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In den Tod gejagt

In den Tod gejagt

Titel: In den Tod gejagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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wolkenlosen Horizont zu enden schien.
Im Zimmer lastete die Stille; kein Rauschen der Brandung drang von außen
herein; und einen gespenstischen Augenblick lang hatte ich das Gefühl, eine
Gestalt aus einem Roman des Mittelalters zu sein, gefangen in der Festung
Fleur. Das war genügend Anlaß, zur Bar zu gehen und mir mein Glas neu
einzuschenken.
    Ein paar Minuten später ging
ich in die Garage hinunter, nahm meinen Koffer aus dem Wagen und stieg wieder
die zwei Treppenabsätze zum oberen Stock des Hauses empor. Kurz vor mir öffnete
sich eine Tür, und ein helles Lichtrechteck fiel auf den schwach beleuchteten
Korridor. Eine Frau in einem schwarzen Nachtgewand starrte unsicher heraus und
wandte sich mir langsam zu. Ihr Haar hing schlaff über die Schultern herab, und
ihr Gesicht hatte den verschwommenen, unausgeprägten Ausdruck einer
Somnambulen. Sie legte den Kopf ein bißchen zurück und spähte mit
zusammengekniffenen Augen zu mir herüber.
    »Bitte, helfen Sie mir ?« Ihre Stimme war ein heiseres, fast unzusammenhängendes
Geflüster. »Man hält mich in meinem eigenen Haus gefangen. Diese schreckliche
Frau jagt dauernd Injektionen in mich hinein .«
    »Ihnen ist nicht wohl, Miss
Falaise«, murmelte ich nervös. »Ich finde, Sie sollten ins Bett zurückkehren .«
    »Ich muß von hier weg .« Ihre eine Hand machte eine kleine wirkungslose Geste, die
sie offensichtlich eine ungeheure Anstrengung kostete. »Wenn ich nicht weggehe,
werden sie mich am Ende umbringen .«
    Sie machte einen langsamen,
schleppenden Schritt auf mich zu, und ihr Gesicht kam dem meinen ganz nahe.
Ihre geschlitzten Augen starrten verzweifelt in mein Gesicht, und ich spürte
die verzweifelte Willensanstrengung, die es sie kostete, gegen das Schlafmittel
anzukämpfen. Dann stieß sie einen kleinen Schrei des Wiedererkennens aus, und
einen Augenblick lang war ihr Gesicht völlig verwandelt. Die Linien innerer
Anspannung und Erschöpfung schienen wie durch Zauberei zu verschwinden, und ihr
Gesicht war wieder makellos schön.
    »Kurt !« Wie beschwörend hauchte sie den Namen. »O Kurt, mein Liebling, ich wußte ja,
daß du eines Tages zurückkommen würdest. Das bedeutet, daß du mir vergeben hast
— daß du mich nicht mehr haßt. Bitte, Kurt, sag mir, daß du mich nicht mehr
haßt !«
    Ich hörte energische Schritte
oben an der Treppe, einen entsetzten und empörten Laut, und dann näherte sich
uns jemand in höchster Eile. Die magere tüchtige Miss Collins schoß an mir
vorbei, packte Fleur Falaise mit einem sanften, aber umfassenden Griff und
schob sie schnell ins Schlafzimmer zurück. In dem Augenblick, in dem mir die
Tür vor der Nase zugeschlagen wurde, erhaschte ich einen Blick ins Innere des
Zimmers. Die gespenstische Anordnung medizinischer Gegenstände auf dem
Tischchen neben dem großen kunstvollen Bett reichte völlig aus, in mir einen
Wach-Alptraum auszulösen.

DRITTES KAPITEL
     
    D er über das Steilufer führende
Pfad war ausschließlich etwas für Schwindelfreie. An manchen Stellen lief er
scharf am Rand des dort zwischen sechzig und siebzig Meter tiefen Abgrunds, auf
dessen Boden Felsbrocken lagen. Es war ein schöner Morgen am Strand von Malibu,
die Sonne strahlte von einem blauen Himmel herab, und eine sanfte Brise
streichelte mein Gesicht. Arlene Donner ging vor mir, als sich der Pfad
plötzlich verengte. Ihre Hinteransicht in weißer Seidenbluse und enger
orangefarbener Hose war ebenso entzückend wie im schwarzen Spitzenanzug am
Abend zuvor. Sie verließ den Pfad auf der höchsten Spitze des Steilufers und
trat bis zum Rand vor. Ich stellte mich neben sie und blickte hinab.
    »Das ist die Stelle, Rick«,
sagte sie.
    George Bloom hatte mir eine genaue
Beschreibung gegeben: gut sechs Meter unter uns befand sich der schmale,
ungefähr einen halben Meter breite Felsvorsprung, und darunter folgte nur noch
der gewisse Tod. »Was geschah, nachdem George Sie aus Ihrem Zimmer geholt hatte ?« fragte ich.
    »Ich nahm eine Taschenlampe und
rannte den Pfad entlang«, sagte ich. »Ich wußte, daß das hier der
Lieblingsaussichtsplatz von Fleur war. Ich fand ihre Taschenlampe hier im Gras
und wußte, daß sie hinuntergestürzt sein mußte .«
    »Darauf gingen Sie ins Haus
zurück und holten George«, sagte ich. »Was dann?«
    »Wir nahmen ein Seil aus der
Garage mit uns. George band es um den Stamm des Baumes dort. Ich kletterte zu
dem Vorsprung hinunter, während er mir mit der Taschenlampe leuchtete. Dann
band ich das Seil um

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