In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
Muster, das sich bis auf die Brust seiner Trägerin fortsetzte. Das Stück war exquisit. Es schimmerte und funkelte auf dem schwarzen Samt wie eingefangenes Sonnenlicht.
»Dies ist Mr Muellers neueste Errungenschaft«, erklärte Tamara. »Er stand deswegen monatelang in Verhandlungen. Aus diesem Grund musste er neulich so überstürzt nach Hongkong reisen.«
»Er ist wunderschön«, hauchte Erin. »Einzigartig. Könnten Sie mir bitte das Herkunftszertifikat zeigen?«
Tamara lächelte. »Das könnte ich, aber ich werde es nicht tun. Nicht heute Abend, Erin. Sie sollen ihn nicht beurteilen, sondern tragen. Legen Sie ihn um.«
»Gott, nein!« Sie hielt ihr erschrocken das Kästchen entgegen. »Das ist ja absurd.«
Tamara schob es sachte wieder zurück. »Wollen Sie wissen, warum ich Sie überhaupt nach oben geführt habe? Mr Mueller hat heute eine sehr spezielle Bitte an Sie. Er möchte, dass Sie den Halsreif tragen, wenn Sie ihn treffen.«
Erin sah auf ihren schlichten blauen Hosenanzug und die hochgeschlossene weiße Seidenbluse hinunter. »Aber ich … ich kann nicht. Ich … ich …«
»Ich weiß genau, was Sie meinen«, antwortete Tamara munter. »Sie brauchen etwas anderes als Hintergrund. Mr Mueller und ich hatten dieses Problem einkalkuliert. Darum haben wir heute Nachmittag verschiedene Kleider liefern lassen. Größe sechsunddreißig, nicht wahr?« Erin nickte. »Das dachte ich mir«, fuhr Tamara fort. »Sie sind alle wunderschön, und glauben Sie mir, ich bin sehr wählerisch. Bestimmt finden wir eines, das Ihnen gefällt.«
»Oh nein! Das ist es nicht«, protestierte Erin. »Es ist nur so, dass es sich einfach nicht …«
»Schickt?« Tamaras Lachen war warm, glockenhell und bezaubernd. Sie gab Erin einen Kuss auf die Wange. »Das ist einfach zu köstlich. Wirklich umwerfend. Sie sind ein ungeschliffener Diamant, Erin Riggs, aber noch ehe wir hier fertig sind, werden Sie funkeln wie ein Juwel.«
Erin schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«
Sie schloss die Augen, um Tamaras forschendem Blick zu entgehen, und holte tief Luft. Sie war zu angespannt und verwirrt, um mit der scharfen Entgegnung aufzuwarten, die nötig wäre, um diese Frau abzuwimmeln. Das Einzige, woran sie denken konnte, war Connors vorhersehbare Reaktion auf Muellers Bitte. Sein verletzter Stolz.
»Verkleiden Sie sich nicht gern, Erin?« Tamaras Ton war neckend. »Es ist doch nur ein harmloser Zeitvertreib. Mr McCloud ist nicht hier, und wir werden Sie bestimmt nicht verpetzen.«
Der Pfeil traf ins Ziel. »Ich brauche niemandes Erlaubnis«, fauchte Erin. »Mir gefällt einfach die Idee an sich nicht. Das ist alles.«
Tamaras Miene wurde betrübt. »Ich verstehe. Allerdings hatte ich gehofft, dass Sie Mr Mueller den kleinen Gefallen erweisen würden. Er war in letzter Zeit gesundheitlich sehr angeschlagen, sodass er die meiste Zeit in einsamer Zurückgezogenheit verbracht hat. Er gönnt sich heute ein wenig Unbeschwertheit, was sehr selten vorkommt. Es gab ihm einen solchen Auftrieb, diese kleine Überraschung für Sie vorzubereiten. Er betrachtet es als ein Geschenk, wissen Sie? Um Sie zu würdigen und Ihnen für all die harte Arbeit zu danken.«
Fast schon verzweifelt streckte Erin Tamara die Samtschatulle entgegen. »Aber ich … es ist so unpassend. Ich weiß noch nicht mal …«
»Mr Mueller möchte einfach nur seine Freude an dem Halsreif mit jemandem teilen, der seine Schönheit ebenso zu schätzen weiß wie er«, schmeichelte Tamara. »Er ist fasziniert von Ihnen, und das schon seit Monaten. Abgesehen davon sollten Sie ohnehin lernen, Ihr Aussehen möglichst gut zur Geltung zu bringen. Ich kann Ihnen dabei helfen. Sie besitzen unglaubliches Potenzial. Diese Haare, diese Haut, diese Augen.«
»Danke, aber ich brauche keine Stylistin«, lehnte Erin kühl ab.
»Nein, die brauchen Sie nicht. Sie sehen toll aus. Sie sind ein sehr hübsches Mädchen, aber wenn Sie wollten, bräuchten Sie nur über die Straße gehen und würden Auffahrunfälle verursachen.«
Erin starrte sie verwirrt an. »Warum um alles in der Welt sollte ich so etwas wollen?«
Tamara lachte. »Wegen der Macht, Erin, die es Ihnen verleihen würde. Sie ist etwas sehr Nützliches. Glauben Sie mir.«
Erin schüttelte den Kopf. »Ich brauche diese Art von Macht nicht. Ich will sie nicht. Das ist nicht mein Stil.«
»Jeder braucht sie.« Tamaras Stimme klang nun hart. »Was für eine Schande, dass McCloud Sie unter seiner Fuchtel hat. Sie
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