In der Stille der Nacht - Thriller
noch seine Hand an einem Finger. »Weißt du Roy, wenn du mich wirklich liebst, wenn du mich wirklich ehrlich liebst, ich glaube, dann musst du jetzt als Zeichen deiner Liebe auch alles nur mit einer Hand machen.«
»Als Liebesbeweis?«
»Als Zeichen dafür, wie unglaublich nahe und ähnlich wir uns sind.« Sie beugte sich zu ihm, atmete ihm auf eine Art ins Ohr, von der sie wusste, dass es ihn ablenkte. Mit der Lippe berührte sie es. Ein Schauder durchfuhr seinen Schwanz.
Hinter ihnen blockierte ein Lkw die mittlere Spur und Roy merkte kaum, dass der Lkw für die Kurve, der sie sich näherten, zu schnell fuhr - zu schnell und auf der falschen Spur, sie waren neben ihm wie eingeklemmt.
»Aleesha, lass das, das ist gefährlich.«
Sie flüsterte ihm die Antwort ins Ohr: »Ich weiß.«
Aleesha bohrte Roy ihre warme Zunge ins Ohr.
Morrow und Harris, Gobby und Routher rannten die kalten Betonstufen hinauf, das Geräusch ihrer Schritte folgte ihnen, das Echo holte sich selbst ein, so dass es klang, als sei ein ganzes Kommando unterwegs.
Da stand er, draußen vor der Tür auf der Matte, stocksteif wie auf Wachtposten, die Strickjacke bis zum Hals zugeknöpft, die Hände an der Hosennaht. Die Ehre mochte ihm Tränen in die Augen getrieben haben, aber dank seiner Ausbildung verstand er es, Haltung zu wahren.
Morrow warf ihm einen Blick zu, der ihm befahl, zurück in den Flur zu treten. Als sie ihm folgte, stolperte Lander rückwärts ins Wohnzimmer, Morrow und die drei Männer hinterher. Sie hob eine Hand, als wollte sie ihn schlagen. »Wo ist er?«
Er zögerte, fuhr sich mit der Zunge über den Rand seiner Schnurrbartstoppeln und sah sie wieder an. Langsam hob sich seine Hand, und er zeigte auf eine Tür hinten im Wohnzimmer. Aus purer Verärgerung trat Morrow die Tür ein.
Das Bett war ordentlich gemacht wie bei der Armee, Decken und Laken, die Ecken so sauber gefaltet wie ein Briefumschlag. Seine Füße sah sie zuerst, die knorrigen Füße eines alten Mannes, gelbe Hornhaut mit weißlicher Färbung, auf seiner braunen Haut sah sie aus wie Farnkraut. Er trug einen lila und gold gestreiften Schlafanzug, wahrscheinlich der von Lander; die Hose war ihm zu kurz. Am Knöchel hatte er eine Wunde und am Handgelenk ein Pflaster. Seine Hände hingen schlaff an seiner Seite, der Mund stand offen, die Zähne vom Kauen abgenutzt, wie die eines Schafs.
Aamir Anwar lag flach auf dem Rücken, das Kissen von Landers Einzelbett lag ordentlich auf einem Stuhl. Der Kopfhörer, auf dem AM Radio lief, hing ihm schief auf dem
Kopf, so dass ein rundes Stück grauer Schaumstoff auf seiner Wange ruhte und das andere unter seinem Kopf klemmte.
Hinter ihnen flüsterte Lander: »Er muss schlafen. Er hat eine Tablette genommen.«
Morrow drehte sich blitzschnell auf dem Absatz um. »Wie zum Teufel ist er überhaupt hierhergekommen?«
»Ich weiß es nicht. Hat an meine Tür geklopft. Meinte, er müsse sich ausruhen. Ich wollte sie ja anrufen, aber er meinte, ich solle ihm eine Minute Zeit lassen, und ob er eine Schlaftablette haben könnte.« Er zeigte auf die Kopfhörer. »Die Australier werden gerade vermöbelt.« Er lächelte, als müssten sich alle über die Nachricht freuen.
»Seine Angehörigen sind außer sich vor Angst!«, sagte sie und wusste, dass es gelogen war, wusste, dass sie eigentlich von sich selbst sprach.
Lander betrachtete seinen alten Freund, dessen Brustkorb sich langsam hob und senkte, und grinste so breit, dass alle seine Zahnstummel sichtbar wurden. »Ja«, sagte er, »aber Aamir geht’s gut. Und alles andere ist mir schnuppe.«
Vor der Raststätte hatte sich eine Menschenmenge versammelt, eine Reisegruppe älterer Menschen aus Newcastle, unterwegs in die Highlands. Sie wollten leckere Sandwiches von Marks and Spencer’s für die Fahrt in den Norden kaufen und hatten sich an der Kasse vor dem Fenster mit Blick auf die Autobahn angestellt.
Auf der anderen Seite des Vorplatzes standen die beiden jungen Leute eng beieinander, er hielt die Zapfpistole, sie lehnte ihre Stirn an seine freie Schulter. Aleesha und Roy betankten den Wagen für eine lange Fahrt.
Der Zapfhahn summte, die Anzeige klickte und sie flüsterte an seiner Seite: »Roy?«
»Ja?«
»Roy.«
Er seufzte tief und zufrieden. »Ja.«
Sie räusperte sich. »Roy? Du weißt schon … das erste Mal …«
Roy schlang ihr seinen freien Arm um die Hüfte und zog ihren zierlichen Körper näher zu sich heran. »Das erste Mal was?«
Sie antwortete
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