In der Fremdenlegion (German Edition)
Bassin, in aufgekrempelten Hemdärmeln, mit roten, schwitzenden Köpfen. Hinter den Waschenden warteten in Reihen andere Legionäre beharrlich, bis ein Plätzchen am Bassin frei würde. Es wurde gewaschen, gerieben, geklopft und gespült, bis die Dunkelheit herniedersank. Die weißen Leinenanzüge mußten gewaschen werden, die Unterwäsche, das Futter der Uniformen. In kaltem Wasser und mit wenig Seife. Das Stückchen Seife, das jeder Mann monatlich erhielt, reichte bei weitem nicht aus, und über wenige Dinge wurde soviel geschimpft, wie über Seifenmangel, und wenige Dinge waren ein so begehrtes Diebstahlsobjekt wie ein Stückchen Seife. Kaum drehte man sich herum – schwupps dich, war die Seife weg.
Nirgends verkörperte sich die Armut der Legion so sehr wie am Lavabo. Der Mann, der eine Bürste, eine gewöhnliche Putzbürste besaß und sich damit die Arbeit des Waschens vereinfachen konnte, wurde beneidet, als wäre er ein Reicher – eine solche Bürste auszuleihen, galt als großer Freundschaftsdienst! Zum Trocknen waren in der Nähe Seile aufgespannt, und wenn man die nasse Wäsche aufgehängt hatte, stellte man sich geduldig dicht daneben hin und wartete, bis sie trocken war. Ein Sorgloser oder ein Ungeduldiger, der das nicht tat und wegging, konnte nachher die Stelle des Seiles betrachten, wo seine Wäsche gehangen hatte – die Wäsche selbst war weg, verschwunden, weggezaubert. Wäsche war vogelfrei!
Mit der halbgetrockneten Wäsche ging man zurück ins Zimmer, legte sich seine Bettdecke auf den Tisch und – »bügelte« Hosen und Röcke, indem man sie mit der scharfen Kante eines Trinkbechers so lange glättete, bis sie faltenfrei und glatt waren. Der arme Teufel von Legionär brauchte so eine Stunde zu einer Arbeit, die ein Bügeleisen in einigen Minuten getan hätte. Aber der Fremdenlegionär ist viel zu arm, um solch ein Gut wie ein Bügeleisen zu besitzen.
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Aus zwei Grundtönen bestand das Leitmotiv unserer Ausbildung: im Trainieren zu ungeheuren Marschleistungen und in der Erziehung des Einzelnen zu völliger militärischer Selbständigkeit. Das ist das soldatische Arbeitsprogramm der Fremdenlegion: in zwei Worten verkörpert sich ihre ganze militärische Bedeutung:
Brillante Marschierer – selbständige Soldaten.
Zu dem enormen Kampfwert dieser beiden Eigenschaften tritt das militärische Motiv, auf dem die Existenz der Fremdenlegion beruht – der Vorteil billiger, glänzend trainierter Söldnersoldaten, mit denen die gewagtesten militärischen Operationen vorgenommen werden können ohne Rücksicht auf die Opfer. Weil sie vogelfrei sind – weil kein Volk, kein Parlament Rechenschaft über die Toten fordert. Die Legion marschiert, handelt selbständig, stirbt ohne Lärm.
Der Legionär marschiert. Vierzig Kilometer im Tag sind die festgesetzte Minimalleistung. Das muß er leisten können, Tag für Tag, ohne Unterbrechung, ohne Ruhetage, wochenlang. Das ist von allem Anfang an der Zweck der Ausbildung. Der tägliche pas gymnastique, der lange, federnde Laufschritt der Legion, in einer Dosis von den Mannschaften verlangt, die jedem europäischen Kompagniechef ungläubiges Erstaunen abringen würde, ist weiter nichts als eine Vorübung zum Marschieren. Mehreremale jede Woche finden Uebungsmärsche statt, über eine niemals geringere Distanz als 24 Kilometer, in voller kriegsmäßiger Bepackung, in dem sich stets gleichbleibenden Legionstempo von 5 Kilometern in der Stunde. Keinerlei Zweck ist mit den Uebungsmärschen verbunden als ausdauerndes, rasches Marschieren. Sie endigen weder mit einer Felddienstübung, noch haben sie Uebungsaufgaben wie Aufklärungsdienst oder Geländeerforschung durch Patrouillen. Es ist nichts als glattes Marschieren im vorgeschriebenen Tempo, ein Dahinstampfen, um ein gestelltes Pensum zu erledigen. Die marches militaires, wie die Uebungsmärsche genannt werden, beginnen gewöhnlich um zwölf Uhr mittags, wenn die Sonne am heißesten brennt, nach einem Morgen anstrengenden Exerzierens, damit sie unter erschwerenden Bedingungen stattfinden und eine praktische Uebung darstellen. Auf irgend einer der Militärstraßen, die nach allen Himmelsrichtungen von Sidi-bel-Abbès auslaufen, wird mindestens bis zum zwölften Kilometerstein marschiert und dann umgekehrt.
Während des Marschierens in langer Kolonne, in Reihen zu Vieren, gelten keinerlei besondere Vorschriften. Der Legionär kann sein Gewehr tragen, wie er will, auf der Schulter, oder am Riemen, wie es ihm am
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