In der Hitze jener Nacht
Morgen warten, um zu sagen, was sie zu sagen hatte. Denn Maggie war nicht sicher, ob sie die Kraft haben würde, dieses Gespräch am nächsten Tag zu führen. Vielleicht hätte sie es sich bis dahin anders überlegt. Aber sie musste jetzt stark bleiben, auch wenn ihr Herz dabei brach.
„Was für eine Nacht“, sagte Justice und brach damit das Schweigen.
„Ja.“ Sie drehte sich zu ihm um und sah einen Moment lang in seine dunkelblauen Augen. Sie würde ihn wahnsinnig vermissen. Sag es, Maggie, sprach sie sich Mut zu. Tu es und mach dem ein Ende. „Justice …“
Abwartend stand er vor ihr. Sie sah ihm an, dass er etwas Schlimmes befürchtete.
„Ich werde morgen früh gehen“, erklärte sie schnell.
„Was?“ Er trat einen Schritt auf sie zu, doch Maggie wich zurück, während sie mit einer Hand Jonas’ Rücken streichelte. „Warum?“
„Du weißt, warum“, erwiderte sie traurig und spürte, wie ihr die Tränen kamen. Sie versuchte, sie fortzublinzeln. Zumindest wollte sie diesen letzten Teil ihrer Ehe mit Würde beenden. „Dein Bein ist so gut wie geheilt. Du brauchst mich nicht mehr, Justice. Es ist an der Zeit, dass ich mein Leben weiterführe.“
„Weiterführen?“ Kopfschüttelnd musterte er sie. „Ausgerechnet jetzt willst du gehen? Wo wir wissen, dass ich Jonas’ Vater bin? Wo wir endlich die Familie haben, die wir immer wollten?“
„Darum geht es nicht“, entgegnete sie seufzend.
„Vor ewig langer Zeit habe ich die Scheidungspapiere unterschrieben, Maggie. Im Gegensatz zu dir. Warum?“
Sie schüttelte den Kopf. „Das weißt du doch.“
„Weil du mich liebst.“
„Ach ja?“ Sie wurde laut, bereute es allerdings sofort, weil Jonas fast aufwachte. Maggie senkte die Stimme. „Das habe ich. Und ich tue es noch immer. Aber sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich die Papiere unterschreiben, Justice.“
„Aber warum?“ Er sah sie entgeistert an.
„Weil ich nicht bloß wegen deines Sohnes mit dir verheiratet bleiben werde“, erklärte sie fest. „Damit würde ich keinem von uns einen Gefallen tun. Begreifst du denn nicht, Justice? Ich liebe dich. Aber ich möchte auch von dir geliebt werden. Und ich möchte gebraucht werden. Ich will einen Mann, der das Leben mit mir teilt. Und auch das von Jonas. Einen Mann, der in der Lage ist, mir zu zeigen, dass er an meiner Seite steht …“
„Du meinst, so wie ich es heute Nacht getan habe?“
„Ja“, antwortete sie schnell. „So, wie du es mir heute Nacht gezeigt hast. Aber, Justice, das war eine Ausnahmesituation. Sonst lässt du keinen Menschen an dich heran. Du verschließt dich so sehr, dass du es dir nicht erlaubst, die Hilfe anderer anzunehmen.“ Sie atmete aus und biss sich auf die Lippe. „Dir ist wichtiger, recht zu haben, als zu lieben. Dein Stolz ist dir wichtiger als irgendein anderer Mensch. Damit kann ich nicht leben. Und das werde ich auch nicht.“
Schweren Herzens drehte sie sich um und ging traurig zur Treppe. Mit einer Hand raffte Maggie den Stoff ihres Kleides und war schon auf dem Treppenabsatz, als nur ein Wort von ihm sie traf und innehalten ließ.
„ Bleib. “
Ungläubig drehte Maggie sich um. Justice wirkte völlig verloren, wie er da bei der Eingangstür stand. Seine Miene war angespannt und sein Blick beinah flehend. Maggie war nicht sicher, ob sie es sich nur eingebildet hatte. Doch dann wiederholte er es, diesmal sogar lauter. „Bitte bleib.“
Angesichts seiner unerwarteten Reaktion wurde ihr beinah schwindlig. Maggie konnte kaum atmen, so fassungslos war sie, dass er über seinen Schatten gesprungen war. „Justice? Ich glaube nicht, dass ich das schon einmal von dir gehört habe.“
„Das hast du auch nicht.“ Er ging zu ihr. Jetzt wollte er, dass sie ihn anhörte. Dass sie verstand, was er in den letzten Stunden begriffen hatte. Seit Tagen schon hatte sich plötzlich alles anders angefühlt. Aber vor allem die bangen Stunden in der Notaufnahme, als er an ihrer Seite gestanden hatte und alles getan hätte, um seinem Sohn zu helfen, hatten Justice die Augen geöffnet.
Ohne Maggie war er nichts.
Es hatte ihm den Boden unter den Füßen weggezogen, als sie ihm eröffnet hatte, dass sie ihn verlassen wollte. Und er wusste, diesmal durfte er es nicht zulassen. Wenn er nichts unternahm, würde sein verdammter Stolz ihm das Genick brechen – ihm alles nehmen, was wichtig war in seinem Leben.
Und deshalb verabschiedete er sich von diesem dummen Stolz und den Grundsätzen. Zwei große
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