In der Fremdenlegion (German Edition)
einer Verpflegung, die auf den Märschen sehr gering ist. In der Garnison bekommt er morgens beim Aufstehen eine Tasse schwarzen Kaffees. Um 10 Uhr etwa erhält er die Morgensuppe, um 5 Uhr nachmittags die Nachmittagssuppe. Also zwei Tagesmahlzeiten. Beide gleichen sich völlig, eine Brotsuppe, in der allerlei Gemüse je nach der Jahreszeit verkocht ist, ein Stückchen Fleisch, und als Zugabe dann und wann ein besonderes Gemüse, Spinat, Karotten oder dergleichen. Dazu das französische Militärbrot, ein graues Brot, das sehr leicht verdaulich ist. Zweifellos nahrhafte, ausreichende, schmackhafte Kost. Auf dem Marsch dagegen fällt die Fleischration fort, und die Verpflegung besteht fast ausschließlich aus Reis und Makkaroni. Das Brot wird durch eine Art harten Schiffszwiebacks ersetzt.
Bei Reisemärschen wird immer in den ersten Stunden nach Mitternacht aufgebrochen. Dann wird ununterbrochen, nur mit den stündlichen Ruhepausen von fünf Minuten, marschiert, bis das Pensum abgearbeitet ist, eine Eigenart der Legion, von der selbst im Felde niemals abgegangen wird. Sei die Distanz noch so groß, sie wird in einem Zuge zurückgelegt. Der Legionär marschiert.
*
Wie eine Maschine ist die Fremdenlegion als alte Söldnertruppe, deren neuer Zuwachs an Menschenmaterial sich immer rasch in die alten, militärisch tadellos funktionierenden Teile hineinschmiegt. Im Garnisonsleben, beim Exerzierdienst, bei der Ausbildung treten die Offiziere völlig in den Hintergrund. Sie sind darin unnötig, und ihre Arbeit beschränkt sich auf papierene Rapporte, auf eine gelegentliche Visite des Exerzierplatzes. Während meiner Dienstzeit in der Legion bin ich in längerdauernde Berührung mit den Offizieren meiner Kompagnie nur bei Märschen gekommen. Wir kannten sie kaum: der Kompagniechef kam vormittags in das Bureau und war dann den ganzen Tag nicht mehr zu sehen. Die ganze militärische Erziehung, die ganze Ausbildung wird den Unteroffizieren, vor allem den Korporalen überlassen. Sie sind selbst nicht im Gamaschendienst erzogen worden und haben, mit seltenen Ausnahmen, großes Geschick für ihre Aufgabe, den Mann zum Verständnis, zur Selbständigkeit zu erziehen.
Die Märsche sind bodenlos brutal, der Legionär muß hergeben, was nur in ihm ist an Lebenskraft und Mannesstärke –aber im militärischen Dienst wird er als Soldat behandelt! Als wertvoller Soldat, den man nicht mit zopfigen Ansprüchen und leidigen Gamaschengeschichten plagt, sondern ihn verständnisvoll, ich möchte fast sagen, liebevoll, erzieht, um militärische Höchstleistungen aus ihm herauszuholen. Die infame Behandlung, die das Legionärsleben so unerträglich macht, liegt auf ganz anderen Gebieten! Militärisch, im Dienst, wird er geschätzt und gut behandelt.
Während meiner Ausbildung habe ich kaum ein Schimpfwort gehört, und wenn ein derbes Wort fiel, war es im Scherz gemeint. Jeden Morgen und jeden Nachmittag wurden wir neun Rekruten der Elften in einen ungestörten Winkel, eine schattige Allee beim Plateau geführt und von einem Korporal und einem Legionär erster Klasse bearbeitet. Jede Bewegung wurde uns erklärt, der Zweck jedes Manövers genau illustriert, damit wir auch wußten, weshalb wir diese oder jene Uebung machten. Das ging bis in kleinste Einzelheiten. Das Gewehr war uns kein Heiligtum, das nicht auseinandergenommen werden durfte, um ja kein Teilchen zu verlieren oder nicht etwa eine Feder kaput zu machen, sondern dreimal, viermal im Tag mußten wir das Gewehr in seine kleinsten Teile zerlegen. Wir mußten genau wissen, wohin jedes Schräubchen gehörte, und der Einfältigste war in acht Tagen so weit, daß er seine Waffe im Dunkeln, durch Tastsinn, hätte zerlegen und wieder zusammensetzen können. Man zwang uns nicht einfach, drei Minuten lang auf einem Bein zu stehen, sondern erklärte uns, diese Uebung habe den Sinn, an Beherrschung des Körpers zu gewöhnen. Wenn eine Nase sich um einen Zentimeter zu weit hervorschob beim Ausrichten, so war das kein Unglück: wenn jedoch ein Mann sich beim Boxen ungeschickt zeigte, so war das sehr ernst, und er wurde so lange separat vorgenommen, bis er begriff, daß die Boxerei etwas Wichtiges sei, das Schneid und Blick schärfe. In den Pausen sprachen die Instruktoren mit uns und erklärten Hunderte von kleinen Dingen. Das Gewehr müsse deshalb an einer bestimmten Stelle über der Schulter liegen, weil es so am besten balanciere und am leichtesten getragen werde.
Wir mußten angestrengt
Weitere Kostenlose Bücher