In der Oase
dürfte wenig Widerstand leisten.«
»Sehr gut.« Kamose wandte sich an Anchmahor. »Ich brauche die Angriffstruppe noch nicht«, sagte er. »Darum halte dich, bitte, etwas zurück und schirme mein Schiff nach Osten hin ab. Hor-Aha, du übernimmst meine Westflanke und scharst die Medjai-Boote um dich, die Getreuen des Königs sollen sofort auf mein Schiff umsteigen. Los jetzt!«
Als Daschlut in der perlfarbenen Morgendämmerung in Sicht glitt, betete er stumm sein Morgengebet zu Amun. Seine Laufplanke und die Laufplanken der Schiffe daneben wurden ausgelegt, und das Kontingent der Medjai legte auf die nichts argwöhnende Garnison an, ehe sie in der Stadt überhaupt bemerkt worden waren. Doch lange mussten sie nicht warten. Zwei junge Frauen tauchten auf, balancierten leere Wasserkrüge auf dem Kopf und plauderten auf dem Weg zum Fluss. Sie blieben verdutzt stehen, als der morgendliche Schatten von drei großen Schiffsrümpfen, die nur so von bewaffneten Männern starrten, auf sie fiel, und schon konnte man in der klaren Morgenluft hören, wie ein Wasserkrug zerbrach. Eine Frau schrie auf. Beide drehten sich um und rannten kreischend einen schmalen Pfad zwischen niedrigen Lehmhäusern entlang, während Kamose sie ungerührt laufen ließ. »Niemand geht von Bord und kein Pfeil wird abgeschossen, ehe ich den Befehl dazu gebe«, rief er Hor-Aha zu. »Alle Mann bereit.«
Daschlut rührte sich im Kielwasser ihrer lauten Panik. Ängstliche Gesichter tauchten auf, schlaftrunken, verdutzt, wachsam, und eine murmelnde Menge sammelte sich ein gutes Stück von den stummen Männern auf Deck entfernt. Ein paar Kinder wagten sich näher, starrten sie staunend an, bis sie auf ein scharfes Wort der Frauen zurückliefen. Kamose wartete.
Endlich teilte sich die Menge und Kamose spürte, wie sich sein Bruder neben ihm verkrampfte. Der Bürgermeister von Daschlut näherte sich, doch sein ausholender Schritt wurde von seiner besorgten Miene Lügen gestraft. Zwei sichtlich besorgte Beamte begleiteten ihn. Dicht an Kamoses Laufplanke blieben sie unschlüssig stehen. Kamose wartete noch immer. Der Bürgermeister holte sichtbar Luft. »Ich bin Setnub, Bürgermeister von Daschlut«, rief er hoch. »Wer bist du und was für eine Streitmacht ist das? Kommt ihr aus dem Delta?«
»Du sprichst mit König Kamose I., Geliebter des Amun«, rief Kamoses Herold zurück. »Macht euren Fußfall.« Ein spöttisches Aufseufzen durchlief die lauschende Menge und der Bürgermeister lächelte.
»Ich habe wohl die Ehre, mit dem Fürsten von Waset zu sprechen«, sagte er und verbeugte sich. »Verzeih mir, aber sitzt der König nicht auf seinem Thron in Auaris? Was geht hier vor?« Kamose trat einen Schritt näher und blickte zu ihm hinunter.
»Er wird nicht viel länger auf seinem Thron sitzen«, sagte er honigsüß. »Ich verlange mein Geburtsrecht zurück, Setnub, Bürgermeister von Daschlut, und ich fordere die Stadt im Namen Amuns zur Übergabe auf.« Einer der Männer neben Setnub fing an zu lachen, und die Menge hinter ihm antwortete gleichermaßen mit Gelächter.
»Fürst, du befindest dich in der Nomarche Mahtech«, entgegnete der Bürgermeister. »Der Nomarch ist Teil von Chemmenu, und sein Gebieter ist Seine Majestät Awoserra Apophis, der, der ewig lebt. Deine Forderung macht keinen Sinn.«
»Er steht unter dem besonderen Schutz der Götter«, murmelte der andere Beamte und Kamose hörte es.
»Nein, ich bin nicht von Sinnen«, tadelte er den Mann. »Ich habe fünfhundert Bogenschützen zur Verfügung und vier Divisionen Fußsoldaten, die auf Daschlut marschieren und meine geistige Gesundheit bezeugen können. Setnub, ich frage dich noch einmal, ergibt sich Daschlut oder will es die Folgen tragen?« Der Bürgermeister lief zornesrot an.
»Du bist ein Fürst und ich bin nichts als ein Verwaltungsbeamter«, sagte er. »Eine derartige Verantwortung kann ich nicht übernehmen. Entweder geh heim nach Waset oder fahr weiter und überbringe unserem Nomarchen deine Forderung.« Die Mischung aus Überheblichkeit und Drohung in seiner Stimme löste bei den Getreuen des Königs empörtes Gemurmel aus, doch Kamose blieb ungerührt.
»Wir leben in schlimmen Zeiten, Setnub«, erwiderte er gelassen. »Sie zwingen einen Mann zuweilen, Entscheidungen zu treffen, die außerhalb seiner Befehlsgewalt oder seiner Fähigkeiten liegen. Das hier ist ein solcher Augenblick. Ergebt euch, oder ihr werdet vernichtet.« Der Bürgermeister warf einen Blick auf die
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