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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erkennen zu lassen, daß sich das Gebäude in einem ausgezeichneten Zustand befand. Entweder hatte es hier im Inneren keine Kämpfe gegeben, oder man hatte sich alle Mühe gemacht, ihre Spuren zu tilgen. Einige der vielen Türen standen offen, und Charity konnte erkennen, daß man die früheren Hotelzimmer offenbar zu Lagerräumen umfunktioniert hatte. In manchen standen Schreibtische und große, gefüllte Aktenregale, andere waren mit Kisten und Kartons fast bis unter die Decke vollgestopft. »Beute«, erklärte Barler spöttisch. »Diese Stadt muß einmal sehr reich gewesen sein. Wir sind ziemlich viele, und wir leben jetzt seit vierzig Jahren hier, und trotzdem finden wir immer noch genug, um zu leben.« »Wie groß ist Ihre Bevölkerung?« erkundigte sich Charity. Barler zuckte mit den Achseln. »Wir haben uns nie gezählt«, antwortete er, »aber wir müssen ungefähr zehntausend Menschen sein.«  Zehntausend, dachte Charity. Das war viel - und doch entsetzlich wenig, wenn sie bedachte, daß die Shai-Priesterinnen seit vierzig Jahren Kinder in das Shai-Taan brachten, die ihren Familien fortgenommen worden waren. Was um alles in der Welt geschah mit den anderen? Hatten sie sie wirklich bei ihren Bemühungen getötet, sie in Wesen wie Kyle zu verwandeln? Oder hatte Kyle sie belogen, als er behauptete, es gäbe nur sehr wenige wie ihn? Charity weigerte sich, an eine dieser Möglichkeiten zu glauben. Es mußte noch eine dritte Erklärung geben. Barler blieb vor einer Tür am Ende des Korridors stehen. »Kommen Sie, Captain Laird«, sagte er. »Ihre Freunde warten sicherlich schon.« Er öffnete die Tür, und Charity trat an ihm vorbei in den dahinterliegenden Raum. Skudder, Net und Gurk saßen an einem kleinen Tisch unter dem Fenster und diskutierten offensichtlich erregt mit Jean und einer dunkelhaarigen jungen Frau, die nur wenig älter als Net war und Jeans Worte in ein fast akzentfreies Englisch übersetzte. Sie unterbrachen ihr Gespräch, und Skudder und Net sprangen auf und kamen ihnen entgegen, während Gurk sitzen blieb und sie mit finsteren Blicken musterte. »Charity!« sagte Skudder mit offenkundiger Erleichterung. »Wie geht es dir?« Charity wollte antworten, aber Barler trat neben sie und | legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ich werde Sie jetzt allein lassen. Captain Laird kann Sie ja über alles informieren. Sie werden verstehen, daß ich noch eine Menge zu tun habe. Morgen früh stehe ich Ihnen dann zur Verfügung. Bis dahin werden sich Jean und Helen ... « Er deutete auf das dunkelhaarige Mädchen am Tisch, ». . . um Sie kümmern.« Charity maß die junge Französin mit einem kurzen Blick. Sie sah freundlich aus und hatte ein offenes, sympathisches Gesicht. »Helen ist meine Tochter«, fügte Barler hinzu und verabschiedete sich mit einem flüchtigen Lächeln. Charity ging zum Tisch und setzte sich. Plötzlich spürte sie, wie erschöpft sie war. »Sie dürfen es meinem Vater nicht übelnehmen, wenn er mißtrauisch ist«, sagte Helen. »Immerhin hat er die Verantwortung für uns alle hier.« Das Mädchen hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Barler. Nur in ihren Augen glomm das gleiche energische Funkeln. »Ihr Vater hat ja recht«, entgegnete Charity. »Ich an seiner Stelle wäre wahrscheinlich genauso mißtrauisch. Vor allem jetzt, nachdem ich diese Mauer gesehen habe.« Net sah sie fragend an, und Charity fuhr erklärend fort: »Es ist irgendeine Art von Energiefeld, durchlässig lediglich für Luft und Licht.« »Wo wart ihr genau?« erkundigte sich Skudder. »Ich habe schon begonnen mir Sorgen zu machen. Ihr wart stundenlang weg.« Charity zögerte einen Moment. Selbst die kleine Anstrengung, Skudder und den anderen von dem zu erzählen, was sie gefunden hatten, schien über ihre Kräfte zu gehen. Eine bleierne Müdigkeit hatte sich auf ihre Glieder gelegt. Es wurde sehr still im Zimmer, während Charity von ihren Erlebnissen sprach. Skudder und Net sahen sehr nachdenklich aus, und Gurk starrte stumm aus dem Fenster, vor dem der letzte Rest des grünen Tages verblaßte. »Ich fürchte, ich ... verstehe nicht ganz«, brach Net schließlich das Schweigen, nachdem Charity geendet hatte. »Wenn dieser Bunker so wichtige Informationen enthält - warum haben sie ihn dann nicht schon längst gewaltsam geöffnet?« »Weil diese Informationen zu wichtig sind«, antwortete Charity. »Sie wollen sie haben, aber nicht zerstören.« Net sah sie fragend an. »Warum?« »Weil sie

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