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In der Brandung

In der Brandung

Titel: In der Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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um ihn kümmern zu können. Ich war begeistert von dieser Idee und fragte ihn, wann genau ich alt genug dafür wäre, und er antwortete, dass elf, zwölf wohl das richtige Alter wäre, denn da höre man auf, ein Kind zu sein und beginne, erwachsen zu werden.
    Während ich noch daran dachte, wachte ich auf.
    Ich blieb im Bett liegen, bis meine Mutter kam und mir sagte, dass ich aufstehen und zur Schule gehen musste. Ich dachte, wie schön es wäre, wenn Scott auch tagsüber bei mir wäre. Ich könnte ihn überallhin mitnehmen und mich vielleicht sogar von ihm von der Schule abholen lassen. Ich bin sicher, dass manche Leute sehr viel vorsichtiger wären mit dem, was sie sagen oder tun, wenn sie mich in Scotts Begleitung anträfen.

2
    Als er um die Ecke bog, sah er gerade noch, wie sie aus dem Hauseingang kam, ein paar Meter ging und dann einen Kleinwagen aufsperrte und sich hineinsetzte. Roberto ging langsam auf die Haustür zu und wollte gerade den Klingelknopf drücken, als er ein dumpfes Geräusch aus der Richtung des Autos hörte, eine Art wütendes Knirschen von verhakten Metallteilen. Er zog den über dem Klingelknopf schwebenden Finger zurück und ging zum Auto.
    Die Frau drehte den Zündschlüssel erneut, und wieder ertönte das unangenehme, feindselige Geräusch. Roberto klopfte an die Scheibe; sie drehte sich um, blickte nach oben, hantierte am Türgriff und öffnete schließlich die Wagentür.
    »Das ist die Batterie«, sagte Roberto.
    »Wie bitte?«, fragte sie mit leicht gebrochener Stimme, wie jemand, der dabei ist, die Ruhe zu verlieren und sich beherrschen muss.
    »Die Batterie Ihres Wagens ist leer. Deshalb können Sie den Motor nicht anlassen und auch die Scheibe nicht herunterlassen.«
    »Und was mache ich jetzt? Muss ich sie austauschen lassen? Ich bin in Eile, ich habe eine Verabredung. Vielleicht rufe ich besser ein Taxi?«
    »Keine Sorge. Wir können versuchen, den Wagen anzuschieben. Wenn das nicht klappt, suchen wir ein Startkabel und benutzen die Batterie eines anderen Autos.«
    Er erklärte ihr, wie das ging. Man dreht den Zündschlüssel, tritt die Kupplung und legt den zweiten Gang ein, dann lässt man sich anschieben, bis das Auto eine gewisse Geschwindigkeit erreicht hat, lässt die Kupplung kommen und drückt leicht aufs Gaspedal.
    »Das schaffe ich nie«, sagte sie.
    »Das schaffen Sie, es hört sich viel schwieriger an, als es ist. Zuallererst drücken Sie die Kupplung und drehen das Steuer herum. Währenddessen schiebe ich Sie aus dem Parkplatz.«
    Sie sah ihn einen Moment unschlüssig an, aber dann tat sie, wie er ihr gesagt hatte. Als das Auto auf der Fahrbahn stand, beugte Roberto sich noch einmal zur Scheibe und wiederholte die Anweisungen: »Treten Sie die Kupplung, drehen Sie den Zündschlüssel und legen Sie den zweiten Gang ein.«
    »Aber Sie können mich doch nicht allein anschieben …«
    »Keine Sorge, das Auto ist klein. Wenn ich es Ihnen sage, lassen Sie die Kupplung kommen und geben Gas.«
    Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, begann er zu schieben; der Wagen setzte sich langsam in Bewegung.
    »Lassen Sie die Kupplung kommen und geben Sie Gas«, rief er ihr nach, als das Auto schneller wurde.
    Der Motor machte einen Satz, der Wagen holperte vorwärts, nahm schließlich mit einem Röcheln Fahrt auf, legte etwa dreißig Meter zurück und hielt dann an, ohne auszugehen.
    Roberto ging zum Auto, und sie streckte den Kopf aus dem Fenster.
    »Geschafft«, sagte er und versuchte, sein Keuchen zu unterdrücken.
    »Danke, das war sehr nett von Ihnen.« Dann zog sie ihre Hand hervor wie etwas, das sie vergessen hatte, und reichte sie ihm. In dem Moment, in dem sie sich die Hand gaben, wurde ihm klar, woher er sie kannte.
    »Sie sind Schauspielerin, nicht wahr?«
    »Ja, das heißt …«
    »Sie haben diesen Werbespot gemacht … den mit den Präservativen … Sie waren die Apothekerin. Ich fand Sie sehr lustig. Sie waren … komisch.«
    Er hielt inne, verwundert über das, was er da sagte.
    »Entschuldigen Sie, ich glaube, ich habe etwas sehr Dummes gesagt.«
    »Entschuldigen Sie sich nicht. Ich freue mich, wenn ich komisch wirke, ich will die Leute ja zum Lachen bringen. Es hat mich schon lange keiner mehr auf diesen Spot angesprochen.«
    Sie sahen sich ein paar Sekunden an, ohne dass ihnen noch etwas zu sagen einfiel, während der Motor vor sich hin hustete.
    »Also, dann auf Wiedersehen«, sagte Roberto schließlich.
    »Auf Wiedersehen, und noch mal vielen Dank.«
    »Bringen Sie

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