In der Fremdenlegion (German Edition)
Legion, die Koketterie des einzelnen Legionärs, einen gewissen »Chick« in seine Uniform zu bringen, hatte Korporal Wassermanns Eitelkeit uns als Allererstes beigebracht.
Im leichten, raschen Marschschritt der Legion ging es hinaus zum »Plateau«, einem großen freien Platz beim Negerviertel. Olivenbäume und afrikanische Roteichen umsäumten ihn. Der gelbe Lehmboden war festgestampft von den Marschtritten vieler Tausende von Legionären. Auf der einen Seite des Plateaus lag die village nègre , die Negerstadt. Hart an den Exerzierplatz anstoßend, erhob sich in stolzer weißer Schönheit die Moschee über die erbärmlichen halbverfallenen Hütten des Negerviertels, und allstündlich erklang von ihrem Minarett weithinschallend der Gebetsruf des Priesters:
All' il Allah! Gott ist groß!
» Arré, arré – vorwärts, vorwärts,« schrien gellend Araber, die ihre kleinen schwerbepackten Esel mit viel Scheltworten und Stockhieben über den Platz trieben. Neben den Eseln, schwer bepackt wie die Tiere, schritten Araberfrauen, die Beine nackt bis über das Knie, das Gesicht aber züchtig verhüllt, wie die Lehre des Propheten es vorschreibt. Nur ein kleines Stückchen Stirn ließ der Schleier frei, und dieser Fleck war mit einem grellroten kreisrunden Hennafleck bemalt, dem Zeichen der verheirateten Frau.
Uns Legionäre sahen die Araber mit scheuen Seitenblicken an und beeilten sich, vorbeizukommen. Halbnackte Araber- und Negerkinder tollten sich herum, versuchten in komischer Grandezza den Marschschritt nachzumachen, und riefen uns arabische Worte zu, die höchstwahrscheinlich gröbliche Schimpfworte waren, bis Korporal Wassermann Steine aufhob und sie mit seinen Würfen verscheuchte.
» Formez les faisceaux! Sac à terre . – Die Gewehre zusammen! Tornister abhängen!«
» Pas gymnastique – Laufschritt. En avant, marche! «
Damit begann alltäglich die Morgenarbeit. Es war das berühmte »Legionsfrühstück«, das Lungen-Training des Dauerlaufes.
In weitem Viereck ging es um den Exerzierplatz: fünf Minuten lang, zehn Minuten lang, un, deux – un, deux , immer im scharfen Takt. Der Korporal, ein prächtiger Läufer, lief an der Spitze und lehrte uns den Trick, auf den es hier ankommt, den kritischen Moment der Lungenermüdung zu überwinden, die »zweite Luft« zu bekommen. Wenn auch der Atem in schweren pumpenden Stützen kam und ging, wenn auch die Augen schmerzten und man anfing zu stolpern vor Müdigkeit, man lief weiter, bis die Lunge sich an die Mehrarbeit gewöhnt hatte, bis man ein Gefühl hatte, als ob man nun eine Maschine sei und immerzu laufen könne. Dann kam das Kommando »à volonté – wie ihr wollt«, und ein Wettrennen in langen, federnden Sprüngen beendete den Dauerlauf von dreißig Minuten.
Das ist das Legionsfrühstück, das schon so manchem seine Lunge gekostet hat!
Pause. Die gequälte Lunge arbeitete in kurzen harten Stößen. Man konnte nicht stehen bleiben, sondern mußte mit raschen Schritten auf- und abgehen, um die pumpende Lunge langsam wieder zu beruhigen.
Der Körper mußte hergeben, was er nur hergeben konnte bei diesem Morgendrill. Dauerlauf, schwedische Gymnastik, »le boxe«, wechselten miteinander ab. Die Ausbildung ging sehr schnell. Alle die Rekruten hatten in irgend einem Heer gedient, und die ersten Anfangsgründe militärischer Weisheit waren ihnen schon längst eingedrillt worden. Dreiviertel meiner Mitrekruten waren Deutsche, die noch gar kein Französisch verstanden, und denen die französischen Kommandos natürlich »spanisch« vorkamen. Der Lehrmeister hier war die ewige Wiederholung.
Die heiße Sonne brannte hernieder, und an einem einzigen Vormittag durchschwitzte man zehnmal jeden Faden am Leib, um zehnmal wieder zu trocknen. In den Pausen stand man herum, paffte selbstgedrehte Zigaretten, die unvermeidliche Zigarette der Legion, die in jeder freien Minute geraucht wird und – nach der die Pause bemessen wurde, nach alter Legionsgewohnheit. »Eine Zigarette lang« dauerte die Pause. Wenn der Korporal seine Zigarette ausgeraucht hatte, ging er langsam ein gutes Stück, hundert oder zweihundert Meter weit, weg und hob die Hand:
» A moi !«
Das bedeutete energischen Laufschritt zu ihm hin und Wiederbeginn der Arbeit.
»So jemein jeloffen bin ick in meinem janzen Leben noch nich',« war Herrn von Raders ständige Klage.
Um elf Uhr wurde nach der Kaserne zurückmarschiert. Tornister und Patronengürtel flogen auf die » paquetage «, und man warf
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