reden mußte. »Meine Begleiter und ich«, sagte sie auf französisch. »Da draußen sind noch mehr?« »Es sind noch drei«, sagte Jean. »Sie warten darauf, daß ich zurückkomme und sie abhole.« »Du wirst überhaupt nichts tun«, fuhr ihn der Mann an. Er gab Henry einen Wink, ohne Charity auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Geh und sage Barler Bescheid, daß wir Besuch bekommen haben. Ich passe auf sie auf.« Henry zögerte einen Moment, bevor er im Laufschritt verschwand. »Jetzt mach doch keinen Blödsinn«, begehrte Jean auf. »Die drei anderen warten auf mich. Ich habe versprochen, sie abzuholen. Willst du, daß die Ratten sie fressen?« »Du bleibst hier«, beharrte der Mann. »Ihnen wird nichts passieren. Wir kümmern uns schon um sie, keine Angst. Und Sie ... « Er machte eine knappe, aber befehlende Geste mit seinem Gewehr. ». . . legen bitte ganz vorsichtig Ihre Waffen auf den Boden.« Charity schwieg und zog mit spitzen Fingern die Laserpistole aus dem Gürtel. Behutsam legte sie die Waffe vor sich auf den Boden und schob sie mit dem Fuß auf den Mann zu. Der Dunkelhaarige runzelte die Stirn, als er sah, daß es sich um einen der kleinen Strahler handelte, mit dem die Ameisen bewaffnet waren, sagte aber nichts. Charity war plötzlich nicht mehr so sicher, daß sie sich mit Jeans Freunden wirklich die richtigen Verbündeten ausgesucht hatten. Sie warf Jean einen halb fragenden, halb zornigen Blick zu, den der Franzose mit einem verlegenen Achselzucken beantwortete. »Das tut mir leid«, sagte er. »Ich verstehe auch nicht, was ... « »Schon gut«, unterbrach ihn Charity. »Im Grunde haben sie ja recht. Sie wären keine besonders guten Wachposten, wenn sie mir nicht mißtrauen würden.« »Blödsinn!« Jeans Gesicht verfinsterte sich, während er den Mann mit dem Gewehr anstarrte. Der andere erwiderte seinen Blick gelassen, und nach einer Weile wandte sich Jean wieder um und schlenderte scheinbar gelangweilt auf Charity zu. »Hören Sie«, flüsterte er. »Sie ... wissen nichts von der Festung. Und es wäre mir lieb, wenn das so bliebe.« Charity sah den Jungen überrascht an. Im ersten Moment erschien es ihr fast unglaublich, daß Jean seinen Fund all die Jahre hindurch für sich behalten hatte - aber ein zweiter Blick in sein Gesicht bewies ihr, daß es ganz genau so war. »Ich will es versuchen«, antwortete sie leise. »Was habt ihr beiden da zu flüstern?« fragte der Mann mit dem Gewehr scharf. »Nichts!« Jean funkelte ihn an. »Ich versuche nur, sie davon zu überzeugen, daß wir hier in der Freien Zone nicht alle solche Hornochsen sind wie ihr beide!« Charity unterdrückte mit Mühe ein Lachen. Aber sie sagte nichts mehr.

Kapitel 7
    Sein Zeitgefühl war durcheinandergeraten. Er wußte nicht, ob eine Stunde oder ein Tag vergangen war, seit man ihn hierhergebracht hatte. In seinem Inneren tobte ein Sturm von Gefühlen, die ihm fremd waren, obwohl sie doch aus ihm selbst stammten. Aber sie kamen aus einem Bereich seiner Seele, von dessen Existenz er bisher nichts geahnt hatte, als wäre da eine Mauer in seinen Gedanken gewesen, eine unsichtbare Wand, die er bisher nie hatte überschreiten können und die nun Risse bekommen hatte. Was dahinter lag, wußte er nicht. Aber es erschreckte ihn. Es war, als verfüge er plötzlich über zusätzliche Sinne; Sinne, die nicht den äußeren, sondern vielmehr den inneren Kosmos erforschten. All seine anderen, fast ins Unvorstellbare gesteigerten Sinne und Instinkte arbeiteten nach wie vor mit der gewohnten Präzision. Aber daneben begann er zu fühlen, w as er fühlte, das war vornehmlich Schmerz; ein Schmerz, dessen wahren Grund er noch gar nicht kannte. Kyle hörte die Schritte, die sich seiner Zelle näherten, Augenblicke, bevor sie die Tür erreichten. Langsam setzte er sich auf der schmalen, ungepolsterten Liege auf. Die dünnen, silberfarbenen Ketten bestanden aus einem Material, das selbst seinen Kräften standhielt. Er hatte ihnen gesagt, daß es nicht nötig war, ihn zu fesseln, aber natürlich hatten sie es trotzdem getan. Sie hatten ihn in diesen kleinen Raum mit Wänden und einer Tür aus

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