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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Agra und Ende der Woche zurück nach Poona.«
    »Was ist in Agra?«
    »Nur das Taj Mahal«, sagte Maggie und beugte sich mit einem schalkhaften Ausdruck in den Augen zu ihm.
    »Sie önnen Indien nicht besuchen und das Taj Mahal auslassen. Das ist verroten.«
    »Tut mir leid. Ich muß wohl«, sagte Baedecker. »Ich habe morgen eine Verabredung in Bombay, und Sie haben gesagt, daß Scott am Dienstag wieder hier ist. Ich muß spätestens Freitag in einer Woche wieder nach Hause fliegen. Ich ziehe diese Reise auch so schon zu sehr in die Länge.« Er konnte, obwohl sie nickte, ihre Enttäuschung sehen.
    »Außerdem«, sagte er, »bin ich kein großer Tourist.« Baedecker hatte die amerikanische Flagge als absurd
    empfunden. Er hatte damit gerechnet, daß sie ihn rühren würde. Einmal war er in Jakarta gewesen, nur neun Monate fern von den Staaten, und da hatte ihn die amerikanische Flagge, die am Heck eines Frachters im Hafen flatterte, zu Tränen gerührt. Aber auf dem Mond eine Viertelmillion Meilen von zu Hause entfernt konnte er nur daran denken, wie albern sie an ihrem starren Drahtgestell aussah, das im Vakuum eine Brise simulieren sollte.
    Er und Dave hatten salutiert. Sie standen zur Sonne gewandt vor ihrer Fernsehkamera und salutierten. Unbewußt hatten sie schon die Gewohnheit angenommen, sich in der geringen Schwerkraft in der >Schlaffer Affe    Sie hatten den Salut beendet und wollten sich gerade anderen Dingen zuwenden, als Präsident Nixon zu ihnen sprach. Für Baedecker war es Nixons Stegreiffunkspruch gewesen, der ein unwirkliches Erlebnis ins Surreale gekippt hatte. Der Präsident hatte eindeutig nicht festgelegt, was er im Verlauf des Anrufs sagen sollte, und so schweifte sein Monolog ab. Mehrmals schien es, als hätte er seinen Satz beendet, und sie setzten zu einer Antwort an, als Nixons Stimme wieder ertönte. Die entfernungsbedingte Funkverzögerung trug ebenfalls zu dem Problem bei. Dave übernahm das Reden fast vollständig. Baedecker sagte mehrmals: »Danke, Mr. Präsident.« Aus unerfindlichen Gründen hatte Nixon gedacht, daß sie sich für die Footballergebnisse der Spiele des Vortags interessieren würden. Baedecker verabscheute Football. Er fragte sich, ob dieses Geschwätz über Football Nixons Vorstellung von einem echten Gespräch unter Männern entsprach.
    »Danke, Mr. Präsident«, hatte Baedecker gesagt. Und die ganze Zeit, während er vor dem Auge der Kamera stand, eine starre Flagge vor schwarzem Hintergrund betrachtete und dem von Rauschen überlagerten Schwafeln seines Staatsoberhaupts lauschte, mußte Baedecker an den unerlaubten Gegenstand denken, den er in der Probentasche über dem rechten Knie verborgen hatte.
     
    Der Flug von Delhi nach Bombay startete mit dreistündiger Verspätung. Der Vertreter einer britischen Helikopterfirma, der neben Baedecker in der Schalterhalle saß, erklärte ihm, daß der Pilot der Air India und der Flugingenieur jetzt schon seit Wochen einen Streit miteinander ausfochten. Der eine oder andere hielt den Flug jeden Tag auf.
    Nachdem sie sich endlich in der Luft befanden, versuchte Baedecker zu dösen, aber das unablässige Läuten der Rufknöpfe hielt ihn wach. Kaum waren sie gestartet, schien jeder andere Passagier der Maschine nach einer der saribekleideten Stewardessen zu läuten. Die drei Männer in der Reihe vor Baedecker verlangten lautstark nach Kissen und Drinks und schnippten dabei herrisch mit den Fingern, was ihm, Baedecker, völlig gegen den egalitären mittelwestlichen Strich ging.
    Maggie Brown hatte ihn kurz nach dem Frühstück verlassen. Sie hatte ihm den Plan ihrer >Großen Rundreise< auf eine Serviette gekritzelt und in eine Tasche seines Anzugs gesteckt. »Man kann nie wissen«, sagte sie.
    »Möglicherweise überlegen Sie es sich noch einmal.« Baedecker hatte noch ein paar Fragen nach Scott gestellt, bevor sie mit einem schwarz-gelben Taxi davongefahren war, hatte aber rundum den Eindruck eines Mädchens, die ihrem Geliebten irrtümlich in ein seltsames und fremdes Land gefolgt war und nun nicht mehr wußte, was sie fühlte oder dachte.
    Sie flogen in einem französischen Airbus. Baedecker stellte mit geübtem Auge fest, daß sich die Tragflächen weiter spannten als bei einem Produkt von Boeing, und er nahm voll Überraschung den steilen Flugwinkel wahr,

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