In der Kälte der Nacht
wurde von der Abbildung einer geöffneten Walnuß eingenommen, die Windungen und Krümmungen der Nuß waren bis in die letzten Verästelungen zu erkennen. Das Playmate band eine rote Lasche um die Walnuß. Die Anzeige, so erklärte Salsbury, war unter 200 andere Anzeigen gemischt worden. Das Sample war einer Anzahl von Versuchspersonen vorgelegt worden. Man hatte den Versuchspersonen eine Stunde Zeit zum Betrachten der Anzeigen gegeben. Dann wurden sie aufgefordert, zehn Motive zu nennen, an die sie sich erinnerten. 85 Prozent nannten die Anzeige in Playboy. Nur zwei Befragte kamen von sich aus auf die Walnuß zu sprechen, fünf Versuchspersonen erwähnten das Playmate. Sie hatten allerdings Schwierigkeiten, sich an ihre Haarfarbe zu erinnern. Die Brüste seien nackt gewesen, da waren die Versuchspersonen sicher. Aber ob das Mädchen vom Gürtel ab nackt gewesen war oder bekleidet? Ob es einen Hut getragen habe? Keine der Versuchspersonen hatte Probleme, als die Frage nach dem Inhalt der abgebildeten Walnuß kam, das Unterbewußtsein hatte sich dieses Gegenstandes mit besonderer Sorgfalt angenommen. Und weißt du auch, warum?« Salsburys Handballen senkte sich auf die Walnuß. »Weil die Nuß keine Nuß ist. Sie ist ein Vexierbild aus winzigen Gebilden, die in ihrer Form dem Glied des Mannes und der Scheide der Frau ähneln.« Dawson durchpflügte die anderen Anzeigen, die Salsbury ihm auf den Tisch legte. Als er den Stapel durch hatte, sah er seinen Besucher an. »Eine illustre Gesellschaft, wenn ich so sagen darf. Camel, Seagram's, Sprite, Bacardi Rum - alle schalten unterschwellige Anzeigen.«
»Warum auch nicht? Es ist ja schließlich nicht verboten. Außerdem zwingt der Konkurrenzdruck dazu. Es gibt also keinen Bösewicht, dem man die Schuld aufbürden kann. Wenn überhaupt, dann ist das ganze System bösartig.« Dawson ließ sich wieder in seinen Ledersessel sinken. Was er dachte, stand ihm auf die Stirn geschrieben. Er schätzte es nicht besonders, wenn jemand am >System< herummäkelte, und er schätzte es noch weniger, wenn jemand ihn belehrte, wo es Penisse zu sehen gab und wo nicht. Er war aufgewühlt von den Möglichkeiten, die sich bei konsequenter Weiterentwicklung des Gedankens ergaben. Dawson war mit dem Gefühl ausgestattet, daß ihn Gott der Herr an die Spitze seines millionenschweren Konsortiums beordert hatte. Gott würde auch dafür sorgen, daß er einen Weg fand, das Prinzip der Unterschwelligen Botschaft in bare Münze umzusetzen. Die Führung des Schöpfers in diesem Zusammenhang war besonders wichtig, weil die Angelegenheit eine schmutzige Seite hatte. Aber dieser Schmutz wurde von den guten Absichten hinweggespült, die Dawson mit allem verband. Nach seinem Tod würde das Dawson-Imperium in den Besitz der Kirche übergehen. Er kniff die Lippen zusammen. »Du hast dargelegt, daß die Firmen viel Geld und viel Gehirnschmalz in Unterschwellige Werbung investieren«, sagte er. »Mir ist bekannt, daß mit Sex Waren und Dienstleistungen verkauft werden. Aber wie wirksam ist das Stimulans? Ist die Sache den Aufwand wert?«
»Ohne jeden Zweifel«, sagte Salsbury. »Aus psychologischen Studien geht hervor, daß die meisten Amerikaner auf sexuelle Anstöße in der Werbung mit Angstgefühlen und Streß reagieren.«
»Eben.«
»Die erwünschte Wirkung wird trotzdem erzielt. Nehmen wir an, das Unterbewußtsein eines Zuschauers ist mit der Betrachtung einer Sexszene beschäftigt. Die Firma, die den Spot schaltet, will einen Softdrink verkaufen, aber in der Unterschwelligen Botschaft ist ein kopulierendes Paar zu erkennen. Wie reagiert unser Zuschauer? Mit Angst. Die Waage neigt sich zur Linken. Um die Waagschale auf der rechten Seite hinabzudrücken, müssen wir die Erlösung von der Angst hineinlegen. Die Angst wird gelöst, indem unser Zuschauer eine Flasche oder eine ganze Kiste des angebotenen Softdrinks kauft. Die Gleichung geht auf, die Tafel kann leergewischt werden.« Dawson wunderte sich. »Er kauft das Produkt also nicht, weil er hofft, daß es ihm zu mehr Erfüllung im sexuellen Bereich verhilft?«
»Im Gegenteil«, sagte Salsbury. »Er kauft das Produkt, weil es ihm die Flucht vor Sex ermöglicht. Durch die Anzeige erfährt er Motivation und Angst zugleich. Er möchte mit der gezeigten Frau schlafen, zugleich hat er Angst vor ihr. Indem er das Produkt kauft, erlangt er erotische Erfüllung ohne das Risiko, zurückgewiesen oder gedemütigt zu werden. Der Mann, weil er Angst hat, den
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