In der Hitze jener Nacht
dass er Angst hatte und sich hilflos fühlte. Das war eine neue Erfahrung. In seinem ganzen Leben war ihm noch nie eine Situation entglitten – abgesehen von der Zeit, in der Maggie weg gewesen war. Und er hätte sie aufhalten können, wenn ihn sein verdammter Stolz nicht blind dafür gemacht hätte, was wirklich zählt.
Sie hatte recht gehabt. Alles, was sie ihm auf der Tanzfläche an den Kopf geworfen hatte, stimmte. Aber war ein Mann denn wirklich gezwungen, für die Frau, die er liebte, alles über den Haufen zu werfen?
Liebe . Dieses eine Wort ging ihm wieder und wieder durch den Sinn.
Er liebte sie mit Haut und Haaren, und sich ein Leben ohne sie vorzustellen, war brutal.
Er betrachtete Maggie und sah, dass Tränen in ihren Augen schimmerten. Er sah die zitternde Hand, mit der sie ihrem Sohn den Rücken streichelte. Als sie Justice anschaute, las er in den Tiefen ihrer blauen Augen das absolute Vertrauen, das sie in ihn setzte. Und das stumme Flehen, eine Lösung zu finden. Justice erkannte, dass ihn das tief berührte. Diesmal wich er ihrem Blick nicht aus und schwor sich, sie niemals fallen zu lassen.
Sobald Jonas wieder zu Hause in seinem eigenen Bettchen läge, würde Justice ihr sagen, wie sehr er sie liebte. Wie viel sie ihm bedeutete, wie leer sich sein Leben ohne sie angefühlt hatte – und wie sehr er seinen Stolz verflucht hatte.
„Justice, er fühlt sich furchtbar heiß an.“ Sie berührte den Kopf des Kleinen sanft und wiegte den wimmernden Jonas in den Armen.
Beim dem Anblick verspürte er eine schwere Last auf der Brust. „Ich weiß“, sagte Justice ruhig. „Aber mach dir keine Sorgen. Alles wird wieder gut. Ich treibe jemanden auf, der sich um ihn kümmert, und wenn ich dafür das ganze Krankenhaus kaufen muss.“
Hinter einem der grünen Vorhänge stöhnte ein Patient. Krankenschwestern eilten mit quietschenden Sohlen durch die Gänge. Seit über einer Stunde waren sie jetzt schon hier. Abgesehen von der Krankenschwester, die am Anfang Jonas’ Temperatur gemessen hatte, war sonst niemand vorbeigekommen.
Maggie seufzte und lächelte tapfer. „Ich bin froh, dass du bei mir bist.“
Er sah sie an. „Wirklich?“
„Natürlich. Ohne dich würde ich das hier wahrscheinlich gar nicht aushalten.“
Er ging zu ihr und kniete nieder, um sie und seinen Sohn anzusehen. Behutsam legte Justice den Handrücken auf Jonas’ Wange und fühlte, wie ihn eine Welle des Mitgefühls erfasste. Der Kleine drehte seinen Kopf und sah Justice seufzend an. Eine winzige Bewegung. Ein kleiner Atemzug.
Genau in diesem Moment erfüllte die überwältigende Liebe zu seinem Sohn Justice. Vielleicht war es eine Frage von Instinkt, was auch immer. Die Natur führte Familien zusammen und benutzte dafür etwas, das die Menschen Liebe nannten. Eine Liebe, die so machtvoll und reich war, dass ihm fast schwindelig wurde. Es gab absolut nichts auf der Welt, das Justice nicht für diesen Jungen getan hätte.
„Alles wird wieder gut, mein Sohn“, flüsterte er. „Dein Daddy wird dafür sorgen.“
Maggie nahm seine Hand und hielt sie ganz fest. In diesem innigen und leisen Moment verstanden sie einander wortlos.
Kurz darauf fragte Justice sich, wie viele Eltern vor ihnen voller Sorge hier in diesem Raum gesessen hatten. „Das ist unmöglich. Hier sollten viel mehr Ärzte und Schwestern sein“, sagte er. „Ich werde mit dem Stadtrat reden. Und wenn ich eine Extraspende geben muss, damit hier mehr Personal eingesetzt wird.“
„Justice …“
„Warum dauert das so lange?“, murmelte er und drückte Maggies Hand, um die eigene Ungeduld zu bezähmen.
„Ich verstehe das nicht. Was muss jemand haben, damit er hier beachtet wird? Ein zerschnittenes Auge?“
„Das wäre doch mal was“, hörten sie plötzlich eine Frau hinter ihnen sagen.
Justice drehte sich um und sah eine ältere Ärztin mit grauem Haar, braunen Augen und einem netten Lächeln. „Ich habe Sie gar nicht gesehen.“
„Es tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten, aber jetzt bin ich ja da. Sehen wir uns Ihren Sohn mal an.“
Sie ging zu dem Kleinen, bat Maggie, ihn auf die Trage zu legen, und hörte ihn dann vorsichtig mit dem Stethoskop ab. Währenddessen streichelte Maggie tröstend über Jonas’ Bauch. Justice trat hinter sie und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Dann hören wir uns mal dein Herz an, kleiner Mann“, sagte die Ärztin sanft und lächelte Jonas an. Sie hörte seinen Brustkorb ab und machte sich Notizen
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