In der Gewalt des Jadedrachen
Schlafzimmer hin und her. Sie hatte schon alles versucht: Ferngesehen, gelesen, beim Fenster hinausgesehen, geschlafen, aber nichts hatte die Langeweile vertreiben können, die hinter allem Zeittotschlagen lauerte. Forrester hielt sie wie eine Gefangene. Sie hatte zwar ein luxuriöses Zimmer, aber draußen hockte abwechselnd einer seiner Schergen und gaffte sie misstrauisch an, sobald sie auch nur die Nase aus ihrem Zimmer steckte. Sie hatte versucht, ein Gespräch mit den Männern zu beginnen, aber entweder sprachen die Typen kein Wort Englisch, oder Forrester hatte ihnen eingeschärft, sich nicht mit ihr zu unterhalten. Alles, was sie aus ihnen rausbekommen hatte, waren die Worte „Miss bleiben in Zimmer. Befehl Mr. Forrester“, gewesen.
Leider war „Mr. Forrester“ nicht greifbar, andernfalls hätte Lana ihn wieder einmal ihre Meinung über diese Freiheitsbeschränkung wissen lassen. Aber während sie sich langweilte, war er natürlich unterwegs – vermutlich auf Verbrecherfang – und damit bot ihr nicht einmal seine prickelnde Nähe ein bisschen Abwechslung.
Es war zu lächerlich, dass er sie unter Verschluss hielt, als wäre sie tatsächlich eine Verbrecherin.
Sie wandte sich um, als man sich an ihrer Schlafzimmertür zu schaffen machte. Jemand arbeitete am Schloss. Sie sah unsicher zur Tür hinüber, ob sie den Mann draußen rufen sollte, aber da wurde schon die Tür aufgestoßen und ein philippinisches Zimmermädchen stand vor ihr. „Saubermachen.“
Lana nickte erleichtert. Üblicherweise kamen die Mädchen durch den Salon herein.
Dann sah sie auf die offene Tür und erkannte ihre Chance.
***
Die Hitze außerhalb des klimatisierten Hotels war betäubend. Dazu kam die hohe Luftfeuchtigkeit, die Lanas zartes Kleid sofort an ihrem Körper festkleben ließ. Sie bemerkte die Blicke einiger Männer, die auf ihrem Busen haften blieben, der sich in allen Formen und mitsamt dem zarten Büstenhalter durch das dünne Kleid abzeichnete.
Sie lief nur einige Straßen weiter, betrat dann eines der herrlich kühlen Shopping-Centers, fror nach einigen Minuten und kam nach kurzer Zeit mit einer lockeren Baumwollbluse, einer Baumwollhose und leichten Sandalen bekleidet wieder auf die Straße. Die anderen Sachen waren in einer leichten Umhängtasche verstaut.
Für einen Urlaub hatte sie sich die falsche Zeit ausgesucht, aber Tourismus hatte sie schließlich nicht im Sinn gehabt, als sie hierhergefahren war, sondern sie war wegen Charles gekommen. Um herauszufinden, wer sein geheimnisvoller Bruder war. Und in diesem Punkt war sie keinen Schritt weitergekommen. Im Gegenteil. Forrester war wild entschlossen, einerseits jede Information aus ihr rauszuquetschen, andererseits jede andere vor ihr geheim- und sie selbst aus allem rauszuhalten. Sie erinnerte sich wieder an die Zeitung vom Vortag. Sie hatte dann, als Forrester gähnend wieder aufgewacht war und sie taumelnd vor Müdigkeit aus dem Präsidium begleitet hatte, versucht, sie an sich zu bringen. Er hatte sie ihr jedoch aus der Hand genommen und in den Papierkorb geworfen.
Sie hatte aber noch gesehen, welche es gewesen war. Sie kaufte sich ein Exemplar und blätterte es durch. Nichts von Bedeutung. Klar, Forresters Zeitung war ja auch vom Vortag gewesen.
Sie drängte sich durch die Leute. Bisher hatte sie keinen Plan gehabt, hatte nur ihre Freiheit genossen und war entschlossen gewesen, sie zu nützen. Aber nun blieb sie stehen und sah sich um. Sie war vor zwei Jahren mit Forrester in Hongkong gewesen. Damals hatten sie die Tram auf den Peak genommen, den Berg, der die Hochhäuser zur Meeresseite hin überragte und die Villen der ganz Reichen beherbergte. Sie hatten die dort oben weitaus bessere Luft genossen. Außerdem war der Anblick von oben auf die Wolkenkratzer und Häuserschluchten überwältigend und schwindelerregend zugleich gewesen. Ähnlich berauschend hatte sie auch Forresters Nähe empfunden. Sie hatten Glück mit dem Wetter gehabt. Es war so strahlend und sonnig gewesen wie ihre Beziehung.
Heute war es jedoch bewölkt, schwül – ebenso wie ihre Beziehung.
Eine Beziehung, die sie, wäre es nach ihr gegangen, niemals mehr fortgesetzt hätte. Es hatte ihr wehgetan, ihn mit dieser anderen Frau zu erwischen. Zu sehen, wie sie seinen Schwanz beinahe mit dem Mund verschluckte. Ihr spöttischer Blick, als sie in der Tür stand, das höhnische Lachen. Und Forrester, der mit hängender Hose und abgelutschtem Schwanz, auf dem der Speichel einer anderen
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