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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Pfeifen zurücksprang. Blitzartig schwenkte er die kleine Strahlenpistole wieder herum und feuerte auf die andere Ameise, die auf die Füße zu kommen versuchte. Er traf auch diesmal, und wenn die Leistung des kleinen Strahlers auch längst nicht groß genug war, das gepanzerte Geschöpf zu verletzen, so fügte sie ihm doch großen Schmerz zu. Die Ameise stürzte zum zweitenmal, schlug alle vier Hände gegen das Gesicht und begann, hoch und schrill zu zischeln. Als Kyle sich herumdrehte, um auch die zweite Dienerkreatur endgültig niederzustrecken, traf ihn ein weißblauer Blitz, der direkt aus dem Himmel herabfuhr und sein Bewußtsein im Bruchteil einer Sekunde auslöschte. 
     
    *
     
    »Die Mauer.« Barler deutete auf den Waldrand: »Sie wollten sie doch sehen, oder?« Sie waren nicht wieder zur U-Bahn-Station zurückgekehrt, nachdem sie das zerstörte Botschaftsgebäude verlassen hatten, sondern eine gute Viertelstunde in die entgegengesetzte Richtung marschiert. Der Dschungel war beständig dichter geworden, und Charity war klar geworden, daß sie sich der Grenze der Freien Zone nähern mußten. Jetzt lag sie vor ihnen. Der Dschungel endete nach weiteren zwei oder drei Schritten abrupt, und dahinter begann ... ja, was eigentlich? Ein Energieschirm? Eine Kuppel aus flimmernder Moroni-Magie? Unsinn. Vor ihr war ... nichts. Nichts und vielleicht das Erstaunlichste, das sie je zu Gesicht bekommen hatte. Obwohl sie jetzt nur noch einen guten Meter von der unsichtbaren Grenze entfernt war, konnte sie sie nicht sehen. Es gab keine Linie verbrannter Pflanzen, keinen unsichtbaren Widerstand, der das wuchernde Grün zurückhielt - nichts. Unmittelbar vor ihr war der Boden mit einem Teppich aus Flechten, Wurzeln und Moos bedeckt, und einen Meter dahinter erstreckte sich nichts als der Beginn einer öden, leicht anstei-genden Gras- und Trümmerlandschaft, die irgendwo in schwer zu schätzender Entfernung mit dem Himmel verschmolz. Einen Moment lang fragte sich Charity, welchen Anblick die Energiekuppel wohl von außen bieten mochte, hätte es jemanden gegeben, der sie beobachtete. Die Welt außerhalb sah allerdings eher so aus. als wäre das am höchsten entwickelte Leben ein Grashalm: Wo einmal die Vororte von Paris gewesen waren, breitete sich nur noch eine einzige riesige Trümmerlandschaft aus. Nach kurzem Suchen fand Barler einen Ast, den er abbrach und im hohen Bogen auf die Trümmerlandschaft hinauswarf. Er erreichte sie nie. Als er die unsichtbare Grenze berührte, in der der Dschungel in dieses graue, triste Land überging, verschwand der Ast. Es geschah auf sonderbare Weise völlig undramatisch. Kein Funkenregen entstand, keine rauchenden Trümmer oder rieselnder Staub - gar nichts. Das Stück Holz war schlicht und einfach verschwunden. Charity blickte den Franzosen betroffen an. »Funktioniert das ... umgekehrt genau so?« fragte sie. Barler nickte. »Nichts kommt hinaus und nichts hinein.« Statt direkt darauf zu antworten, nahm sie den Gamma-Laser von der Schulter, den sie aus der Botschaft mitgenommen hatte, entsicherte ihn und richtete den Lauf der Waffe auf die verkohlte Ruine eines zweistöckigen Hauses, keine fünfzig Schritte von ihr entfernt. Barler sah ihr stirnrunzelnd zu, sagte aber auch dann nichts, als Charity abdrückte und der dünne, blauweiße Energiestrahl in die Wand des Gebäudes einschlug und ein fast metergroßes Loch hineinbrannte. Charity senkte die Waffe, zögerte einen Moment und hängte sie sich dann wieder über die Schulter, nachdem sie sie gesichert hatte. »Und was beweist das jetzt?« fragte Barler. »Nichts«, gestand Charity nach kurzem Zögern. »Außer vielleicht, daß diese Mauer nicht ganz so undurchdringlich ist.« Barler lachte humorlos. »Das ist ein Laser, nicht wahr?« fragte er mit einer Geste auf das Gewehr. Er hatte eine gleichartige Waffe über der Schulter hängen, die er wie sie aus der Botschaft mitgebracht hatte, hatte ihr aber bisher nur einen flüchtigen Blick geschenkt. Charity nickte. »Im Grunde nichts anderes als konzentriertes Licht«, fuhr Barler fort. »Daß die Mauer Licht durchläßt, habe ich nie bestritten. Dummerweise nutzt uns das überhaupt nichts.« »Ich weiß«, gestand Charity niedergeschlagen. Sie blickte auf die unsichtbare, tödliche Trennlinie, die die verwüstete Stadt vom Rest einer vielleicht ebenso verwüsteten Welt trennte. »Wie weit reicht diese Mauer?« fragte sie. Barler zuckte mit den Achseln. »Keiner

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