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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gekommen war. Sie hatten den Parcours fast hinter sich gebracht, als der Schneider auftauchte. Mark und er hatten das zweieinhalb Meter hohe Maschinenwesen, dem sie schon mehrmals begegnet waren, in stiller Übereinkunft so getauft, denn es hatte zwar einen glitzernden Eisenkörper, der entfernt an den der Dienerkreaturen erinnerte, bestand aber zum größten Teil aus rasiermesserscharfen Klingen und Schneiden, die in allen nur denkbaren Winkeln rotierten und zuckten. Das Geschöpf war nicht besonders schnell, aber es hatte wenig Sinn, vor ihm davonzulaufen, denn es kannte weder Müdigkeit noch Erschöpfung und verfolgte sein Opfer unerbittlich. Die kleinen, handlichen Strahlenpistolen, mit denen Kyle und seine Gefährten ausgerüstet waren, waren gegen dieses Maschinengeschöpf nutzlos. Dennoch besaß es eine verwundbare Stelle: An seinem Hinterkopf gab es einen kleinen, gelben Schalter, den es zu erreichen oder mit einem geschickten Steinwurf niederzudrücken galt, um es sofort zur Salzsäule erstarren zu lassen. Als Mark und Kyle das charakteristische Rasseln und Klirren des Schneiders hörten, wichen sie automatisch auseinander, damit das Geschöpf sie nicht beide gleichzeitig angreifen konnte und zumindest einer die Gelegenheit fand, ihn außer Gefecht zu setzen. Sie hatten viel gelernt, aber sie hatten noch nicht ganz begriffen, daß es nichts gab, was vorhersehbar war. Als der Schneider zwischen den beiden Dünen vor ihnen erschien, da warteten Mark und Kyle darauf, daß er einen Herzschlag lang zögern und sich dann auf einen von ihnen stürzen würde. Aber statt dessen erstarrte er für Momente, blickte sie aus seinen kalten, elektronischen Augen an - und zerfiel in zwei Teile. Aus dem plumpen, zwei Meter hohen Stahlkoloß wurden zwei hüpfende, metallene Ellipsoide, die von einem Kranz schwirrender Klingen und rotierender Messer umgeben waren. Kyle registrierte die Gefahr instinktiv. Blitzschnell ließ er sich zur Seite fallen, sah aus den Augenwinkeln, daß das heranrasende Maschinenungetüm die Bewegung nachvollzog und warf sich noch im Sprung herum. Die stählernen Klingen des Schneiders wischten an ihm vorüber. Sofort war Kyle wieder auf den Beinen. Noch während sich der halbierte Schneider auf der abschüssigen Ebene aus Sand herumzudrehen versuchte, überwand Kyle die Entfernung zu ihm mit einem gewaltigen Sprung und packte zwei der rasiermesserscharfen, gebogenen Klingen. Mit aller Macht warf er sich zurück, zog die Knie an den Körper und stieß die Beine fast im gleichen Sekundenbruchteil wieder vor. Ein scharfer Schmerz schoß durch seinen linken Fuß, als sich ein Metalldorn tief hineinbohrte, aber der plötzliche Ruck brachte den Schneider aus dem Gleichgewicht. Für eine schreckliche halbe Sekunde hatte Kyle das Gefühl, daß es ihm nicht gelingen würde, den Koloß anzuheben, aber dann rollte er über die gekrümmten Schultern ab, und der Schneider verlor plötzlich den Boden unter den Füßen und segelte im hohen Bogen über Kyle hinweg. Er flog drei, vier Meter weit durch die Luft und prallte mit einem dumpfen Geräusch auf. Ohne auf den Schmerz in seinem Fuß und seine blutenden Hände zu achten, sprang Kyle auf und fuhr herum. Der Roboter versuchte ebenfalls, auf die Füße zu kommen, aber es gelang ihm nicht. Seine dürren Stelzbeine knickten immer wieder ein, während die tödlichen Klingen wie in sinnloser Wut meterhohe Sandfontänen aus dem Boden rissen. Kyle betrachtete das mechanische Toben des künstlichen Ungeheuers noch eine Sekunde lang, ehe er sicher war, daß sich der Schneider nicht plötzlich erhob und sich wieder auf ihn stürzte, dann drehte er sich herum und hielt nach Mark und dessen Gegner Ausschau. Sein Freund hatte weniger Glück gehabt als er. Er mußte zwar auch versucht haben, dem Schneider auszuweichen, aber der Roboter hatte ihn eingeholt und niedergeworfen. Kyle konnte lediglich ein Oval aus verchromtem Eisen sehen und Marks Beine, die unter dem Leib des mechanischen Killers hervorragten und heftig strampelten. Dann hörte er einen Schrei. Die Sandfontänen, die die Schwerter des Schneiders aufwirbelten, färbten sich plötzlich rot, und Marks Beine hörten auf, sich zu bewegen. Kyle rannte schreiend los. Der Schneider ließ von seinem Opfer ab und wirbelte herum, die plötzlich blutbesudelten Schwertklingen hoben sich, um sich dem neu aufgetauchten Gegner entgegenzustellen. Kyle hatte alles vergessen, was man ihm gesagt hatte, alles, was er über

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