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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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diese Daten. Außerdem wird vom Field-Mill-Netzwerk und LDAR für das Gebiet um Canaveral zunehmende Blitztätigkeit gemeldet. Diese Bedingungen werden voraussichtlich für die nächsten achtundvierzig Stunden gleich bleiben. Möglicherweise auch darüber hinaus.«
    »Mit anderen Worten«, sagte Carpenter, »wir werden nicht in Kennedy landen.«
    »Kennedy fällt definitiv aus. Wenigstens für die nächsten drei bis vier Tage.«
    Carpenter seufzte. »Okay, damit haben wir ja schon mehr oder weniger gerechnet. Hören wir mal, wie es in Edwards aussieht.« Der Luftwaffenstützpunkt Edwards, in einem Tal der Sierra Nevada in Kalifornien gelegen, war nicht ihre erste Wahl. Eine Landung auf Edwards verlängerte die Überholungs- und Bereitstellungszeit bis zum nächsten Shuttle-Einsatz, weil das Raumfahrzeug zuerst von einer Boeing 747 huckepack nach Kennedy zurücktransportiert werden musste.
    »Leider gibt es mit Edwards auch ein Problem«, sagte der Meteorologe.
    Carpenter spürte, wie sich sein Magen verkrampfte – eine Vorahnung, dass dies der Beginn einer unglücklichen Verkettung von Ereignissen war. Als führender Shuttle-Flugdirektor hatte er es zu seiner persönlichen Aufgabe gemacht, jeden bekannt gewordenen Zwischenfall zu analysieren, um herauszufinden, was genau falsch gelaufen war. Im Rückblick gelang es ihm gewöhnlich, das Problem über eine Serie auf den ersten Blick harmlos erscheinender Fehlentscheidungen zurückzuverfolgen. Manchmal fing alles schon in der Fabrik an, wenn etwa ein unkonzentrierter Techniker eine Schalttafel falsch verkabelte. War nicht selbst in einem so großen und teuren Gerät wie dem Hubble-Teleskop von Anfang an der Wurm drin gewesen?
    Jetzt wurde er das Gefühl nicht los, dass er später einmal an genau diese Besprechung zurückdenken und sich fragen würde:
Was hätte ich anders machen sollen? Was hätte ich tun können, um eine Katastrophe zu verhindern?
    »Wie ist die Lage in Edwards?«, fragte er.
    »Im Moment haben sie dort eine Wolkendecke bei siebentausend Fuß.«
    »Damit fällt Edwards automatisch flach.«
    »Richtig. So viel zum sonnigen Kalifornien. Aber es besteht die Möglichkeit eines teilweisen Aufklarens innerhalb der nächsten vierundzwanzig bis sechsunddreißig Stunden. Wir könnten brauchbare Landebedingungen bekommen, wenn wir einfach abwarten. Ansonsten heißt es auf nach New Mexico. Ich habe gerade das MIDDS abgefragt, und in White Sands sieht es gut aus. Wolkenloser Himmel, Gegenwinde von fünf bis zehn Knoten. Wettervorhersage positiv.«
    »Wir müssen uns also entscheiden«, sagte Carpenter. »Entweder abwarten, bis es in Edwards aufklart, oder gleich nach White Sands gehen.« Mit einem Blick in die Runde forderte er seine Teamkollegen auf, sich zu äußern.
    Einer der Programm-Manager sagte: »Im Moment können sie es da oben noch gut aushalten. Wir könnten sie so lange an der ISS angedockt lassen, bis das Wetter mitspielt. Ich sehe keine Notwendigkeit, sie übereilt zurückzuholen, um sie an einem nicht optimalen Standort landen zu lassen.«
    Nicht optimal
war eine Untertreibung. White Sands war kaum mehr als ein abgelegener kleiner Flugplatz mit zwei Reihen von Landebahnmarkierungen.
    »Wir dürfen nicht vergessen, dass die Leiche so bald wie möglich zur Erde gebracht werden sollte«, sagte Todd Cutler.
    »Solange eine Autopsie noch irgendwie sinnvoll ist.«
    »Das ist uns allen bewusst«, erwiderte der Programm-Manager. »Aber dagegen stehen die Nachteile. White Sands hat begrenzte Möglichkeiten. Falls es Probleme bei der Landung gibt, haben wir weit und breit keine zivile medizinische Unterstützung. Alles in allem würde ich sogar vorschlagen, dass wir abwarten, bis Kennedy wieder klar ist. Logistisch gesehen ist es das Beste für das Programm. Die Liegezeit für den Raumtransporter wird verkürzt, und wir können das Shuttle gleich für die nächste Mission auf die Rampe packen. Die Crew kann ja für die nächsten paar Tage die ISS als Hotel benutzen.«
    Mehrere andere Manager nickten. Sie waren für die konservativste Lösung. Die Crew war dort, wo sie sich befand, in Sicherheit, und angesichts der vielfältigen Probleme, die mit einer Landung in White Sands verbunden waren, verblasste die Dringlichkeit der Rückführung von Hirais Leiche. Carpenter dachte an die Vorwürfe, die man ihm machen würde, sollte es bei einer Landung in White Sands – was Gott verhüten mochte – zur Katastrophe kommen. Er dachte an die Fragen, die er selbst

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