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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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sofort befanden wir uns in lebhafter Unterhaltung über die Kirche von Hatiheu. Bruder Michel sprach von seinen Arbeiten immer mit feinem Humor, dem sichtlich ernsthafter Stolz zugrunde lag, und der Übergang von dem einen zum andern war oft durchaus menschlich und unterhaltsam. »Ihre mittelalterlichen Wasserspeier!« rief ich aus, »wie originell sie sind!« – »Nicht wahr? Sie sind sehr lustig!« sagte er breit lächelnd; und im nächsten Augenblick fügte er plötzlich ernst hinzu: »Einer von ihnen ist mißglückt, ich muß das einsehen.« Ich fragte ihn, ob er irgendein Vorbild gehabt habe, ein Punkt, den wir oft beredet hatten. »Nein,« sagte er schlicht, »es ist eine ideale Kirche.« Das Relief war seine Lieblingsleistung, und mit Recht. Die Engel an der Tür möchte er, wie er behauptete, am liebsten zertrümmern und ersetzen. »Sie haben kein Leben, ihnen fehlt das Leben. Sie sollten meine Kirche in Dominik sehen, ich habe dort eine heilige Jungfrau, die wahrhaft zierlich ist.« – »Ah,« rief ich aus, »man hat mir erzählt, Sie hätten geäußert, nie wieder eine Kirche bauen zu wollen, und ich schrieb in mein Tagebuch, ich könne das nicht glauben.«»Ja,« bekannte er und lächelte, »ich würde gern eine andere bauen!« Ein Künstler wird begreifen, wie sehr mich diese Unterhaltung fesselte. Nichts verbindet so nahe wie die Gemeinschaft des aufrichtigen Interesses und des fast schamhaften Stolzes, die den klugen, der Kunst verbundenen Mann auszeichnen. Er kennt die Grenzen seines Strebens, die Mängel seines Werkes, er lächelt darüber, angesichts des drohenden Todes auf diese Art beschäftigt zu sein, aber sieht in seiner Hingabe etwas Würdevolles. Wenn Künstler denselben Humor besäßen wie die Auguren, würden sie lächeln, wenn sie einander begegnen, aber das Lächeln würde nicht spöttisch sein.
    Ich hatte Gelegenheit, diesen vortrefflichen Mann oft zu sehen. Er segelte mit uns von Tai-o-hae nach Hiva-oa, eine furchtbare Fahrt von neunzig Meilen gegen schwere See. Man nannte das eine gute Überfahrt, es war ein Ehrentag für die »Casco«, aber es waren die schlimmsten vierzig Stunden, die wir alle jemals erlebt hatten. Wir wurden die ganze Zeit herumgeworfen und durcheinandergewürfelt wie Schrot in einer Bühnendonnermaschine. Der Steuermann stürzte zu Boden und riß sich den Schädel auf, der Kapitän war krank an Deck, der Koch krank in der Kombüse. Von der gesamten Reisegesellschaft saßen nur zwei bei Tisch. Ich war der eine. Ich gestehe, daß ich mich schauderhaft schlecht fühlte, und von dem andern, der behauptete, ganz wohl zu sein, kann ich nur berichten, daß er sehr bald von der Tafel floh. Unter diesen Umständen fuhren wir an der Windseite der Küste dieser unbeschreiblichen Insel Ua-pu vorüber und sahen mit trüben Augen die Höhlen, Vorgebirge, Brecher, kletterndenWälder und unzugänglichen Felsspitzen über dem Gebirgsrücken. In einem dunklen Winkel unserer Erinnerung haftet dieser Anblick wie die Szenerie eines Alpdrucks. Der Abschluß dieser entsetzlichen Fahrt, die Landung unserer Passagiere, spielte sich unter ähnlich rauhen Verhältnissen ab. Die Brandung überflutete den Strand von Taahauku, das Boot legte sich breitseit und schlug um, die ganze Besatzung fiel ins Wasser. Nur der Bruder selbst, der an solche Dinge gewöhnt war, sprang, fast ohne einen Spritzer abzubekommen, mit einer geradezu wunderbaren Geschicklichkeit ans Land. Von nun ab war er während unseres Aufenthaltes in Hiva-oa unser Führer und Freund, er geleitete uns, machte Ausflüge mit uns, stand in jeder Beziehung zu unserer Verfügung und gewann täglich mehr und mehr unsere Liebe.
    Michel Blanc war früher Tischler gewesen, hatte ein Vermögen gesammelt und sich zur Ruhe gesetzt im Glauben, die Arbeit seines Lebens sei getan, und hatte nur, weil er den Müßiggang als gefährlich empfand, Kapital und Fähigkeiten der Mission zur Verfügung gestellt. Er wurde ihr Tischler, Maurer, Architekt und Ingenieur, übte sich in der Bildhauerei und war berühmt wegen seiner Gartenbaukunst. Er sah aus wie ein beneidenswerter Mann, der einen Hafen gefunden hat nach des Lebens Irrfahrten und dort sicher vor Anker liegt, ging seinen Geschäften in heiterer Einfalt nach, beklagte sich nicht über Mangel an Erfolgen – im Innersten vielleicht zufrieden mit seinen Bildhauerleistungen – und war im großen Ganzen das Musterbeispiel eines Laienmissionars.
Achtes Kapitel
Der Haupthafen
    Der Hafen – der

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