Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
erkennen.
    Baedecker entlud die klobige seismische Einheit, während Dave damit beschäftigt war, mit der auf der Brust montierten Hasselblad eine 360-Grad-Panoramaaufnahme zu machen. Baedecker besorgte das Ausrollen der zehn Meter langen Golddrähte. Er beobachtete Dave, der nach jeder Aufnahme leicht hüpfte, ein menschlicher, an einem hellen Strand festgebundener Ballon. Dave meldete etwas an Houston und hüpfte nach Süden, um eine große Gesteinsformation zu fotografieren. Die Erde war ein kleines blauweißes Schild an einem schwarzen Himmel.
    Jetzt dachte Baedecker. Er ließ sich auf ein Knie sinken, wobei er feststellen mußte, daß das im Druckanzug gar nicht so einfach war, ging dann mit beiden Knien in den Staub, um das Ende der letzten seismischen Sensorfasern zu befestigen. Dave entfernte sich weiter. Baedekker öffnete hastig den Reißverschluß der Probetasche über dem rechten Knie und nahm die beiden Gegenstände heraus. Mit den dicken Handschuhen hatte er Schwierigkeiten, die Plastiktüte zu öffnen, aber schließlich gelang es ihm, den Inhalt auf die staubige Handfläche zu schütteln. Die kleine Farbfotografie lehnte er etwa einen Meter von der Sensorfaser entfernt an einen Stein. Sie lag halb im Schatten, und Dave würde sie nur sehen, wenn er direkt darüber stand. Den anderen Gegenstand ein Christophorusmedaillon hielt er einen Moment unentschlossen in der Hand. Dann bückte er sich leicht, drückte das Metall auf den grauen Boden, ließ es zurück in die Tüte fallen und verstaute diese rasch wieder in der Probentasche, bevor Dave zurückkommen konnte. Baedecker kam sich seltsam vor, wie er so nach vorn gebeugt im Mondstaub kniete und sein unförmiger Schatten wie ein schwarzes Tuch vor ihn fiel. Die kleine Fotografie sah ihn an. Joan trug eine rote Bluse und blaue Hosen. Sie hatte den Kopf leicht zu Baedecker gewandt, der direkt in die Kamera lächelte. Beide hatten eine Hand auf Scotts Schultern liegen. Der Siebenjährige grinste breit. Er trug für das Foto ein weißes Hemd, aber in dem offenen Kragen konnte Baedecker das blaue TShirt mit dem Schriftzug >Kennedy Space Center< erkennen, das der Junge fast jeden Tag des vergangenen Sommers getragen hatte. Baedecker sah nach links zu der fernen Gestalt von Dave und wollte sich gerade erheben, als er etwas hinter sich spürte. Seine Haut wurde klamm im Anzug. Er stand auf und drehte sich langsam um.
    Der Rover parkte fünf Meter hinter ihm. Die Fernsehkamera, die von einer Konsole in Houston aus bedient wurde, war auf eine Verstrebung beim rechten Vorderrad montiert. Die Kamera zeigte direkt auf ihn. Sie neigte sich ein wenig zurück, damit sie ihm folgen konnte, als er sich zu voller Größe aufrichtete.
    Baedecker sah über das Gleißen und die Distanz zu der kleinen Box mit ihren Kabeln. Der schwarze Kreis der Linse erwiderte seinen Blick schweigend.
     
    Die große Antenne schnitt eine scharf umrissene Parabel aus dem Monsunhimmel.
    »Beeindruckend, nicht wahr?« fragte Sirsikar. Baedekker nickte und sah von dem Hügel hinab. Kleine Flecken Farmland, nicht größer als zwei Morgen, verliefen an der schmalen Straße entlang. Die Häuser bestanden aus unordentlichen Bretterverschlägen auf derben Pfählen. Den ganzen Weg von Bombay bis zur Empfangsstation hatten Sirsikar und Shah ihm interessante Örtlichkeiten gezeigt.
    »Sehr hübsches Farmhaus«, hatte Shah gesagt und auf ein Gebäude aus Stein gedeutet, das nicht größer als die Garage von Baedeckers altem Haus in Houston war. »Es besitzt einen Methankonverter, müssen Sie wissen.«
    Baedecker fielen die Männer auf, die auf ihren flachen Holzpflügen hinter erschöpft aussehenden Ochsen standen. Zinken bohrten sich durch den rissigen Boden. Ein Mann ließ seine beiden Söhne neben sich stehen, damit sich die Zinken tiefer in die trockene Erde bohrten.
    »Wir haben jetzt drei«, fuhr Sirsikar fort. »Nur der Nataraja ist synchron. Sarasvati und La scmi befinden sich dreißig Minuten ihrer neunzig Minuten dauernden Umkreisung hinter dem Horizont, und die Station hier in Bombay dient als Relais für Echtzeitübertragungen.«
    Baedecker sah den kleinen Wissenschaftler an. »Sie benennen die Satelliten nach Göttern?« fragte er.
    Shah schlurfte unbehaglich, aber Sirsikar sah Baedekker strahlend an. »Gewiß!«
    Baedecker, der sich hatte anwerben lassen, als MerJury flog, seine Ausbildung unter Gemini erhalten und seine Taufe in einer Apollo bestanden hatte, wandte den Blick wieder der

Weitere Kostenlose Bücher