Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Richard.«
     
    Donner grollte. Kalter Wind wehte herein, als die Zeltklappe zurückgeschlagen wurde. Maggie Brown kam hereingeschlüpft und legte Schaumgummimatratze und Schlafsack neben seinen.
    »Was?« sagte Baedecker. Seine Hände und Unterarme waren wund.
    »Tommy wollte tauschen«, flüsterte Maggie. »Ich glaube, er wollte allein sein und trinken. Ich habe gesagt, einverstanden. Pssst.« Maggie hielt einen Finger an seine Lippen. Die Dunkelheit in dem Zelt wurde nur von gelegentlichen grellen Blitzschlägen unterbrochen, Sekundenbruchteile später von so lautem Donner gefolgt, daß Baedecker glaubte, Güterzüge würden über die Tundra auf sie zugerast kommen. Die nächste Explosion von Licht zeigte Maggie, die aus den Shorts schlüpfte, indem sie sie über die Hüften nach unten zog. Ihr Slip war klein und weiß.
    »Der Sturm ist da«, sagte Baedecker und blinzelte Netzhautbilder des Blitzes weg, der Maggie zeigte, wie sie das Hemd auszog. Im kurzen Stroboskopleuchten sahen ihre Brüste blaß und schwer aus.
    »Pssst«, sagte Maggie und drückte sich in der Dunkelheit an ihn. Er war in seinen Boxershorts und einem weichen Flannellhemd eingeschlafen. Ihre Finger knöpften in der Dunkelheit das Hemd auf und zogen es ihm aus. Er rollte sich auf dem weichen Durcheinander der Schlafsäcke neben sie und nahm sie in die Arme, als ihre Hand in den elastischen Bund seiner Shorts glitt. »Pssst«, flüsterte sie, zog ihm die Unterhose aus und befreite ihn mit der rechten Hand. »Pssst.«
    Die Blitze hielten ihren Liebesakt in Bildern gefrorenen Lichts fest. Donner grollte und löschte jegliche Laute aus, abgesehen von Herzschlägen und geflüsterten Zärtlichkeiten. Einmal sah Baedecker zu Maggie auf, die über ihm saß, während sie die Arme wie Tänzer ausstreckten, die Finger ineinander verhakten und der Nylonstoff der Zeltwand sich grell hinter ihr abzeichnete, da ein Blitz nach dem anderen folgte und das Donnergrollen wie Wogen über sie hinwegrauschte. Einen Augenblick später, als er sich fest in ihren Armen wiegte und sich noch gegen die Explosion seines Orgasmus wehrte, war Baedecker ganz sicher, daß er sie über die Kaskade der Geräusche von draußen flüstern hörte: »Ja, Richard, laß gehen. Ich habe dich. Laß gehen.«
    Sie rollten sich, während sie sich immer noch schwach bewegten, im Gewühl der Matratzen und Schlafsäcke auf die Seite und lauschten, wie der Wind zu einen schrecklichen Crescendo anschwoll, das Zelt heftig an seinen Verankerungen flatterte und Blitze und Donner nicht einmal mehr eine Sekunde auseinander lagen. Gemeinsam kuschelten sie sich gegen den Sturm aneinander.
    »KOMMT SCHON, IHR GÖTTER, LASST SEHEN, WIE IHR EUER SCHLIMMSTES VOLLBRINGT! LOS DOCH, IHR FEIGLINGE!« Der Schrei ertönte unmittelbar vor dem Zelt, ihm folgte ein Donnerschlag.
    »Großer Gott«, flüsterte Maggie. »Was ist das?«
    »KOMMT SCHON, VERANSTALTET EINE VERDAMMT GUTE OLYMPIADE. ZEIGT EURE KÜNSTE, DAS KÖNNT IHR DOCH NOCH BESSER! ZEIGT ES UNS, IHR SCHEISSER!« Dieses Mal klang der Schrei so rauh und schrill, daß er fast nichts Menschliches mehr hatte. Den letzten Worten folgten ein Blitzschlag und ein so lauter Knall, daß es schien, als würde der Himmel von gigantischen Händen aufgerissen. Baedecker zog die Shorts an und streckte den Kopf zur Zeltklappe hinaus. Einen Augenblick später folgte ihm Maggie, die Baedekkers Flannellhemd angezogen hatte. Es regnete noch nicht, aber beide mußten die Augen zusammenkneifen, weil die Sturmböen Staub und Geröll aufwirbelten.
    Tommy Gavin Jr. stand auf dem Felsen zwischen den Zelten. Er war nackt, hatte die Beine gespreizt, damit er in dem heftigen Wind das Gleichgewicht nicht verlor, die Arme erhoben und den Kopf zurückgelegt. In einer Hand hielt er eine fast leere Flasche Johnny Walker. In der anderen eine ein Meter lange Zeltstange aus Aluminium. Das Metall schimmerte blau. Hinter dem Jungen konnte Baedecker Blitze durch die Leiber von Donnerwolken zucken sehen, die dunkler und näher aufragten als die Berggipfel, die von jedem Blitz beleuchtet wurden.
    »Tommy!« rief Gavin. Er und Deedee hatten Köpfe und Schultern aus dem flatternden Zelt gestreckt.
    »Komm da runter!« Der Wind riß die Worte mit sich.
    »KOMMT SCHON, GÖTTER, ZEIGT MIR WAS!« kreischte Tommy. »DU BIST DRAN, ZEUS. LOS DOCH!« Er hielt die Zeltstange in die Höhe.
    Ein blauweißer Blitzstrahl schien von einem nahegelegenen Gipfel emporzuschnellen. Baedecker und Maggie zuckten

Weitere Kostenlose Bücher