In der Gewalt der Banditen
eingetreten war. Sich t lich überrascht, den Anführer hier vorzufinden.
„Wie ist das geschehen? Wer war das, Marge?“
Sie zuckte mit den massigen Schultern.
„Ich weiß es nicht. Hab sie so am Bach gefunden.“
John machte dem Einbeinigen Platz, sodass dieser die Wunde betrachten kon n te.
„Das sieht böse aus, Mädchen“, murmelte er.
Er roch nach Gin, doch das störte mich nicht. Es war mir auch egal, ob er mein Gesicht heilen konnte. Nichts interessierte mich mehr.
„Ich will wissen, wer das getan hat. Und wenn ich es herausgefunden habe, wird derjenige den Tag verfluchen, an dem er aus dem dreckigen Schoß seiner syphilitischen Mutter gekrochen ist“, zischte John.
Von mir würde er es nicht erfahren, denn die Angst vor Teresa war beinahe realer, als die Qualen, die ich durchlebte.
Ich hatte in ihre Augen gesehen und ich wusste, dass sie noch zu ganz And e rem fähig war.
„Bleib ruhig, mein Junge. Du hast eh schon genug Probleme …“, mahnte der Einbeinige.
„Wenn es schlimm kommt, wird sie eine Narbe behalten, aber das wird ihren liebenden Gemahl nicht abstoßen.“
Er hielt eine kleine Schale in Händen und tauchte einen hölzernen Spatel in die Salbe.
„Ich werde dir das jetzt auf die Wunde geben … Es wird weh tun, aber es muss sein. So, jetzt beiß die Zähne zusammen, Mädchen!“
Im plötzlich auflodernden Schmerz vergaß ich alles. Bemerkte nicht einmal, dass John meine Hand ergriffen hatte und sie fest in seiner hielt.
Wahrscheinlich, so sagte ich mir später, hatte er nur verhindern wollen, dass ich versuche, die Salbe wegzuwischen.
„Es kann sein, dass sie Fieber bekommt. Damit müssen wir rechnen. Aber das reinigt den Körper. Wenn es nicht zu hoch steigt. Man muss bei ihr Wache ha l ten und es kontrollieren. Wird es zu hoch, so ruft mich!“
Damit humpelte er hinaus.
„Ich bleibe bei ihr, Marge. Du schläfst erst mal ne Runde. Gegen Morgen kö n nen wir dann wechseln.“
Die Wäscherin nickte und warf mir noch einen besorgten Blick zu, bevor sie das Zelt verließ.
Als wir alleine waren, schwieg er eine Weile. Dann aber flüsterte er:
„Es tut mir so unendlich Leid , was dir von meinen Männern zugefügt wurde. Wenn ich es doch nur ungeschehen machen könnte.“
Ich hielt meine Augen gerade so weit offen, dass ich ihn sehen konnte, er aber davon ausging, dass ich schlief.
Und dann zog er meine Hand sacht an seine Lippen. Mein Herz setzte für einen Schlag aus.
„Du wirst immer wunderschön sein. Für mich …“
Ich hörte, wie er hart schluckte.
„Von jetzt an werde ich dich beschützen. Das schwöre ich dir.“
In diesem Moment schwanden mir die Sinne.
Veränderungen – zum Besseren?
John machte Ernst mit jenem Versprechen, das er mir in dieser Nacht gegeben hatte.
Sobald der Morgen graute, ließ er mich in sein Zelt bringen.
Er versammelte alle Bandenmitglieder und sprach dann zu ihnen.
„Ihr habt gesehen, was unserer Geisel angetan wurde.“ Schweigen.
„Es ist eine Frage meiner persönlichen Ehre, dass einer Geisel in diesem Lager nichts getan wird. Gegen diesen Grundsatz wurde verstoßen und deswegen frage ich euch: Wer weiß etwas? Wer hat etwas gesehen?“
Ich hörte seine knirschenden Schritte in der Stille.
„Keiner? Traut sich keiner von euch, aufzustehen und die Wahrheit zu sagen?“, donnerte er plötzlich.
Noch immer herrschte Schweigen.
„Gut. Da der Täter nicht den Mumm hat, seinen Kopf auf den Stein zu legen, sondern nur einer wehrlosen Frau das Gesicht zerschneiden kann, muss ich zu anderen Mitteln greifen …“
Die Anspannung, die sich in jenem Moment ausbreitete, war fast mit Händen zu greifen.
Es schien mir, als hätten sogar die Vögel aufgehört, in den Wipfeln zu singen.
„Ich werde von heute ab jeden Tag einen von euch auspeitschen lassen. Mann oder Frau. So lange, bis der Schuldige sich bekennt!“
Empörtes Raunen.
„John! Auf ein Wort!“
Ich hörte die beiden sich dem Anführer- Zelt nähern und dabei erregtes Flü s tern.
„Das kannst du nicht tun! Auch die Frauen? Herrgott, welche Frau sollte denn so etwas zufügen ?“
„Vielleicht keine Frau, aber der Täter wird nicht zusehen, wie die sie alle ausg e peitscht werden …“
„Wenn er so kalt ist, dass er dieser Lady das Gesicht zerschneidet, dann wird er auch den Auspeitschungen zusehen.“
„Niemals. Da würde ich meine Männer schlecht kennen.“
„Ach? Du kennst also deine Männer. Gut – dann hast du ja mit so etwas rec h nen
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