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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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selbst zu tun. Wer in seiner Müdigkeit um einen Schritt nach rechts oder nach links von der Marschlinie abwich, bekam ein derbes Schimpfwort zu hören, denn man war so müde, daß selbst die leise Berührung eines aus der Linie geschwankten Kameraden von dem geplagten Körper wie eine neue Last empfunden wurde.
    Als nach den Morgennebeln und der bitteren Kälte des ersten Tagesgrauens die heiße Sonne herniederbrannte, hatten wir eine Marschleistung von 40 Kilometern hinter uns, und der Zeitpunkt kam, wo der Körper sich gegen weitere Arbeit wehrte und sträubte. Wenn zur Ruhepause gepfiffen wurde, sank man kraftlos hin, und wenn der Weitermarsch wieder begann, sah es aus, als ob eine Schar von Kranken und Greisen in mühsamer Wanderung langsam die Straße hinabzöge. Die müden Beine hatten ihre eigene Art, sich für die harte Behandlung zu rächen. Sobald in der Ruhepause das Marschieren aufhörte, staute sich das Blut in den Gliedern. Sobald man wieder auf den Füßen stand, empfand man in der Fußsohle einen stechenden Schmerz wie von tausend Nadelstichen. Es war ganz unmöglich, kräftig mit dem Fuß aufzutreten, und fünf Minuten lang schlich man auf den Zehenspitzen dahin, bis man wieder zur fühllosen Marschiermaschine geworden war.
    Von neuem begann das Zählen der Kilometersteine, die so unendlich langsam vorbeizogen. Um elf Uhr vormittags tauchte ein Dörfchen auf. Die Inschrift auf dem Stein vor dem Amtsgebäude des arabischen Bureaus besagte, daß wir 50 Kilometer von Sidi-bel-Abbès entfernt waren. Durch das Dörfchen mit den wackeligen alten Häusern ging es hindurch, bis auf ein langgezogenes Pfeifensignal die Regimentskolonne hielt. Die einzelnen Kompagnien formierten sich in den vorgeschriebenen Lagerabständen auf dem dürren sandigen Platz links von der Straße.
    Dann kam das Kommando: »Halt« und gleich darauf der Befehl: »Campez!«
    Im Nu waren die Gewehrpyramiden gebildet. Die Tornister wurden zu Boden geworfen, und die zusammenlegbaren Zeltstangen und Zelttücher hervorgezogen. Dann traten die Korporale jeder Sektion einen Schritt aus der Linie hervor und hielten die Zeltstangen hoch über dem Kopf, um die gerade Zeltlinie für die ganze Kompagnie zu markieren. Wieder ein kurzes Kommando, und in wenigen Sekunden verwandelte sich die öde Sandfläche in eine Stadt von kleinen weißen Zelten.
    Es war wie ein Wunder. Jeder Handgriff, die Aufgabe jedes Einzelnen einer escouade , »Zeltgenossenschaft«, war so in uns hineingedrillt, daß der Zeltbau tatsächlich nur wenige Sekunden in Anspruch nahm, und die Metamorphose der langen Soldatenreihen in ein Zeltlager von wunderbarer Schnelligkeit erschien. Fünf Minuten nachher standen in der letzten Linie des Lagers die Offizierszelte aufgerichtet, und madame la cantinière hatte aus ihrem Marketenderwagen die zusammenlegbaren Tische und Bänke herausgeholt, um brillante Geschäfte zu machen mit den ermüdeten Legionären. Der schwere Algierwein gab eine prachtvolle Erquickung. Wer in diesen Marschtagen nicht die paar Kupferstücke für den Kantinenwein besaß, der fühlte sich wahrhaftig als Aermster der Armen.
    Nach zehn Minuten waren am Lagerrande die schmalen Kochrinnen gegraben, und an zwanzig Stellen zugleich prasselten die Feuer empor. Rings um die weiße Soldatenstadt marschierten die Posten auf und ab. Das Essen, Makkaroni und Büchsenfleisch, wurde förmlich hinuntergeschlungen.
    Dann kam die Ruhe der Erschöpfung über das Lager. Die Legionäre drängten sich in den winzigen Zelten zusammen, die Decke auf dem Boden ausgebreitet, mit dem Mantel zugedeckt, die Tornister als Kopfkissen. Die Gewehre wurden in die Zelte hereingeholt und von den Korporalen einer jeden escouade mit einer langen dünnen Kette kunstvoll zusammengebunden. Das Ende der Kette aber schlang sich jeder Korporal um sein Handgelenk, denn die Araber schleichen mit großer Vorliebe durch die Postenlinie eines Lagers, um die heiß ersehnten Gewehre zu stehlen. Die Posten haben stehenden Befehl, einen Araber nachts nur einmal anzurufen und dann sofort zu feuern. Schon in dieser ersten Nacht erwischten die Wachen einen arabischen Gewehrdieb, der fürchterlich mißhandelt am nächsten Morgen den Zivilbehörden des Dörfchens übergeben wurde.
    Um sieben Uhr abends schon lag das Lager im tiefen Schlaf, in einem müden Schlaf von sieben Stunden.
    Eine Stunde nach Mitternacht, im flimmernden Schein eines prachtvollen Sternenhimmels, formierte sich die Kolonne und nahm die Route

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