In der Schwebe
Kosmonauten die fragwürdige Ehre zuteil, der erste tote russische ›Held der Raumfahrt‹ zu sein, der nicht an der Kremlmauer beigesetzt wurde. Baedecker mußte an seinen Vater denken »und dann geht alles in Scherben und man wartet nur noch darauf zu sterben.«
Die Kapitel über die vier amerikanischen Astronauten waren lediglich skizziert, aber welche Richtung diese Schilderungen einschlagen sollten, war offensichtlich. Wie bei den Porträts der Polarforscher, befaßten sich die Apollo-Kapitel mit den Gedanken der Astronauten in den Jahren nach ihren Missionen, mit neuen Perspektiven, die sie verloren, und einem Diskurs über die Frustration, die sie möglicherweise angesichts des Gedankens empfanden, daß sie nie wieder zu dieser speziellen Grenze zurückkehren konnten. Baedecker war mit der Auswahl der Astronauten einverstanden und fragte sich neugierig, was sie sagen und empfinden mochten, aber er wußte auch, dies würde das Herzstück des Buches werden, wenn es fertig war und der bei weitem am schwierigste zu recherchierende und schreibende Teil.
Darüber dachte er nach und stand am Fenster, wo er das Mondlicht auf den Blättern des Fliederbaums betrachtete, als Dave klopfte und eintrat.
»Immer noch angezogen, wie ich sehe«, sagte Dave.
»Kannst du nicht schlafen?«
»Noch nicht«, sagte Baedecker.
»Ich auch nicht«, sagte Dave und warf ihm eine Mütze zu. »Möchtest du eine Spazierfahrt machen?«
Während er auf der I-5 nach Norden Richtung Tacoma fährt, denkt Baedecker über Maggies Anruf am Vorabend nach.
»Maggie?« hatte er gesagt und war überrascht gewesen, daß sie ihn bei den Muldorffs aufgespürt hatte. Er stellte fest, daß es an der Ostküste fast ein Uhr nachts sein mußte. »Was ist los, Maggie? Wo bist du?«
»Boston«, sagte Maggie. »Ich habe die Nummer von Joan. Das mit deinem Freund tut mir leid, Richard.«
»Joan?« sagte er. Der Gedanke, daß Maggie Brown mit seiner Ex-Frau gesprochen haben sollte, kam Baedecker unwirklich vor.
»Ich habe wegen Scott angerufen«, sagte Maggie. »Hast du Kontakt mit ihm gehabt?«
»Nein«, sagte Baedecker. »Ich habe es die letzten Monate versucht. Ich habe Telegramme und Briefe an die alte Adresse in Poona geschickt, aber keine Antwort erhalten. Im November habe ich hier in Oregon angerufen, aber jemand auf der Ranch sagte mir, Scotts Name stünde nicht auf der Bewohnerliste. Weißt du, wo er ist?«
»Ich bin ziemlich sicher, daß er hier ist«, sagte Maggie.
»In Oregon. Auf der Ashram-Ranch. Ein gemeinsamer Freund, der in Indien war, kehrte vor ein paar Tagen an die B. U. zurück. Er sagte, Scott sei am ersten Dezember mit ihm in die Staaten zurückgekehrt. Bruce sagte, Scott sei in Indien ziemlich krank gewesen und habe dort mehrere Wochen im Krankenhaus verbracht jedenfalls in der Krankenstation, die sie auf der Farm des Meisters außerhalb von Poona ihr Krankenhaus nennen.«
»Asthma?« sagte Baedecker.
»Ja«, sagte Maggie, »und ein schlimmer Anfall von Ruhr.«
»Hat Joan gesagt, ob Scott mit ihr Verbindung aufgenommen hat?«
»Sie sagte, sie hätte seit Anfang November nichts mehr von ihm gehört... von Poona«, sagte Maggie. »Sie gab mir die Nummer der Muldorffs. Ich hätte nicht angerufen, Richard, aber ich wußte nicht, wo ich dich sonst hätte erreichen können, und Bruce mein Freund, der aus Indien zurückgekommen ist hat gesagt, daß es Scott ziemlich schlecht ging. Er konnte das Flugzeug nach der Landung in Los Angeles nicht aus eigener Kraft verlassen. Er ist ziemlich sicher, daß sich Scott auf der Ranch in Oregon befindet.«
»Danke, Maggie«, sagte Baedecker. »Ich werde gleich dort anrufen.«
»Wie geht es dir, Richard?« Etwas an Maggies Tonfall hatte sich verändert, war leiser geworden.
»Mir geht es gut«, sagte er.
»Das mit deinem Freund Dave tut mir wirklich leid. Ich hatte gehofft, ich könnte ihn eines Tages kennenlernen.«
»Ich wünschte, du hättest es«, sagte Baedecker und stellte fest, wie aufrichtig er das meinte. Maggie hätte Daves Humor gefallen. Dave hätte ihre Freude gefreut.
»Tut mir leid, daß ich mich nicht gemeldet habe«, sagte er.
»Ich habe deine Postkarte aus Idaho bekommen«, sagte Maggie. »Was hast du gemacht, seit du im Oktober dort deine Schwester besucht hast?«
»Ich habe einige Zeit in Arkansas verbracht«, sagte Baedecker, »und an der Blockhütte gearbeitet, die mein Vater gebaut hat. Sie steht schon lange leer. Wie geht es dir?«
Es folgte eine lange
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