In der Schwebe
handelt. Es riecht auch nicht nach Chemikalien. Jedenfalls ist es nichts Petroleumartiges.«
»Wie riecht es denn?«, fragte der Capcom.
»Irgendwie … fischig. Wie der Schleim von einer Forelle. Vielleicht stammt es aus der Kombüse?«
»Oder es könnte ein Leck in einer der biowissenschaftlichen Nutzlasten sein. Ihr habt doch verschiedene Experimente von der ISS an Bord. Sind da nicht auch Aquarien drunter?«
»Dieses Zeug erinnert mich aber nicht an Froschlaich. Wir überprüfen mal die Behälter«, sagte Kittredge. Er sah sich in der Kabine um und betrachtete die glitzernden Klümpchen, die an den Wänden klebten. »Das Zeug setzt sich jetzt überall ab. Wir werden eine Weile brauchen, um die Flecken wegzuwischen. Das wird unseren Wiedereintritt verzögern.«
Ȁh,
Discovery,
ich sage es euch ja nur ungern«, erwiderte der Capcom. »Aber der Wiedereintritt wird sich ohnehin verzögern. Ihr werdet Geduld haben müssen.«
»Wo liegt das Problem?«
»Wir haben ziemlich mieses Wetter hier unten. In Kennedy gibt es Seitenwind von bis zu vierzig Knoten und aufziehende Gewitterwolken. Aus Südosten zieht ein tropischer Wirbelsturm auf. Er hat in der Dominikanischen Republik schon Chaos angerichtet, und jetzt ist er auf dem Weg zu den Keys.«
»Wie sieht es mit Edwards aus?«
»Dort melden sie momentan eine Wolkendecke bei siebentausend Fuß. Die sollte sich aber in den nächsten zwei Tagen verziehen. Also, sofern ihr nicht scharf darauf seid, in White Sands zu landen, müssen wir uns auf eine Verzögerung von mindestens sechsunddreißig Stunden einstellen. Vielleicht lassen wir euch die Luken öffnen und wieder zur ISS-Crew stoßen.«
Kittredge musterte die vorbeischwebenden Tropfen. »Abgelehnt, Capcom. Wir würden die Station mit diesem Zeug kontaminieren. Wir müssen erst klar Schiff machen.«
»Roger. Der Surgeon ist hier, er möchte wissen, ob es bei der Crew wirklich keine negativen Auswirkungen gibt. Können Sie das bestätigen?«
»Das Material ist offenbar harmlos. Niemand weist irgendwelche Krankheitssymptome auf.« Er schlug mit der flachen Hand nach einem Klumpen von Kügelchen, die daraufhin davonwirbelten wie vergossene Perlen. »Irgendwie sind die Dinger ganz hübsch. Aber ich möchte auf keinen Fall, dass sie unsere Elektronik verkleben, also machen wir uns besser gleich ans Aufwischen.«
»Wir halten euch auf dem Laufenden, was das Wetter betrifft,
Discovery.
Also, dann holt mal die Putzlappen und Eimer raus.«
»Ja«, lachte Kittredge. »Man nennt uns auch die himmlische Putzkolonne. Wir reinigen auch Fenster.« Er nahm die Schutzmaske ab. »Ich glaube, es kann nichts passieren, wenn wir sie ausziehen.«
Jill nahm ihre Maske und ihre Schutzbrille ab und schwebte auf den Notfallschrank zu. Sie hatte die Ausrüstung eben wieder verstaut, als sie bemerkte, wie Mercer sie anstarrte.
»Was ist?«, fragte sie.
»Dein Auge – was hast du damit gemacht?«
»Was ist denn mit meinem Auge?«
»Sieh’s dir an.«
Sie schwebte zur Hygienestation hinüber. Der erste Blick in den Spiegel versetzte ihr einen Schock. Die Lederhaut des einen Auges war blutrot. Nicht nur blutunterlaufen, sondern eine leuchtend rote Fläche.
»Mein Gott«, murmelte sie, entsetzt über ihr Spiegelbild.
Ich bin Pilotin. Ich brauche meine Augen. Und eines davon sieht aus wie eine Blutblase.
O’Leary fasste sie an den Schultern, drehte sie zu sich um und musterte ihre Augen. »Das ist nichts Ernstes, okay?«, sagte er. »Nur eine sklerale Blutung.«
»
Nur?
«
»Ein wenig Blut ist in das Weiße Ihres Auges gesickert. Es sieht schlimmer aus, als es ist. Das vergeht von selbst wieder, ohne dass Ihre Sehkraft Schaden leidet.«
»Wie habe ich mir das eingefangen?«
»So etwas passiert zum Beispiel durch eine plötzliche Veränderung des Schädelinnendrucks. Manchmal genügt heftiges Husten oder Erbrechen, um ein Blutgefäß zum Platzen zu bringen.«
Sie atmete erleichtert auf. »Das muss es gewesen sein. Ich bin aufgewacht, weil ich wegen dieser umherfliegenden Schleimklumpen husten musste.«
»Sehen Sie? Kein Grund zur Sorge.« Er klopfte ihr auf die Schulter. »Das macht dann fünfzig Dollar. Der Nächste, bitte!«
Beruhigt wandte sich Jill wieder dem Spiegel zu.
Es ist bloß eine kleine Blutung,
dachte sie.
Kein Grund zur Sorge.
Aber das Bild, das ihr entgegenblickte, entsetzte sie dennoch. Ein normales Auge und eines von abstoßend blutroter Farbe. Etwas Fremdartiges. Etwas Teuflisches.
10. August
»Diese
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