In den Ruinen von Paris
von uns war je auf der anderen Seite des Flusses«, antwortete er. »Aber es muß eine Halbkugel sein. Ich schätze, daß sie einen Durchmesser von vielleicht hundert Kilometern hat.« Charity überlegte einen Moment. »Das bedeutet ... « »Daß ihr Zentrum ungefähr unter dem Eiffelturm liegen muß«, bestätigte Barler. Charity sah ihn verwirrt an. »Manchmal«, sagte sie, »frage ich mich allen Ernstes, ob Sie Gedanken lesen können.« Barler lächelte flüchtig. »Es ist nicht besonders schwer. Vor allem nicht, wenn es die gleichen Gedanken sind, die ich auch schon hundertmal hatte.« »Niemand hat jemals diese Wand durchbrochen?« fragte Charity. Barler schüttelte den Kopf. »Niemals.« »Und Sie und all die anderen, die in der Freien Zone leben? Wie sind Sie hierhergekommen?« Barler schwieg einen Moment. »Ich?« Er lächelte schmerzlich. »Ich weiß es nicht. Ich erinnere mich, an einem anderen Ort geboren zu sein. Aber es ist zu lange her, als daß ich sicher wäre, ob es wirklich so war oder ob ich es mir nur einbilde. Solange ich mich wirklich erinnern kann, lebe ich hier. Und die anderen auch.« Er winkte ab, als sie ihn unterbrechen wollte. »Es ist einfacher, wenn ich Ihnen den Rest zeige, Miss Laird.« Wieder blickte Charity auf die unsichtbare Mauer. Irgend etwas an Barlers Geschichte stimmte nicht. Sie wollte eine weitere Frage stellen, aber Barler deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Lassen Sie uns gehen«, sagte er. »Der Rückweg ist weit, und ich möchte nicht, daß Ihre Freunde anfangen, sich Sorgen um Sie zu machen.«
Kapitel 10
»War das der Moment?« Die weiße Ameisengestalt des Inspektors wandte den Kopf und blickte fragend auf Stone herab, und er fügte mit einer erklärenden Geste auf die reglose, nackte Gestalt auf dem chromschimmernden Untersuchungstisch hinzu: »Der Fehler in seiner Konditionierung?« Der Inspektor zögerte einen Moment, als wäre er sich nicht ganz schlüssig, was er antworten sollte. Dann machte er eine Bewegung, die wohl seine Entsprechung zu einem menschlichen Kopfschütteln war. »Nein. So etwas kommt vor. Nicht sehr oft, aber es kommt vor. Er war noch sehr jung damals, und es war noch zu viel von einem Menschen in ihm. Es muß später noch etwas anderes geschehen sein, etwas, von dem wir nichts wissen. Dieser Vorfall war uns bekannt.« Stone wandte sich nachdenklich ab und sah wieder den bewußtlosen Megamann an. Obwohl Kyles Wille so sicher ausgeschaltet war wie eine Maschine, deren Stecker man herausgezogen hatte, spürte er immer noch Furcht vor der schlanken Gestalt. Waren es seine eigenen Schuldgefühle Kyle gegenüber - oder beruhte seine Beunruhigung auf dem sicheren Wissen, daß Kyle auch jetzt noch gefährlich war? Sein Blick löste sich vom Gesicht des Megamannes, das im Schlaf sonderbar friedlich und entspannt wirkte, und suchte den großen Schirm über dem Bett, auf dem Kyles Gedanken , umgesetzt in Bilder und Worte zu sehen waren. Im Moment erkannte er nichts als ein sinnloses Durcheinander von Bewegung, Farben und Formen. Er fragte sich, ob diese furchteinflößende Gedankenmaschine bei jedem Menschen funktionierte. Vielleicht war es auch gar nicht Kyle, sondern diese Umgebung, die ihm Angst machte. Alles hier war so ... anders. So völlig verschieden von dem, was er in den letzten Jahren gesehen hatte. Selbst er, der vielleicht mächtigste Mensch auf diesem Planeten, hatte bisher nur wenig von der übermächtigen Technologie der Invasoren zu Gesicht bekommen. Und das wenige, was er gesehen hatte, war eher verwirrend als beeindruckend gewesen. Eine Technologie, die der der Erde des 20. Jahrhunderts in manchen Punkten überlegen, in anderen unterlegen war, die aber auf dem rücksichtslosen Einsatz von Material und Energie beruhte. Was Stone in dieser Basis im Schatten des Eiffelturms gesehen hatte, das überstieg alles, was er sich in seinen kühnsten Träumen hatte vorstellen können. Es schien hier nichts zu geben, das nicht möglich war, nichts, das nicht von Maschinen und lautlos arbeitenden Computern erledigt wurde. Nicht zum ersten Mal, seit er aus den Schlaftanks der unterirdischen Bunkerstation gestiegen war und sich den Invasoren angeschlossen hatte, fragte er sich, wer sie wirklich waren, ohne aber eine Antwort zu finden. »Wie lange wird die Untersuchung noch dauern?« fragte er. »Bis wir gefunden haben, wonach wir suchen«, antwortete der Inspektor ruhig. »Es muß einen Fehler gegeben
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