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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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Legionäre wieherten vor Vergnügen, wenn er Kopf und Oberkörper zurückbeugte, seinen Gang mit nicht mißzuverstehenden Gesten illustrierend.
    La cantinière machte ein brillantes Geschäft. Fortwährend klapperten die Sousstücke auf dem Blech des Schanktisches, und fortwährend wanderten neue Flaschen auf die Tische. Gläser wurden zerbrochen, Scherben lagen auf den Tischen, eine fallengelassene Flasche hatte ihren Inhalt auf den Boden ergossen und rote Weinlachen gebildet. Immer lauter wurde der Lärm.
    Glas auf Glas hatte Guttinger geleert und blinzelte aus weinseligen Aeuglein hervor.
    »'s is halt 's Regimentsfest!« lachte er.
    Der fünfte Tag war es, Regimentsfest genannt – der Tag, der die Löhnung brachte. Fünf Centimes für jeden Tag: fünfundzwanzig Centimes! Daher der strömende Wein in der Kantine und der tolle Lärm. Dieser fünfte Tag bedeutete ja einen Zeitabschnitt – den gloriosen Abend, an dem zwei Kameraden ihr Geld zusammenlegen und sich für ihre gemeinsamen zehn Sous fünf Liter Wein kaufen konnten. Freilich war das schwerer Leichtsinn, zu büßen mit Tabaklosigkeit für die nächsten fünf Tage. Die Klugen kauften sich für drei Sous Tabak und begnügten sich mit einer einzigen Flasche Wein!
    Scharf und klar übertönte ein Trompetensignal den Lärm, der Zapfenstreich. La cantinière trat in die Mitte der Stube, lächelnd, mit bedauerndem Kopfschütteln:
    »Bon soir, messieurs!«
    In wenigen Sekunden war die Kantine geleert, und nach allen Richtungen huschten eilende Gestalten über den Kasernenhof.
    Als im Mannschaftszimmer der Abendappell beendet war und die Kameraden in ihren Betten lagen, schlich ich mich hinunter in den Hof. Es war zu dumpf und zu heiß da oben. In nachtstiller Ruhe lag die weite Fläche da. Die kahlen Kasernenmauern mit ihren dunkeln Fenstern beschien weißes Mondlicht, und zitternd, funkelnd glänzte der Sternenhimmel. Ich starrte empor in die Sternenpracht, in die kalten Lichtstrahlen und dachte an fernes, totes Glück.
    Ich hörte Schritte und sah einen Schatten drüben auf der andern Seite. Und eine unbeholfene zitternde Stimme sang leise
    L'amour m'a rendu fou ...
    Die halbe Nacht saß ich in einer Ecke im Hofe der Legion.
    *
    Mir war es manchmal in diesen ersten Zeiten, als sei ich sonderbar abgestumpft und hätte die Fähigkeit der Kritik, die eigene Meinung der Persönlichkeit verloren. Jeder Tag brachte ungeheuerliche Eindrücke, die in einem zivilisierten Leben große Ereignisse gewesen wären; man staunte in Verblüffung über fremdartige Menschen und unerhörte Dinge, um sie im nächsten Augenblick über einem neuen Eindruck zu vergessen.
    In den wenigen Minuten eines Spazierganges auf dem Kasernenhof mit Guttinger rannte brüllend, schreiend, von oben bis unten mit Blut bespritzt, ein Legionär an uns vorbei, der sich zwei Finger abgehackt hatte, um untauglich zu werden; ein uralter, verkrüppelter, gebeugter Araber, der sich mit einer verbeulten Standard Oil Kanne nach den Küchen schlich, um Suppe zu betteln, hielt uns an und wollte eine Zigarette haben:
    »Juten Tag, Legionär! Jib mich Zigarett'. Ick sein auch Deutsches – Kriegsgefangen jewesen – Magdeburg!«
    Kaum hatte ich mich von meinem Erstaunen erholt, so prallte ich entsetzt zurück. Ein Legionär schritt an uns vorbei, auf dessen Stirne ein grinsender Totenkopf eintätowiert war. Er lächelte geschmeichelt, als er mein Erschrecken sah, und freute sich offenbar über den Eindruck, den er gemacht hatte. Ich sagte irgend etwas über den Wahnwitz, sich für ein ganzes Leben lang so fürchterlich zu verunstalten, und Guttinger meinte nur achselzuckend:
    »So machen sie's bei den Zéphirs. Is nix dabei...«
    Is' nix dabei! Nichts, als eine Hoffnungslosigkeit, wie sie schreiender nicht ausgedrückt werden könnte.
    Der Legionär mit dem Totenkopf kam nochmals. Er war uns nachgegangen. Sein groteskes Gesicht strahlte in Eitelkeit, als er mich auf die Schulter klopfte.
    »Eh, Blauer, willst du etwas sehen, was nur ganz alte Legionäre haben?«
    Damit zog er einen Tabaksbeutel hervor, anscheinend aus weichem Leder gearbeitet, mit vielen Goldfäden verziert.
    »Brust von Araberin!« sagte der Mann mit dem Totenkopf. »Gibt sehr guten Tabaksbeutel. Selber abgeschnitten. Sind jetzt nur noch sieben im ganzen Regiment. Chose – n'est ce pas !«
    Und grinsend ging er davon.
    »Tabaksbeutel – Brust einer Araberin – ist der Kerl verrückt?« sagte ich zu Guttinger.
    Der aber belehrte mich. Beim

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