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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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und ich sterbe nach meiner Façon. Allez – hop, willst du eine Flasche Sekt trinken?...«
    Jeder Mensch in Sidi-bel-Abbès kannte Rassedin, der Franksstücke unter die Negerkinder auf der Straße warf, wenn es ihm gerade einfiel.
    Im Mannschaftszimmer sprach Rassedin fast mit niemand. Man hatte Furcht vor ihm. Er war ein riesengroßer, starker Mensch und schlug blindlings zu, wenn ihm jemand in die Quere kam. Aber gutmütig war der reiche Rassedin doch. Kein Tag verging, ohne daß ein paar alte Soldaten der Kompagnie auf unserem Zimmer auf Rassedin warteten. Wenn er kam, faßten sie sich in komischer Pantomime an die Kehle:
    » Rassedin, tant d'soif! – So großen Durst!«
    Dann grinste Rassedin und suchte in seinen Hosentaschen nach Kupferstücken. –
    Da war Latour, ein Franzose, der im zweiten Jahre diente. Er sah aus, als ob er sich in Sehnsucht vergräme, und bekam fast täglich Briefe. Er sühnte in der Legion eine leichtsinnige Tat, die ihn mit den Gerichten Frankreichs in schweren Konflikt gebracht hatte, und grämte sich um sein Lieb. Er diente, wie so viele Franzosen in der Legion, nur aus dem einen Grund der »rehabilitation« .
    In Frankreich werden Zivilstrafen in den persönlichen Papieren eingetragen, und ein z. B. wegen Diebstahls Bestrafter findet sehr schwer Arbeit oder Stellung. Erst nach zehn Jahren, ohne weitere Verurteilung verbracht, gilt die Strafe als erloschen und von einer Eintragung wird abgesehen. Dieser Termin nun erniedrigt sich für Bestrafte, die in der Fremdenlegion dienen, auf fünf Jahre. Nach fünfjähriger Dienstzeit ist der Mann, anstatt als Zivilist erst nach zehn Jahren, »rehabilitiert« – seine Strafe gilt als ausgelöscht und stellt seinem weiteren Fortkommen im bürgerlichen Leben keine Hindernisse mehr entgegen.
    Darauf wartete Latour und darauf wartete das Mädel in Frankreich. –
    Am fremdartigsten aber war der alte Guttinger mit seinem unheimlichen Wissen in sonderbaren Dingen. Manchmal, wenn wir müde auf den Betten lagen, murmelte er viertelstundenlang arabische Worte vor sich hin. Wenn ich ihn neugierig fragte, sagte er gemütlich:
    »Nix! Ich spinn' halt a bissel. Tu ich oft.«
    Manchmal aber richtete er sich auf und – dann sprach er mit einemmal ein fehlerfreies Deutsch, und seine Augen glänzten und irgend etwas Sonderbares kam. Etwa so:
    »Wir haben alle einen Sparren. Hör zu! Die Sure von den Hengsten des Propheten:
    »Als dem Propheten des Abends die Pferde, auf drei Füßen stehend und mit der Spitze des vierten Fußes leise den Boden scharrend, vorgeführt wurden, da sagte er: Ich habe die Liebe zu den Dingen der Erde mehr geliebt als den Gedanken an die Dinge des Himmels und ich habe die Zeit damit verschwendet, mich an diesen Pferden zu erfreuen. Bringt sie her zu mir! Und als die Pferde zu ihm gebracht wurden, da begann er, ihnen die Beine abzuschneiden und sprach: All' il Allah – – – ah, der Koran ist interessant ...«
    Wie viele Koransuren habe ich von Guttinger gelernt! Der alte Legionstrommler war ein merkwürdiges Menschenexemplar. Aber er wirkte niemals roh oder abstoßend wie so viele andere der alten Legionäre, denen lange Entbehrungs- und Kampfjahre eine kolossale Dosis Brutalität eingeimpft hatten. Ich lernte Menschen kennen, deren Sprache aus aneinandergereihten Flüchen bestand, und zwar aus Flüchen, die einen erschaudern ließen, so gemein waren sie. Andere wieder erzählten Greuelszenen aus den Araberkämpfen mit einem Behagen, das ihre Verrohung zeigte. Ein alter Legionär wurde mir gezeigt, der sich während des letzten größeren Araberaufstandes in ein Marabout , in ein mohammedanisches Heiligtum bei Tlemcen geschlichen hatte, um sich die Belohnung zu verdienen, die auf den Kopf eines der Führer der Aufständischen gesetzt war. Er fand zwei Priester in dem Tempel und schlug sie tot, ohne viel Lärm zu machen. Der eine war der Rebell. Dessen Kopf schnitt er ab und – trug die grausige Trophäe zwei Tage im Tornister, bis er seine Truppe wieder fand!
    Aehnliches brachte jeder Tag, und man wurde der Enormitäten müde. Eine Welt von neuen Eindrücken stürmte auf einen ein, Häßlichem folgte Häßlicheres, bis man gleichgültig und wunderbar schnell stumpf wurde – völlig abgestumpft!

Die militärische Tüchtigkeit der Fremdenregimenter.
    Ein Arbeitstag der Rekrutenzeit. – Von Eilen und Hetzen. – Allez , schieb' los! – Legionsetikette. – Der Dauerlauf. – Der »cercle d'enfer« und der Seifenmangel. –

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