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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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seinem Ruder, aber für sich selbst fürchtete er nichts. »Sie waren sehr gut zu mir, gaben mir eine Menge Brei zu essen, einen Weißen wollten sie nicht verzehren«, sagte er.
    Wenn Mr. Stewart die furchtbarsten Erlebnisse hatte, so geriet dagegen Kapitän Hart in die größte persönliche Gefahr. Er hatte von Timau, dem Häuptling an einer benachbarten Bucht, ein Stück Land gekauft und ließ es von einigen Chinesen bearbeiten. Als er die Station mit einem der Leute Godeffroysbesuchte, sah er seine Chinesen angsterfüllt am Strande versammelt: Timau hatte sie fortgejagt, ihre Habe geraubt und trug wie seine Soldaten Kriegsausrüstung. Ein Boot wurde eiligst nach Taahauku geschickt, um Verstärkungen zu holen, und während sie die Rückkehr abwarteten, sahen sie vom Deck des Schoners Timau und seine Leute auf dem Gipfel des Hügels bis nach Mitternacht den Kriegstanz tanzen. Sobald das Boot ankam, das drei mit Chassepots bewaffnete Gendarmen, zwei Weiße von der Station Taahauku und einige eingeborene Krieger brachte, brach die Gesellschaft auf, um den Häuptling zu ergreifen, ehe er erwachte. Der Tag war noch nicht angebrochen, und es war ein sehr heller Mondscheinmorgen, als sie den Gipfel erreichten, wo Timau in einer Hütte von Palmzweigen seinen Rausch ausschlief. Die Angreifer waren ohne jede Deckung, das Innere der Hütte ganz dunkel, die Lage also sehr gefährlich. Die Gendarmen knieten mit angeschlagenem Gewehr nieder, und Kapitän Hart ging allein vor. Als er sich dem Eingang näherte, hörte er den Hahn eines Gewehrs schnappen, und in reiner Selbstverteidigung – es gab keinen andern Ausweg – sprang er in die Hütte und packte Timau. »Timau, komm mit mir!« schrie er. Aber Timau, ein riesiger Kerl, die Augen blutrot vom übermäßigen Genuß von Kava, sechs Fuß und drei Zoll groß – stieß ihn in die Seite, und der Kapitän, der erwarten mußte, im nächsten Augenblick erschossen oder erschlagen zu werden, feuerte seine Pistole ab ins Dunkle. Als man Timau ins Mondlicht hinaustrug, war er bereits tot, und die Weißen scheinen bei diesem unerwarteten Abschluß ihres Angriffs alle Haltung verloren zu haben,zogen sich zu den Booten zurück und feuerten auf die Eingeborenen. Kapitän Hart, der an Popularität beinahe Bischof Dordillon gleichkommt, befolgte den Eingeborenen gegenüber dieselbe Politik der Nachsicht, betrachtete sie als Kinder, entschuldigte ihre Fehler und setzte sich immer für milde Behandlung ein. Der Tod Timaus hat also sein Gemüt einigermaßen belastet, um so mehr, da man die Waffe des Häuptlings ungeladen in der Hütte vorfand. Einem weniger empfindsamen Gewissen mag der Vorfall unbeträchtlich erscheinen. Wenn ein betrunkener Wilder zur Feuerwaffe greift, braucht ein ohne Deckung gegen ihn vorrückender Weißer nicht abzuwarten, ob sie geladen ist.
    Ich habe die Popularität des Kapitäns erwähnt. Sie gehört zu den Tatsachen, die dem Fremden auf den Marquesas am meisten auffallen. Er stößt sofort auf zwei Namen, beide neu für ihn, aber beide berühmt in der ganzen Gegend, beide von allen in Liebe und Hochachtung genannt, die Namen des Bischofs und des Kapitäns. So wurde in mir der lebhafte Wunsch wach, den Überlebenden kennenzulernen, und er wurde mir zum Vorteil dieses Buches erfüllt. Viel später traf ich wieder einmal, bei dem sogenannten Ort der Schmerzen, auf Molokai, auf Spuren dieser herzlichen Anhänglichkeit. Ein blinder Aussätziger befand sich dort, ein alter Seemann – er nannte sich einen alten Seebären –, der lange Zeit die östlichen Inseln befahren hatte. Ich pflegte ihn zu besuchen, und da ich soeben vom Felde seiner Tätigkeit kam, erzählte ich ihm allerlei Neuigkeiten. Es handelte sich dabei, wie es die Inseln mit sich bringen, hauptsächlich um Berichte überSchiffsuntergänge, und zufällig erwähnte ich einen nicht sehr erfolgreichen Kapitän, der ein Schiff Mr. Harts verloren hatte. Da brach der blinde Aussätzige in Wehklagen aus: »Hat er ein Schiff John Harts verloren?« rief er, »armer John Hart! Das tut mir leid, daß es Harts Schiff war!«, mit allerlei unnötig kraftvollen Beiworten, die ich nicht wiedergeben möchte.
    Hätte Kapitän Hart weiterhin Glück gehabt in seinen Geschäften, so wäre seine Popularität vielleicht geschwunden. Erfolg bringt Ruhm, aber tötet die Liebe, die das Unglück nährt. Und das Unglück, das über Kapitän Harts Unternehmungen hereinbrach, war wirklich einzigartig. Er hatte den Gipfel seiner Laufbahn

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