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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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nach Süden wieder auf. Acht Tage lang dauerte der Manövermarsch. An dem einen Tag legte die Kolonne vierzig Kilometer zurück, um am nächsten Tag mit einer Leistung von fünfzig Kilometern den Durchschnitt wieder zu erreichen. Die Eintönigkeit und die Interesselosigkeit dieses Marsches, der jeden Tag die ganzen Kräfte jedes Einzelnen in Anspruch nahm, läßt sich kaum beschreiben. Zuletzt, als die eigentliche Wüste begann, und die Kolonne auf Oasenbrunnen mit dürftigem Wasserstand angewiesen war, kam Wassermangel hinzu. Nachts, wenn abmarschiert wurde, füllte man die Feldflaschen. Die Wasserverteilung ging unter strenger Aufsicht vor sich. Von dem trüben, schmutzigen Getränk wurden jedem Mann vom »Wasserkommando«, das ein Offizier befehligte, zwei Liter zugemessen. Durch Kolonnenbefehl wurden wir gewarnt, daß wir einen halben Liter für die soupe des nächsten Tages aufsparen müßten. Wenn am nächsten Tag kampiert wurde, hatte jeder Legionär an die Küche seiner Kompagnie einen halben Liter Wasser zum Kochen abzuliefern. Wer in der Hitze und der Müdigkeit des Marsches seine Feldflasche ausgetrunken hatte und kein Wasser abliefern konnte, der bekam ohne Gnade und Erbarmen ein wenig ungekochten Reis in die Hand geschüttet und konnte nun sehen, wie er zu seinem Essen kam.
    Es ist das eine der vielen Härten der Legionsmärsche, hinter deren Brutalität Methode steckt. Ich habe im Gegensatz zu den meisten Legionären stets Verständnis für die Notwendigkeit dieser harten Marschdisziplin gehabt. Eine Truppe, die in derartig wasserarmen Gegenden zu operieren hat, muß im stande sein, mit ihrer Wasserration hauszuhalten. Das ist einfach ein Gebot der Notwendigkeit. Selbst der schlimmsten Brutalität der Legionsmärsche liegt eigentlich weiter nichts zu Grunde, als der Selbsterhaltungstrieb. Ich habe mehr als einmal gesehen, wie ein Legionär, der nicht mehr weiter konnte und liegen blieb, an einem Bagagewagen festgebunden wurde. Eine Stange wurde in Brusthöhe quer durch die Seitenwände des Wagens gesteckt, und der Legionär an den Schultern daran angeseilt. Die Stange hielt ihn in stehender Stellung – der Wagen rollte weiter. Entweder mußte er laufen oder er wurde geschleift. Als ich diesen Prozeß zum erstenmal sah, stieg in mir eine heiße Empörung über die infame Grausamkeit auf, und ich wagte nicht, mir auszudenken, was ich tun würde, wenn man mich so behandelte. Aber dann kam das Verständnis. In den Gefechten im Süden beruht der große Kampfwert der Fremdenlegion nur auf ihren ungeheuren Marschleistungen. Der Ambulanzwagen kann häufig genug nicht folgen. Der Legionär, der in der Wüste auch nur einen einzigen Kilometer hinter der Kolonne zurückbleibt, ist rettungslos verloren. Hunderte und Aberhunderte von Marschunfähigen sind so einen fürchterlichen Tod gestorben. Die Araberweiber, die weit grausamer sind als die Männer, umschwärmen bald den Hilflosen, der einem qualvollen Tode unter Schändung und schrecklichen Verstümmelungen verfallen ist.
    Die Entfernung von der Truppe bedeutet den Tod. So war es nicht nur zu den Zeiten der großen Araberaufstände, die ganz Algerien erschütterten, sondern so ist es heute noch. Der Friede zwischen Franzosen und Arabern im tiefen Süden Algeriens ist etwas sehr Problematisches. In den winzigen militärischen Stationen an der Saharagrenze gehören kleine Scharmützel zum täglichen Leben. Wenn die Station alarmiert wird, und die dreißig oder vierzig Mann Besatzung ausrücken, um in Gewaltmärschen einen räuberischen Beduinenstamm zu verfolgen, so weiß jeder Legionär ganz genau, daß es jetzt heißt: Marschieren oder sterben!
    Sterben in den Händen der Araberweiber! Der Beduine, der Araber bedeutet dem Legionär keinen persönlichen Feind: er ist dem Wüstenräuber eher noch dankbar für die Abwechslung, die Aufregung, die er in das entsetzlich einförmige Leben auf den Grenzstationen bringt. Im arabischen Weib aber sieht der alte Legionär den Teufel. Er denkt an die Qualen der Hölle, die Verwundete von Araberweibern erleiden mußten, an die geschändeten Leichen von Legionären, die nach stundenlangen Martern gestorben waren.
    Rassedin hatte, als er im vierten Jahr seiner Dienstzeit auf eine der kleinen Saharastationen kommandiert war, viel gesehen von der Grausamkeit der arabischen Weiber. Einmal fand sein Detachement bei einer Streife ein Skelett im Wüstensand. Uniformfetzen bewiesen, daß das Skelett einmal ein Legionär gewesen war.

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