In der Kälte der Nacht
beide in Boston beobachtet habe. Du warst völlig verändert.«
»In Boston?«
»Als Jenny zu Besuch war, hast du überhaupt nicht mehr von neurotischen Pudeln und verzogenen Siamkatzen gesprochen.«
»Weil ich zu jener Zeit nur Elefanten und Giraffen behandelt habe.«
»Lüg nicht, Paps.«
»Und ein trächtiges Känguruh.« Rya hatte auf der Bettkante Platz genommen. »Heirat oder nicht,
das ist die Frage hier.«
»Ob ich das Känguruh heirate?« Sie mußte lachen, weil er ihrer Frage auswich. »Ich weiß nicht, ob ich eine Känguruhmutti möchte«, sagte sie. »Ich würde sagen, du mußt selbst wissen, wer für dich die richtige Partnerin ist.«
»Was das Känguruh angeht, ich schwöre dir, ich war's nicht.«
»Du hast keinerlei romantische Gefühle für Känguruhs?«
»Nein.«
»Und für Jenny?«
»Es kommt nicht so sehr darauf an, ob ich Jenny mag. Viel wichtiger ist, mag sie mich?«
»Weißt du das denn nicht?«
»Nein.«
»Dann werde ich es für dich herausfinden.«
»Und wie willst du das anfangen?«
»Ich werde sie einfach fragen.«
»Und ich stehe da wie ein Bauerntölpel. Daraus wird nichts.«
»Ich werde die Frage sehr behutsam stellen, mach dir keine Sorgen, Paps.« Sie sprang auf und ging zur Tür. »Wir haben wenig Chancen, noch was zu essen zu bekommen, wenn wir jetzt nicht runtergehen.«
»Rya?«
»Ja?«
»Magst du Jenny?«
»Sehr.« Seit sieben Jahren kamen die Annendales nach Black River, um hier Ferien zu machen. Beim ersten Besuch war Mark zwei Jahre alt gewesen und Rya vier. In den Jahren, die dem ersten Besuch folgten, blieben sie nicht im Ort. Paul hatte ein Zelt mitgebracht. Sie übernachteten in den Bergen, in der freien Natur. Paul wollte seinen Kindern beibringen, wie wichtig es war, im Einklang mit der Natur zu leben. Es waren jedesmal wunderschöne Ferien. Die Kinder freuten sich drauf.
Als Annie starb, hatte Paul zunächst den Entschluß gefaßt, für ein oder zwei Jahre auf das Ferienvergnügen zu verzichten. Rya hatte ihn eines Besseren belehrt. »Mutter ist nicht tot«, sagte sie. »Ich habe oft das Gefühl, daß sie noch im Haus ist. Sie wird auch bei uns sein, wenn wir in Black River durch die Wälder streifen. Wenn ich sie dort wiedersehe, wird sie wenigstens nicht so bleich sein wie zum Schluß. Sie wird braungebrannt sein und gesund. Wie früher, Paps.« Sie waren nach Black River gefahren, und die Entscheidung hatte sich als richtig erwiesen. Beim ersten Besuch hatten Paul und Annie die Vorräte und Edison's General Store aufgestockt. Mark und Rya hatten den alten Mann sofort in ihr Herz geschlossen, und auch Paul und seine Frau konnten seinem Charme nicht lange widerstehen. Die Ferien hatten vier oder sechs Wochen gedauert. Zweimal war die Familie zum Abendessen bei den Edisons eingeladen gewesen. Im Jahr daraufhatte der Inhaber des General Store sie zum Übernachten eingeladen. Sie sollten sich erst einmal bei ihm ausschlafen, die Fahrt von Boston bis Black River sei schließlich ganz schön anstrengend. Am nächsten Morgen war immer noch Zeit, in die Berge aufzubrechen. Das Ganze war dann zur angenehmen Routine geworden. Die erste Nacht in Black River schliefen die Annendales im Haus von Mr. Edison. Für Rya und Mark war der Alte der gütige Großvater. Vor einem Jahr hatte Paul mit Jenny Freundschaft geschlossen. Natürlich hatte Sam ihnen schon lange vorher gesagt, daß er eine Tochter hatte. Die Tochter studierte Musik. Nach vollendetem Studium heiratete sie einen Musiker und zog mit ihm nach Kalifornien. Nach sieben Jahren war die Ehe kaputt. Sams Tochter war nach Black River zurückgekehrt, um über ihre Zukunft nachzudenken. Sam war stolz auf seine Tochter, aber er hatte ihnen nie ein Foto des Mädchens gezeigt, das war nicht sein Stil. Paul war fast das Herz stehengeblieben, als er Jenny im Laden erblickte. Sie stand hinter der Theke und sprach mit zwei Kindern, die Bonbons
kaufen wollten. Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, es war mehr. Noch bevor Paul Liebe für Jenny in seinem Herzen spürte, fühlte er, daß sie die Richtige für ihn war. Sie war die Frau, auf die er sein ganzes Leben gewartet hatte. Auch Jenny spürte die Anziehung, vom ersten Tag an. Paul dachte über diese Dinge nach, während er hinter seiner Tochter die Treppe hinunterging. Er wußte, was sie sagen würde, wenn er ihr gestand, was er für Jenny fühlte. »Warum bist du eigentlich noch nicht mit ihr verheiratet, Paps?« Wenn das alles so einfach wäre! Das Essen
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