In der Fremdenlegion (German Edition)
sich todmüde langgestreckt aufs Bett. Aber nach wenigen Minuten schon dröhnte vom Kasernenhof das Suppensignal.
› A la soupe, légionaires, à la soupe, soupe, soupe .‹
› Soupe... « schrie alles im Mannschaftszimmer. Wehe, wenn sich der Mann vom Zimmerdienst nicht mit langen Sprüngen auf den Weg zur Küche machte, und wehe, wenn er nicht im Handumdrehen wieder mit dem Suppenkessel erschien! Bei allem, was Essen anbetrifft, versteht ein richtiger Legionär keinen Spaß – er hat auf Feldzügen und Märschen zu oft jämmerlich gehungert, um » la gamelle « nicht zu schätzen.
Die Morgensuppe, die erste der beiden Tagesmahlzeiten, war täglich die gleiche: eine Brotsuppe mit Kartoffeln und Gemüse verkocht, und ein Stückchen Fleisch. Dazu das weißgraue französische Militärbrot, und jeden zweiten Tag ein Viertelliter schweren Rotwein. Gegessen wurde auf Blechtellern an den beiden großen Tischen des Mannschaftszimmers, an denen aber nicht alle Platz hatten. Auch hierin gab es eine Etikette: das Recht, am Tisch zu sitzen, gebührte den Dienstälteren.
Nach der Suppe rannte der Küchenkorporal von Zimmer zu Zimmer:
» Aux patates – aux pommes de terres ! Zu den Kartoffeln.«
Die ganze Kompagnie marschierte hinter die Küche und schälte, im großen Kreis aufgestellt, den Tagesbedarf an Kartoffeln. Schälen mußte jeder – wer kein Taschenmesser hatte, behalf sich mit einem geschärften Löffelstiel! Der Kauf eines Taschenmessers war ein unerschwinglicher Luxus bei vier Pfennigen Tagessold.
Nachmittags machten die alten Soldaten Uebungsmärsche und Felddienstübungen oder wurden zur » corvée «, zur Arbeit mit Spaten und Hacken kommandiert, während wir Rekruten Instruktionsstunde hatten. Um fünf Uhr nachmittags, nach einer zweiten »Suppe«, die der ersten so ähnlich war wie ein Ei dem andern, begann offiziell die freie Zeit des Legionärs.
In Wirklichkeit aber fing nun die große Plage an – das Putzen und Waschen!
Gewehrputzen, Uniformenreinigen, Lederzeug »astiquieren«. Lederzeug! An das Lederzeug der Legion, an Patronengürtel und Patronentaschen, denke ich jetzt noch mit einem leisen Schauder! Welche Mühe und Arbeit steckte in diesen Lederdingen! Die eitelste Mondaine verwendet auf ihre Gesamttoilette nicht so viel Zeit wie der Legionär zur » astiquage « seines Patronengürtels! Die Prozedur war unsagbar lächerlich, im höchsten Grade zopfig und unpraktisch, und über alle Maßen zeitraubend und mühevoll. Schwarzes Wachs wurde über einem Zündhölzchen flüssig gemacht und auf das Leder aufgetragen. Dieses Wachs mußte zuerst mit einem platten Holzstückchen gehörig eingerieben werden, damit es sich gleichmäßig verteilte. Dann erst folgte die eigentliche Politur mit einem Arsenal verschiedener Lappen. Bis Patronengürtel und Patronentaschen in vollstem Glanz erglänzten, waren zwei Stunden vergangen.
So unpraktisch und so altmodisch die »astiquage« ist – auch sie gehört zur Legionsetikette und ist heilig. Ich haßte sie ganz besonders und glaubte unendlich schlau zu sein, als ich mir eine Flasche Lederappretur kaufte und mein Lederzeug einfach anstrich, anstatt zwei Stunden lang daran herumzuarbeiten. Es sah sehr gut aus und war jedenfalls viel haltbarer.
Aber – Korporal Wassermann fiel fast in Ohnmacht, als er die Bescherung sah. Er riß mir den Gürtel aus der Hand und lief wutschnaubend in allen Mannschaftszimmern herum, um den anderen Korporalen zu zeigen, was für entsetzliche Dinge in dieser schlechten Welt passierten. Ein angestrichener Patronengürtel! Die alten Soldaten der Kompagnien kamen herbeigelaufen und sahen sich unter vielen »merde« und »nom d'un chien« in starrem Staunen den Blauen an, der so bodenlos frech war, die heilige »astiquage« der Legion durch Anstreichen ersetzen zu wollen!
»Es ist aber doch praktischer,« sagte ich schließlich beschwichtigend zu dem wütenden Korporal.
»Mais, ça ne marche pas!« schrie er. »Das gibt's doch nicht. Wenn du ein alter Soldat wärst und nicht ein Rekrut, so würdest du jetzt zehn Tage ins Loch fliegen!«
Der Plagen allergrößte aber war das Waschen. Die weißen Uniformen mußten natürlich täglich gewaschen werden. Im hinteren Kasernenhof lag das Lavabo, ein großes aus Beton gemauertes Bassin mit kaltem, fließendem Wasser, vom Legionärswitz »cercle d'enfer« genannt, Höllenrunde. Denn dort standen in weitem Kreis zu jeder dienstfreien Stunde Schulter an Schulter die Legionäre um das
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