In der Gewalt des Jadedrachen
glänzte, hinter ihr herlief, als sie sich umgedreht hatte und weggerannt war.
Sie hatte sich seine miesen Entschuldigungen und Ausreden nicht einmal angehört, denn sie hatte ihn viel zu sehr geliebt, um ihm das verzeihen zu können. Und sie war auch ohne ihn recht gut ausgekommen, hatte jeden Gedanken an ihn vermieden, und hatte eine neue, wenn auch – wie sich jetzt herausstellte – sehr fragwürdige Beziehung begonnen.
Eine Beziehung, die sie aber wieder in Forresters Nähe gebracht hatte. Wahrscheinlich war es ihr Schicksal, wieder auf ihn zu stoßen. Und sich bewusst zu werden, dass sie ihre Zuneigung zu ihm niemals losgeworden war und vermutlich auch niemals loswerden würde.
Und er? Weshalb war er so versessen darauf, sie zu beschützen? Warum hatte er sie in dieses verdammte Bordell gebracht? Um sie wirklich auszuhorchen? Oder um mit ihr zu spielen? Sie sexuell zu erregen? Sie zu demütigen und ihr zu beweisen, dass sie selbst jetzt, nach einem Jahr, immer noch nicht ohne ihn auskommen konnte?
Nun, letzteres hatte er geschafft, aber auch seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse dabei verraten.
Ein seltsamer Kauz.
Mit einem Mal schien es zu wenig Luft auf der Insel zu geben, die Abgase der Autos stiegen ihr in die Nase. Vom Ursprung des Namens Hongkong, was soviel wie „Duftender Hafen“ bedeutete, war hier nicht viel zu merken, und die drängenden, dahineilenden Leute machten sie nervös. Als einige Männer sie anstießen, quetschte sie sich halb panisch auf die Seite. Sekundenlang stieg in ihr der Wunsch hoch, wieder ins Hotel zurückzukehren, aber dann siegte ihr Freiheitswille. Im Hotel hatte man sicher schon entdeckt, dass sie entwischt war, und ein anklagender, besserwisserischer Forrester hockte vermutlich schon die längste Zeit im Zimmer und wartete darauf, ihr Vorwürfe zu machen.
Sollte er nur noch ein Weilchen warten.
Es brodelte wie immer um diese Zeit in den Straßen. Lana hatte es nach zwei Jahren in ihrer relativ ruhigen Stadt in New York schon unerträglich laut und überfüllt gefunden, aber Hongkong übertraf Amerika bei Weitem. Kaum hatte man einen Schritt aus der U-Bahn gemacht, ging man in der Masse unter. Hongkong schien nie zu schlafen, und Lana hatte den Eindruck, als wären die knapp sieben Millionen Hongkonger immer alle gleichzeitig unterwegs.
Günstig für jemanden, der auf der Flucht war. Aber auch gefährlich, weil man in dem Gedränge etwaige Verfolger nicht so leicht ausnehmen konnte. Und das wäre Lana in diesem Fall ein Bedürfnis gewesen. Sie hatte nämlich die ganze Zeit über das Gefühl, verfolgt zu werden. Mehrmals bildete sie sich ein, ein wiederkehrendes Gesicht in der Menge zu entdecken. Dann ein prüfendes, dunkles Augenpaar, das sie vom Fonds einer schwarzen Limousine aus beobachtete.
Sie wurde unruhig, schlug Haken wie ein Hase, benutzte weitläufige Kaufhäuser, um ihre Spur zu verwischen, aber dennoch saß da immer diese unbestimmte Angst im Nacken.
Sie entschloss sich, Hongkong Island zu verlassen, eines der Fährschiffe zu nehmen und hinüber nach Kowloon zu fahren. Dort war Hongkong anders. Nicht so übertrieben geschäftsmäßig. Ebenso überfüllt, sehr betriebsam, aber auf eine andere Art. Hier war die Welt der Banken, drüben gab es Märkte und eine andere Art von Menschen.
Als sie in die Nähe des Hafens und der Anlegestation kam, sah sie, dass gerade ein Boot anlegte. Die Leute strömten herab, andere drängten sich hinauf, und sie begann zu laufen. Es war im Grunde Unsinn, anzunehmen, dass sie jemand verfolgte. Aber Forrester mit seiner Fähigkeit, das Gras wachsen und die Flöhe husten zu hören, hatte sie angesteckt. Und sie hatte plötzlich das Gefühl, jedem etwaigen Verfolger auf dem Schiff zu entgehen.
Auf dem Schiff angekommen, lachte sie über ihre Hysterie. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass sie geradezu geflohen war. Natürlich lief ihr niemand nach. Und als sie das obere Deck erobert hatte und die Nase in den Wind steckte, fühlte sie sich sicher und übermütig und freute sich auf die Überfahrt. Ein sehr billiges, aber beeindruckendes Vergnügen, das man vom Deck aus genoss. Hinter ihr die beeindruckenden Wolkenkratzer von Hongkong Island, vor ihr die Hochhäuser Kowloons.
Selbst auf dem Fährschiff waren manche noch hektisch. Fast jeder Hongkonger schien nicht nur ein Handy zu besitzen, sondern es auch permanent zu benutzen. Zumindest kam es ihr so vor. In New York war es ähnlich schlimm gewesen, wenn auch nicht ganz so
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