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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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beugte sich dann zu mir herunter, um mir einen Schmatzer auf die Wange zu drücken, wobei ihr fast der Busen aus dem violetten Spitzen- BH unter dem orangefarbenen Batiktop fiel, bevor sie um den Tisch herumging, Shane über die breite Schulter rieb und schließlich Abby ihre Rechte hinhielt. »Hi, ich bin Holly!«
    Hastig hatte Abby ihren Arm vom Tisch genommen und die Ärmel wieder heruntergezerrt, doch noch während sie zu einem gemurmelten Gruß ansetzte, fiel ihr Holly ins Wort. »Du, Süße, nimm’s mir bitte nicht übel, wenn ich so mit der Tür ins Haus falle – aber was um alles in der Welt ist denn mit deinem Make-up passiert? Du siehst ja aus wie geradewegs von den Toten auferstanden!«
    Eigentlich war das nicht komisch. Überhaupt nicht komisch. Normalerweise.
    Aber was bei uns war schon normal?
    Während Abby noch betreten zu Holly hinaufschielte, zuckte es bereits um ihren Mund, und wir glucksten alle in uns hinein. Und als Holly uns mit großen Kulleraugen reihum ansah und mit einem heiseren Lachen fragte: »Hey – hab ich was verpasst?!«, war alles zu spät, und wir brachen in schallendes, fast ein bisschen hysterisches Gelächter aus.
    Danach drehten wir noch eine Runde durch das Getümmel auf dem Pier. Vorbei an einem Hot-Dog-Wagen vor einem zweistöckigen Shop mit Fanartikeln der San Francisco Giants und Forty-Niners und anderen Clubs der National Football League und der Major League Baseball, einem Büdchen mit bestimmt dreißig verschiedenen Sorten handtellergroßen Cookies in der Glasvitrine und einem Stand mit regenbogenbuntem Badesalz in großen Holzfässern, die einen penetranten Seifengeruch verströmten. Diverse Souvenirgeschäfte und Schmuckläden reihten sich auf zwei Ebenen in den sommerlichen Holzhäuschen aneinander; einen irischen Laden gab es, und einen, der Buddhas und anderen Esoterikkram führte und dementsprechend Enlightenmen t, »Erleuchtung«, hieß, und irgendwo hinter dem riesigen nostalgischen Karussell, das richtig gut in die Welt von Alice im Wunderland gepasst hätte, gab es ein absolutes Süßkramparadies, in dem wir uns aus hüfthohen Holzfässern eine Tüte bunt gemischter Bonbons und Toffees zusammenstellten.
    Auf der Rückseite des Wipeout drängten wir uns zwischen die Trauben von Touristen an die Kaimauer, um den Seelöwen zuzuschauen. Kein Wunder, dass ihr tiefes, sattes Örrk-Örrk-Öörrk-Örrk-Öörkk schon von Weitem zu hören war; es mussten mehrere Hundert sein, die sich dicht an dicht auf den schwimmenden Pontons in der Sonne aalten.
    Lange standen wir dort, mit Blick auf Alcatraz weit draußen im Meer und auf das Restaurant von Forbes Island mit seinem kleinen Turm neben hohen Palmen direkt vor uns, und wir konnten nicht genug davon bekommen, den dicken, prallen Seelöwen zuzugucken. Mit glänzendem Fell lagen sie faul herum, dösten und grunzten zufrieden, robbten übereinander weg, schnappten nacheinander und röhrten sich empört an. Dann wieder ließen sie sich schwerfällig über die Kante hinweg ins Wasser plumpsen, wo sie verblüffend elegant herumschwammen. Mit den Augen verfolgten wir die Pelikane, die sich durch die Luft gleiten ließen, um dann im Sturzflug ins Wasser zu tauchen und wieder daraus aufzusteigen. Über uns zogen kreischend die riesigen Möwen San Franciscos ihre Runden und auf dem Wasser kreuzten Ausflugsschiffe, Kutter und Frachter umher. Nach Fisch und Tang roch es, nach Wasser und Wind und ein bisschen nach Freiheit und Sorglosigkeit.
    Ich glaube, ich war nicht die Einzige, die irgendwann vergaß, worüber wir beim Essen geredet hatten. Für den Rest des Tages waren wir einfach ein paar Freunde, die Spaß hatten. Und ich glaube auch, ich war an diesem Tag nicht die Einzige, die sich wünschte, dass es noch mehr solche Tage geben würde, an denen unser Leben ganz einfach war. Wenigstens ein paar Stunden lang.

53
    Ich betrachtete sie, wie sie mit geschlossenen Augen in meinem Arm lag, halb im Schein der Lampe neben ihrem Bett, halb in dem Schatten, den ich auf sie warf.
    Vermutlich ahnte sie nicht mal, wie sehr sie meine Welt verändert hatte. Ständig lernte ich neue Worte von ihr, die Namen von Dingen, die ich zwar gesehen hatte, mir auch ihren Zweck hatte zusammenreimen können, aber nicht wirklich verstanden hatte. Dinge, die jenseits meiner Vorstellungskraft lagen, bis Amber sie mir zeigte und erklärte. Emm-Pe-drei-Player. Ce-Deh. Handy. Laptop. Internet. Letztere beide fand ich besonders faszinierend, und oft machte

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