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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schreiben, wieder betenund rechnen, nochmals Gebet am Schluß: das schien der langweilige Verlauf des Unterrichts zu sein. Für das Rechnen haben alle Insulaner eine natürliche Begabung. Auf Hawaii machen sie gute Fortschritte in der Mathematik. In einem Dorf auf Majuro und allgemein auf den Marschallinseln sitzt die ganze Bevölkerung rund um den Händler, wenn er die Kopra auswiegt, und jeder schreibt die Zahlen auf seine eigene Schiefertafel und zieht die Summe. Der Händler fand sie sehr geschickt und ging zu Brüchen über, für die sie keine Regeln gelernt hatten. Zuerst waren sie ganz stutzig, aber schließlich fanden sie durch zähes Nachdenken das Resultat, und einer nach dem andern bestätigte dem Händler, daß er recht habe. Nicht viele Europäer hätten eine ähnliche Leistung vollbracht. Der Unterricht in Hatiheu ist also nicht so geisttötend für Polynesier, wie ein Fremder vermuten könnte, und doch, wie dürftig ist er im besten Falle! Ich fragte den Bruder, ob er ihnen keine Anekdoten erzähle, und er starrte mich an; ob er sie nicht Geschichte lehre, und er sagte: »Ach ja, ein bißchen Biblische Geschichte aus dem Neuen Testament«, und wiederholte seine Klagen über den Mangel an Erfolgen. Ich hatte nicht den Mut, weitere Fragen zu stellen, ich konnte nur antworten, es müsse sehr entmutigend sein, und widerstand der Versuchung, hinzuzufügen, das sei allzu natürlich. Er blickte auf: »Meine Tage sind gezählt,« sagte er, »der Himmel erwartet mich.« Möge dieser Himmel uns verzeihen, aber ich war ärgerlich auf den alten Mann und seinen bequemen Trost. Man denke die Möglichkeiten aus! Die Jugend von sechs bis fünfzehn Jahren wird von der Regierung aus den Elternhäuserngenommen, in Hatiheu versammelt, wo man sie durch eine wöchentliche Nahrungsmittelsteuer unterhält und, mit Ausnahme eines einzigen Monats jährlich, völlig der priesterlichen Leitung übergibt. Seit der Ausreißerei, die wir schon erwähnten, sind die Ferien für Mädchen und Knaben getrennt gelegt, so daß Bruder und Schwester von den Marquesas sich nach Abschluß der Erziehung als völlig Fremde wiedersehen. Ein hartes und höchst unpopuläres Gesetz, aber welche Macht legt es in die Hände der Erzieher, und wie gleichgültig und langweilig wird diese Macht von den Missionen ausgenutzt! Die übermäßige Sorge, die Eingeborenen fromm zu machen, eine Absicht, die zugestandenermaßen verfehlt ist, gibt, wie ich vermute, die Erklärung für dies jammervolle System. Und doch könnten sie in der Mädchenschule zu Tai-o-hae bei den eifrigen, hausfraulichen Schwestern ein Bild wirklicher Tüchtigkeit sehen, voll Sauberkeit, Frische und begeisterten, sinnvollen Schaffens, das sie zu lebendigeren Unterrichtsmethoden anreizen sollte. Die Schwestern selbst beklagen sich über Mißerfolge. Sie behaupten, daß die jährlichen Ferien alle Arbeit zunichte machen, und daß die Mädchen von herzloser Gleichgültigkeit sind. Von den vielen hübschen und scheinbar liebevollen Zöglingen, die sie gelehrt und aufgezogen haben, kehrten nur zwei zurück, um einen Erinnerungsbesuch bei ihren Lehrerinnen zu machen. Sie kamen fast regelmäßig, aber die andern verschwinden nach ihrer Schulzeit in die Wälder wie gefangene Insekten. Man kann sich schwerlich etwas Entmutigenderes vorstellen, und doch glaube ich, die Damen sollten nicht verzweifeln. Eine Zeitlang halten sie die Mädchen lebendigund in unschuldiger Beschäftigung, und wenn es überhaupt eine Möglichkeit gäbe, das Volk zu retten, so wäre dies der Weg. Der Knabenschule zu Hatiheu kann man dies Lob nicht spenden. Die Tage für sie alle sind gezählt, auf Lehrer und Schüler wartet der Tod, er ist schon auf dem Marsche, und in der Zwischenzeit sitzen sie da und gähnen. Aber das Leben verfolgt auch mit den geringfügigsten Mitteln seine Absichten, auch die lahmste Anstrengung geht nicht verloren, und selbst die Schule von Hatiheu mag vielleicht mehr Nutzen stiften, als es scheint.
    Hatiheu ist ein Ort von einigem Ansehen. Den letzten Teil der Bucht gegen Anaho zu könnte man das bürgerliche Viertel nennen, denn es brüstet sich mit dem Hause Kooamuas, und nahe am Strande steht unter einem großen Baume das des Gendarmen M. Armand Aussel mit seinen Glocken, seinen Gemälden, seiner Bibliothek und seiner ausgezeichneten Tafel, an der Fremde willkommen sind. Kein größerer Widerspruch ist denkbar als zwischen der Gendarmerie und der Priesterschaft, die übrigens in tiefem Gegensatz

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