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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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unterhalten, die man nicht sah, die nicht schlafen, die aber nicht immer still waren.Näherte sich jemand in den Stunden der Nacht, so geht ein Weckruf rund um die Palisade: jeder Wachtposten signalisiert dem benachbarten durch einen Steinwurf, das Aufschlagen fallender Kiesel macht die Runde und stirbt ab, und die Wächterinnen Tembinok's kauern schweigend auf ihren Plätzen wie zuvor.
Viertes Kapitel
Der König von Apemama: Equatorstadt und der Palast
    Fünf Personen wurden bestimmt, uns aufzuwarten. Onkel Parker, der uns Palmwein und grüne Nüsse brachte, war ein ältlicher, beinahe schon alter Mann mit dem Gemüt, der Betriebsamkeit und der Moral eines zehnjährigen Knaben. Sein Gesicht war alt, komisch und diabolisch, die Haut spannte sich über straffe Sehnen wie ein Segel am Tau, und er grinste mit jeder Muskel seines Kopfes. Seine Nüsse mußten jeden Tag gezählt werden, wenn er uns nicht betrügen sollte, sie mußten täglich geprüft werden, sonst waren bestimmt einige nicht geschält. Nichts als der Name des Königs, und auch der kaum, hielt ihn bei seiner Pflicht. Nachdem er seine Arbeiten verrichtet hatte, gaben wir ihm Pfeife, Streichhölzer und Tabak, und er setzte sich auf den Fußboden im Maniap' nieder, um zu rauchen. Scheinbar bewegte er sich nicht aus seiner Stellung, und doch war jeden Tag der Tabak verschwunden, wenn er die Sachen zurückgeben sollte, erhatte es möglich gemacht, ihn unter das Dach zu verstecken, wo er ihn am folgenden Morgen strahlend hervorholte. Obgleich dies Zauberkunststück regelmäßig vor drei oder vier Paar Augen ausgeübt wurde, konnten wir ihn niemals auf frischer Tat ertappen, und obgleich wir alles durchsuchten, wenn er fortgegangen war, konnten wir den Tabak niemals finden. Das waren die Scherze Onkel Parkers, eines Mannes von nahezu sechzig Jahren, aber er wurde nach seinen Missetaten bestraft: meine Frau bekam Lust, ihn zu malen, und die Qualen beim Sitzen waren unbeschreiblich groß.
    Drei junge Mädchen kamen vom Palast, um unsere Wäsche zu waschen und mit Ah Fu herumzutollen. Sie gehörten der niedrigsten Klasse an, kleine Schmarotzer, die man für die Handelskapitäne zur Verfügung hielt, wahrscheinlich aus der Hefe des Volkes, vielleicht von anderen Inseln, ohne viel Erziehung und nicht sehr reizend, aber nette und lustige Mädel in ihrer Art. Die eine nannten wir das Gassenmädel, denn man findet ihresgleichen in allen Scheunenvierteln jeder Großstadt, dasselbe hagere, dunkeläugige, lebhafte, gewöhnliche Gesicht, dasselbe plötzlich herausbrechende kreischende Lachen, jenes unverfrorene und doch verängstigte Benehmen, mit scheuen Seitenblicken auf jeden Schutzmann – nur war hier der Schutzmann ein lebender König und sein Knüppel ein Gewehr. Ich bezweifle, ob man irgendwo außerhalb dieser Inselwelt oder auch hier oft ein Mädel findet wie Fatty, ein Koloß, der beinahe ebensoviel Stones (vierzehn englische Pfund) wiegen mochte, wie er Sommer zählte. Sie würde einen guten Gardesoldaten abgegeben haben,obgleich sie das Gesicht eines Säuglings hatte und ihre riesigen Körperkräfte fast ausschließlich zum Spielen verwandte. Aber sie waren alle drei von derselben Lustigkeit. Das Waschen wurde unter lärmendem Spiel besorgt, sie rannten umher und verfolgten sich, bespritzten und bewarfen sich, kugelten sich im Sande hin und her, und das Schreien und Lachen nahm kein Ende, wie bei Ferienkindern. In der Tat, mochte auch ihr Dienst in jenen ernsten Räumen sehr eigenartig sein, sie waren doch für einen Tag aus der größten und strengsten Mädchenschule der Südsee entwichen.
    Unser fünfter Diener war kein Geringerer als der königliche Koch. Gesicht und Körper waren auffallend schön, er war faul wie ein Sklave und frech wie ein Fleischerjunge. Er schlief und rauchte in den verschiedensten graziösen Stellungen und Lagen in unseren Räumen. Aber abgesehen davon, daß er Ah Fu nicht half, gab er sich nicht einmal die Mühe, ihm zuzuschauen, man kann sagen, daß er herkam, um zu lernen, und da war, um zu lehren, und seine Lektionen waren manchmal schwer zu ertragen. Zum Beispiel schickte man ihn aus, um einen Eimer am Brunnen zu füllen. Ungefähr auf halbem Wege fand er meine Frau, die ihre Zwiebeln begoß, wechselte seinen Eimer mit dem ihren aus, ließ den leeren zurück und kehrte mit dem vollen in die Küche zurück. Ein andermal gab man ihm ein Gericht Klöße für den König und sagte ihm, sie müßten heiß gegessen werden, er solle sie so

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