In den Tod gejagt
nunmehr harmlose Waffe auf der Bar liegen.
Danach blieb mir nichts weiter
übrig, als zu warten. Die Minuten schleppten sich vorbei, jede einzelne sechzig
langsame Sekunden lang, während ich Zigarettenstummel im Aschenbecher stapelte.
Erst beinahe eine Stunde später klingelte es an der Haustür. Ich stählte mich
innerlich, um einen mordlustig gestimmten Michael Linderman zu empfangen,
öffnete weit die Tür und sah Theo Altman auf der Vorveranda stehen.
»Danke .« Ohne einen Augenblick zu zögern, marschierte er geradewegs an mir vorbei in den
Flur.
Ich holte seine modische Pracht
im Wohnzimmer ein. Er trug einen marineblauen Sport-Doppelreiher mit
Messingknöpfen, hellgraue Hose, ein orangefarbenes Seidenhemd und eine unten an
seiner Kehle geschlungene Paisley-Krawatte. Ich war mir nach wie vor nicht im klaren darüber, ob er ein Gruppensexprotz oder bloß
farbenblind war.
»Ich bin überrascht, Sie zu
Hause vorzufinden, Holman«, sagte er munter. »Ich dachte, Sie hätten endgültig
in Fleurs Haus Stellung bezogen .«
»Sie kommen im falschen
Augenblick, Altman«, sagte ich.
»Unsinn! Es gibt keinen
falschen Augenblick für ein offenes Gespräch .« Er
setzte sich mit unnötiger Umständlichkeit in einen Sessel. »Fangen wir gleich
an .« Mir wurde zu meinem Mißmut klar, daß ich ihn
nicht loswerden konnte, es sei denn, ich hätte Feuer im Haus gelegt. Alle meine
guten Beschlüsse schwammen nun den Fluß hinab; der Gedanke, Altman ohne
alkoholische Stärkung anzuhören, war unvorstellbar. Ich ging zur Bar und goß
mir eine ordentliche Portion Bourbon auf Eis ein.
»Ich trinke heute
nachmittag nicht«, sagte er. »Aber lassen Sie sich nicht stören .«
»Verbindlichsten Dank!« Ich
drehte mich um und sah ihn an. Dann stützte ich einen Ellbogen auf die Bar.
»Was wollen Sie, Theo ?«
»Ich bin entzückt, daß wir uns
nun mit Vornamen anreden — Rick. Vor allem nach gestern
abend , als ich in Fleurs Haus beinahe die Geduld verlor. Sie waren ein
bißchen provozierend. Wissen Sie das ?«
»Ich würde wahnsinnig gern
jetzt mit Ihnen plaudern, Theo«, krächzte ich. »Aber ich habe einfach nicht die
Zeit dazu. Wenn Sie etwas zu sagen haben, raus damit .«
»Das gäbe eine prachtvolle
Filmszene ab«, sagte er. »Sie, wie Sie jetzt dastehen, den einen Ellbogen auf
die Bar gestützt, so sehr Herr der Situation, so dominierend! Der erhöhte
dramatische Effekt der Pistole, scheinbar achtlos auf die Bar gelegt, aber
immer in Reichweite Ihrer Hand.«
»Ich glaube, Sie haben nicht
mehr alle Tassen im Schrank«, sagte ich aufrichtig überzeugt.
»Ich bin kaum der Typ Mann, der
normalerweise um etwas bittet«, sagte er langsam. »Aber ich habe mich jetzt
tausendmal gefragt, warum; und ich bin noch um kein Stück der Antwort näher
gekommen. Ich dachte, Sie könnten es mir vielleicht sagen .«
»Warum was?«
Die verschleierten Augen
schienen sich ein bißchen hinter der Hakennase zu verstecken. »Na gut — Rick!
Wenn Sie es wollen, bin ich auch bereit, mich ganz deutlich auszudrücken. Wozu
dieses Komplott gegen mich? Zu welchem Zweck? Versucht da jemand einen alten
Groll gegen mich abzuladen? Vielleicht George Bloom? Ist das Ganze nur
beabsichtigt, um mich aufzuregen und zu demütigen? Oder steckt da ein weit
düsterer Grund dahinter ?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie
reden«, sagte ich.
»Wer immer dahintersteckt, er
muß eine Menge Geld dafür ausgeben .« Er sprach, als
redete er mit sich selber. »Allein die Kosten für Ihre Dienste müssen
beträchtlich sein .«
»Zum letztenmal «,
knurrte ich, »ich weiß nicht, wovon Sie da babbeln. Wenn es ein Komplott gegen
Sie gibt, was ich ernsthaft bezweifle, so habe ich nichts damit zu tun. Und
wollen Sie sich jetzt bitte zum Teufel scheren, bevor ich Sie hinausschmeiße ?«
Um seinen Mund lag ein
eigensinniger Zug. »Ich rühre mich nicht von diesem Stuhl weg, bevor Sie mir
die Wahrheit erzählt haben. Wenn es sein muß, bleibe ich die ganze Nacht hier .«
»Okay. Wenn Sie’s nicht anders
haben wollen .«
»Keine Gewaltanwendung, Holman!
Ich warne Sie .« Seine Rechte fummelte ein paar
Sekunden lang verzweifelt in seiner Jackentasche herum, dann tauchte sie mit
einer Pistole wieder auf. »Wie Sie sehen, bin ich bewaffnet .« Seine Augen glitzerten beglückt. »Es hat also keinen Sinn, mich zu bedrohen.
Ich werde nicht zögern, im Notwehrfall diese Waffe zu gebrauchen .«
»Stecken Sie sie weg«, brummte
ich. »Es wäre mir zuwider, aus Versehen von einem
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