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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Dies Vergnügen war ihnen nun schon eine Weile vergangen, das Gelagehatte sich, wie man zugab, über die Maßen hinausgezogen, und es entstand die Frage, wie man es zu einem Ende bringen könnte. Daher die Weigerung Toms. Aber diese Weigerung war nur für den Augenblick bestimmt und hatte offenbar keinen Erfolg, denn die Boten des Königs, von Tom in Sanssouci zurückgewiesen, würden in » The Land we live in « von dem habgierigen Mr. Williams versorgt werden.
    Der Gefahrengrad war damals nicht leicht abzuschätzen, und ich neige heute zu der Ansicht, daß man ihn etwas übertrieb. Aber die Haltung von Trunkenbolden selbst bei uns in der Heimat ist immer eine ängstliche Angelegenheit, und bei uns zu Hause ist die Bevölkerung von den Niedrigsten bis zu den Höchsten nicht mit Revolvern und Repetiergewehren bewaffnet; auch gehen wir nicht städteweise auf den Bummel, oder ich möchte sagen staatweise, während hier König, Magistrat, Polizei und Armee sich alle zu allgemeiner Betrunkenheit vereinigten. Auch muß man bedenken, daß wir hier auf Barbareninseln weilten, die selten besucht werden und erst seit kurzer Zeit und nur teilweise zivilisiert sind. In der Tat ist auf den Gilbertinseln eine immerhin beträchtliche Anzahl von Weißen, hauptsächlich durch eigenes Verschulden, umgekommen, und die Eingeborenen haben in mehr als einem Fall Neigung gezeigt, eine Metzelei als Unglücksfall darzustellen und nichts übrigzulassen als abgenagte Knochen. Dieser letzte Umstand war der Hauptgrund gegen ein plötzliches Schließen der Bars, denn die Barkeeper standen mitten in der Bresche und hatten es mit Verrückten zu tun. Mit ziemlicher Sicherheit würde die Verweigerung von Alkohol jeden Augenblick eineSchlägerei hervorrufen können, und die Schlägerei könnte das Signal für ein Blutbad werden.
    Montag, den 15. Juli. Zu derselben Stunde wie gestern kehrten wir zu demselben Maniap' zurück. Ausgerechnet Kümmel machte in Gläsern die Runde, in der Mitte saß der Kronprinz, ein fetter junger Mann, umgeben von vollen Flaschen, und gebrauchte eifrig den Korkenzieher. König, Häuptlinge und Volk hatten alle den hängenden Mund, die schlaffe Haltung und den starren, glänzenden Blick des Trinkers am frühen Morgen. Es war uns klar, daß wir ungeduldig erwartet wurden, der König zog sich schleunigst zurück, um sich anzuziehen, die Wachen wurden nach ihren Uniformen gesandt, und wir blieben in Erwartung dieser Vorbereitungen zurück mit einem Haus voll betrunkener Eingeborenen. Die Orgie war schon weiter fortgeschritten als am Sonntag. Der Tag versprach sehr heiß zu werden, es war bereits schwül, die Höflinge waren schon berauscht, und immer noch machte der Kümmel die Runde, der Kronprinz spielte den Kellner. Flämische Ungezwungenheit folgte flämischen Exzessen, und ein lustiger hübscher Kerl, bunt gekleidet, mit einem großen Turban von gekräuseltem Haar, erheiterte die Gesellschaft durch einen heiteren Flirt mit einer Dame in unbeschreiblicher Manier. Wir wurden in dieser Wartezeit abgelenkt durch die Betrachtung der sich versammelnden Wachtmannschaften, die europäische Waffen, europäische Uniformen und, zu ihrem Schmerz, europäische Schuhe trugen. Wir blickten zu, wie einer dieser Krieger mit diesem Kleidungsstück gleich Mars bewaffnet wurde: zwei Männer und eine starke Frau waren kaum stark genug, ihm die Schuhe anzuziehen, und nach einereinzigen Parade ist die Armee für eine Woche verkrüppelt.
    Schließlich öffneten sich die Tore des Königshauses, die Armee schritt heraus, ein Mann nach dem andern, mit Gewehren und Achselstücken, die Fahnen senkten sich unter dem Torweg, Se. Majestät folgte in seiner goldbesetzten Uniform, die Gemahlin Sr. Majestät kam hinterher in Federhut und reich verziertem Seidengewande, die königlichen Sprößlinge folgten: so entwickelte sich der Hofstaat von Makin auf der selbstgewählten Bühne. Dickens könnte berichten, wie ernst sie alles nahmen, wie betrunken sie waren, wie der König unter dem aufgestülpten Hut in Schweiß zerfloß, wie er sich neben die größte seiner zwei Kanonen stellte, erhaben, majestätisch, aber nicht ganz gerade, wie die Truppen schwankten, ausgerichtet wurden und wieder zusammensanken, wie sie und ihre Donnerbüchsen gleich Schiffsmasten in die verschiedensten Richtungen wiesen, und wie ein Amateurphotograph sie nun in Augenschein nahm, gruppierte und zurechtrückte, um immer wieder alles verändert zu finden, bevor er den Apparat

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