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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Pi-Hathor ihm treu ergeben sind und er natürlich Bündnisse mit Teti dem Schönen im nördlichen Kusch geschlossen hat. Und so ist er davon ausgegangen, dass der Rest Ägyptens sicher umzingelt ist, und mit der Überheblichkeit aller Deltabewohner hat er uns für ungehobelt, provinziell und kraftlos gehalten. Wenn ich Daschlut vernichte, ist das eine Botschaft an das ganze Land, dass ich erobern will. Zweitens muss ich hinter mir Furcht zurücklassen. Es darf kein Zweifel an meinen Absichten bestehen, die Verwaltung, die ich zurücklasse, darf nicht auf Hilfe hoffen oder darum bitten, sowie meine Truppen vorbeigezogen sind.«
    »Kamose, in Daschlut gibt es gewiss Setius«, sagte Ahmose besorgt. »Bauern und Handwerker. Aber auch viele Ägypter. Ist es klug…«
    »Klug?«, schnitt ihm Kamose grob das Wort ab. »Klug? Begreifst du denn nicht, wenn wir in jedem Dorf Halt machen und die Setius herauspicken, erreichen wir das Delta nie. Wie willst du Freund und Feind auseinander halten, Ahmose? Ist der Mann, der lächelt, ein Freund und der Hässliche ein Feind?«
    »Das ist nicht gerecht«, protestierte Ahmose leise. »Ich bin nicht so einfallsreich, wie du annimmst. Aber vor unterschiedslosem Blutvergießen scheue ich zurück. Warum stationieren wir nicht einfach in jeder Stadt treu ergebene Soldaten?«
    »Weil diese Strategie das Heer ausbluten würde und wir jeden Mann für Auaris brauchen. Wie viele Berufssoldaten hat Apophis in seiner Hauptstadt? Hunderttausend? Mehr? Gewiss nicht weniger. Und wenn der Sieg erst unser ist, streben die Männer mit ihrer Beute nach Hause. Die wollen gewiss nicht in den Städten des Nordens bleiben, und ich kann es ihnen nicht verdenken. Wenn ich Apophis wäre, wenn ich fliehen und überleben würde, ich würde einen Gegenkrieg planen. Das darf nicht geschehen.«
    »Ihr Götter, wie lange denkst du schon so skrupellos?«, murmelte Ahmose.
    »Habe ich eine andere Wahl?«, flüsterte Kamose. »Ich verabscheue, was ich tun muss, Ahmose. Verabscheue es aus tiefster Seele! Ich muss Ägypten verstümmeln, um es zu retten, und ich bete jeden Tag darum, dass ich mich durch die Schmerzen, die ich austeilen muss, nicht selbst verurteile. Daschlut muss dem Erdboden gleichgemacht werden!«
    Kamose fror auf einmal und die Hand, die er hob, um stumm nach seinem Pektoral zu greifen, zitterte. Amun, hab Erbarmen mit mir, bat er seinen Schutzgott. Es ist wirklich grausig.
    Sie vertäuten die Schiffe lose am westlichen Ufer, legten aber keine Laufplanken aus. Kamose schickte auf der Stelle Späher in kleinen Booten aus, dann zog er sich in die Kabine zurück, fand jedoch keinen Schlaf. Ahmose auch nicht. Sie lagen nebeneinander in der Dunkelheit, und jeder erkannte am Atem des anderen, dass der Schlaf ihr Lager floh. Es gab nichts mehr zu sagen. Kamose dachte an die Frau seiner Träume, flüchtete sich kurz in das Trugbild, das ihm fehlte und nach dem er sich sehnte, und zweifellos weilte sein Bruder in Gedanken bei Aahmes-nofretari.
    Dennoch mussten sie irgendwann eingedöst sein, denn beim Klang von Schritten, die das Deck überquerten, wachten beide auf. Kamose rüttelte Ahmose sacht an der Schulter, während er die Bitte um Einlass beantwortete, und dann tauchte Achtois Kopf im Lichtkreis der Lampe, die er hielt, hinter dem Vorhang auf. »Die Späher sind zurück, Majestät«, sagte er. »Ich habe euch etwas zu essen bringen lassen.«
    »Gut.« Kamose stand auf und seine Gelenke knackten. Der Schlaf hatte ihn nicht erfrischt. Er kam sich schwer und langsam vor. »Gib ihnen auch etwas, Achtoi, und während sie essen, möchte ich rasiert und gewaschen werden. Sag Hor-Aha, er soll die Fürsten zusammenrufen.«
    »Wie spät ist es, Achtoi?«, fragte Ahmose. Er hatte sich zerzaust und gähnend erhoben.
    »Re geht in ungefähr fünf Stunden auf, Prinz«, antwortete der Haushofmeister, stellte die Lampe auf den Boden der Kabine und entfernte sich.
    »Die Späher haben wenig Zeit gebraucht«, meinte Ahmose. »Ihr Götter, bin ich müde! Ich habe geträumt, all meine Zähne wären verfault und fielen einer nach dem anderen aus.«
    Sie berieten sich am dunklen Ufer kurz mit dem General und den Fürsten. Noch umgab sie tiefschwarze Nacht, als die Späher berichteten und ihnen die Anlage der Stadt und die Einzelheiten über die kleine Garnison erläuterten, die auf den Nil ging. »Mehr als dreißig Setiu-Krieger kann es darin nicht geben«, meldeten sie, »und wir haben keine Wachposten gesehen. Daschlut

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