In der Oase
überlegt habe und der Hohe Priester viele Gebete zu Amun geschickt hat, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Last dieses Buchstabens, der sowohl für den Großen Gott selbst wie auch für den Thronräuber steht, für den Bullen zu viel gewesen ist. Amun hat Apophis den Krieg erklärt und sein Herz hat aufgehört zu schlagen. Uns hier geht es gut. Die Ernte reift heran. Meine Überwachung des Flusses hat noch keine Ergebnisse gezeitigt, also gehe ich davon aus, dass Pi-Hathor erst einmal Ruhe gibt. Ich habe auch Wachposten am Rand der Wüste aufstellen lassen. Wenn die Kunde kommt, dass du Chemmenu eingenommen hast, stelle ich Wachen rund um das Anwesen auf und verlasse mich bei Nachrichten aus dem Süden auf Späher. Vergangene Nacht habe ich von deinem Großvater Osiris Senechtenre, dem Dahingegangenen, geträumt. ›Tetischeri, du fehlst mir‹, hat er zu mir gesagt und hat meine Hand auf die vertraute Weise ergriffen. ›Aber du kannst noch nicht zu mir kommen.‹ Als ich aufgewacht bin, habe ich ihm geopfert, aber ich war auch froh, dass meine Zeit noch nicht abgelaufen ist. Ich sterbe erst, wenn Ägypten frei ist. Sorge dafür, Kamose.« Es folgten ihr Name und ihre Titel, die sie eigenhändig gekritzelt hatte, und Kamose ließ den Papyrus mit einem wehmütigen Lächeln aufrollen. Ich sorge schon dafür, Großmutter, antwortete er ihr im Geist, aber ich glaube nicht, dass ich derjenige bin, der die Setius vom Nil vertreibt. ›A‹ steht auch für Ahmose.
Er gesellte sich zu seinem Bruder an Deck. »Fisch«, sagte Ahmose erwartungsvoll. »Ich gehe, glaube ich, heute Nachmittag angeln. Warum auch nicht, Kamose? Für unseren Vorstoß nach Chemmenu ist nichts vorzubereiten, und die Späher informieren uns laufend, wie das Heer vorankommt.«
»Das ist morgen früh hier, Prinz«, versicherte ihm Hor-Aha.
Ahmose nahm zwei Soldaten und ein Boot und verschwand in den hohen Binsen, und Kamose dachte, irgendwie ist er ein Liebling der Götter und ich beneide ihn um ihre besondere Aufmerksamkeit. Wenn wir doch nur die Plätze tauschen könnten!
Ahmose kehrte erst kurz vor Sonnenuntergang zurück. Kamose machte sich schon Sorgen um ihn, da wurde sein Boot gesichtet, das rasch vom östlichen Ufer her aufkreuzte. Und gleich darauf kam er schwungvoll die Laufplanke herauf, rief nach Bier und schenkte seinem Bruder ein strahlendes Lächeln. Er ließ sich auf den Schemel neben Kamose sinken und nahm seinem Diener den nassen Lappen ab, den dieser ihm unverzüglich gebracht hatte, und wischte sich das Gesicht. »Hast du viele Fische gefangen?«, erkundigte sich Kamose, jetzt nicht mehr besorgt, sondern erleichtert. Ahmose blickte ihn verständnislos an, dann heiterte sich seine Miene auf und wurde etwas schuldbewusst.
»Fische? Nein, Kamose, die wollten heute nicht anbeißen, und so habe ich mir lieber Chemmenu angesehen.«
»Du hast was?« Aus Erleichterung wurde Ärger. »Mein Gott, bist du wirklich so dumm? Angenommen, jemand hätte dich erkannt und gefangen genommen, Ahmose? Gewiss ist die Stadt im Alarmzustand! Wozu haben wir Späher, die diese Gefahr auf sich nehmen?« Ahmose warf den Lappen in das Becken, das der Diener ihm hinhielt, und trank einen großen Schluck aus seinem Becher.
»Aber niemand hat mich gesehen«, wehrte er sich. »Wirklich, Kamose, hältst du mich für so einfältig? Ich habe mich hingeschlichen, als jeder vernünftige Einwohner die Nachmittagshitze verschnarchte. Der Schemu hat begonnen und es wird noch heißer. Die Späher haben gut berichtet, aber ich wollte mit eigenen Augen sehen, ob sich Chemmenu verändert hat oder nicht, seit ich letztes Mal da war, und ob sie aufgrund der Warnung, die die Überlebenden aus Daschlut jetzt überbracht haben dürften, irgendwelche Vorkehrungen getroffen haben.«
»Bitte, Ahmose, tu so etwas nicht noch einmal«, sagte Kamose mit Mühe. »Was hast du gesehen?«
»Chemmenu hat sich überhaupt nicht verändert«, antwortete Ahmose prompt. »Es ist noch immer sehr schön. Die Palmen sind die höchsten in ganz Ägypten und stehen dichter als irgendwo sonst. Macht das der Boden, was meinst du, Kamose? Die Datteln runden sich schön.« Er warf seinem Bruder einen Blick von der Seite zu, dann lachte er. »Vergib mir«, fuhr er fort, »zuweilen muss ich einfach betonen, was dich an mir am meisten stört. Oder mich liebenswert macht.« Er trank sein Bier aus und stellte den Becher neben sich aufs Deck. »Auf den Dächern stehen viele Menschen, vorwiegend
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