In der Schwebe
Jacke zu und sprang in den Jeep, als Dave den Motor anließ.
»Vollmond!« rief Dave und heulte wie ein Wolf. Von irgendwo in den Hügeln außerhalb der Stadt ertönte das schrille Kläffen eines Kojoten. Dave lachte und fuhr an der zugenagelten Methodistenkirche vorbei nach Osten. Plötzlich brachte er den Jeep zum Stillstand und packte Baedecker am Arm. Er deutete zur weißen Scheibe des Mondes. »Wir waren da oben«, sagte er, und trotz seiner leisen Stimme konnte man Eindringlichkeit und Freude nicht überhören. »Wir sind da oben spazierengegangen, Richard. Wir haben die Abdrücke unserer kleinen anthropoiden Hinterpfoten im Mondstaub hinterlassen, Mann. Und das können sie uns nicht nehmen.« Dave legte den Gang ein und fuhr weiter, wobei er They Can't Take That Away From Me aus vollem Halse sang.
Die Jeepfahrt dauerte keine Meile und endete auf Kink Weltners Wiese. Dave zog Notizblöcke und Taschenlampen hervor und führte eine gründliche Inspektion durch, kroch sogar unter die dunkle Masse der Maschine und vergewisserte sich, daß sich keine Kondensflüssigkeit in der Treibstoffleitung abgesetzt hatte. Sie standen auf dem flachen Dach der Maschine und überprüften Rotornabe und -mast, das Steuergestänge und die »Jesus-Mutter«, als Baedecker sagte: »Das ist doch nicht unser Ernst, oder?«
»Warum nicht?« sagte Dave.
»Wir werden Kink aufwecken.« Mehr fiel Baedecker auf die Schnelle nicht ein.
Dave lachte. »Nichts weckt Kink auf. Komm mit.« Baedecker kletterte nach unten und stieg ein. Er nahm auf dem linken Sitz Platz, ließ den Schultergurt in dem breiten Schoßgurt einrasten, zog den vorgeschriebenen National Guard-Helm auf, den er beim Flug hierher nicht getragen hatte, setzte den Kopfhöhrer auf und betrachtete blinzelnd die roten Lichter, die ihm vom mittleren Armaturenbrett entgegenleuchteten. Dave beugte sich nach vorne und führte den Cockpitcheck durch, während Baedecker die Positionen der Trennschalter durchging. Als er fertig war, führte Dave ein Gerät in Metallklammern an seiner Seite des Armaturenbretts ein und testete es.
»Was, zum Teufel, ist das?«
»Tonband«, sagte Dave. »Kein Huey, der etwas auf sich hält, fliegt ohne eines.«
Der Starter heulte, Rotoren drehten sich, die Turbine hustete und sprang an. Dave schaltete den Bordfunk ein.
Seine Stimme klang gedämpft. »Nächster Halt: Stonehenge.«
»Was ist das?«
»Wart's nur ab, Amigo. Oh, sitzt meine Brille richtig?« Baedecker sah nach rechts. Dave trug eine klobige Nachtsichtbrille, aber das Gesicht unter Brille und Helm war nicht das von Dave. Es war nicht einmal das eines Menschen. Im roten Leuchten des Cockpits konnte Dave zwei riesige Augen erkennen, die in einem Winkel von fünfundvierzig Grad auf kurzen, fleischigen Stummeln abstanden, einen breiten, lippenlosen Froschmund und kein Kinn, und einen Hals, so faltig und schlaff wie der eines steinalten Truthahns.
»Ja, sie sitzen richtig«, sagt Baedecker.
»Danke.«
Drei Minuten später schwebten sie siebenhundertfünfzig Meter über Lonerock. Unten waren nur wenige Lichter zu sehen. »Hat dir mein Admiral Ackbar nicht gefallen?« fragte Dave.
»Au contraire«, sagte Baedecker, »es war die beste Admiral-Ackbar-Maske, die ich seit Wochen gesehen habe. Warum tust du das?«
Dave hatte den Schalter für die Landelichter an der Kollektivsteuerung gedrückt. Jetzt bewegte er den An/ Aus-Schalter hin und her. Baedecker konnte das pulsierende Licht durch den transparenten Kinnschutz erkennen.
»Ich send' nur außerirdische Grüße und Glückwünsche an Miz Callahan«, sagte Dave, »damit sie für heute nacht Schluß machen und zu Bett gehen kann.« Er schaltete das Licht aus und schwenkte den Huey in eine Kurve.
Sie flogen in einer Höhe von fünfzehnhundert Metern über Condon hinweg. Baedecker sah Lichter um einen menschenleeren Musikpavillon in einem kleinen Park, eine im Schein von Quecksilberdampflampen erstarrte verlassene Hauptstraße und dunkle Seitenstraßen, in denen man Lichtflecken von Straßenlaternen zwischen hohen und alten Bäumen hindurch sehen konnte. Baedekker mußte plötzlich daran denken, daß Kleinstädte in Amerika geistig gesünder waren als Großstädte, weil sie schlafen durften.
»Leg die ein, ja, Richard?« Dave gab ihm eine Audiocassette. Baedecker hielt sie ins Leuchten der Sammelanzeige. Es stand nur ›Jean Michel Jarre‹ darauf. Er steckte die Kassette in den Rekorder. Dabei mußte er an den kleinen Kassettenrekorder
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