In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
herum. Er gab ein ersticktes Husten von sich, dann noch eins; seine Backen blähten sich auf und eine flammende Röte kroch seinen Hals hinauf.
»Spuck’s in die Spüle oder schluck’s runter«, empfahl Holly ihm vergnügt. »Aber mach mir bloß keine Sauerei in der Küche.«
Matt hüpfte auf einem Bein durch die Küche und wedelte dabei mit der freien Hand, bis er sein Cola hinuntergezwungen hatte. Er hustete ein paarmal, keuchte und japste und herrschte mich dann schwer atmend an: »Was zum Henker machst du denn hier?!«
»Ähm … Kaffee trinken und reden?«, gab ich zurück, hob meine Tasse an und konnte mir dann nicht verkneifen, herausfordernd unschuldig hinzuzufügen: »Und du?«
Matt wurde glutrot und machte auf dem Absatz kehrt. »Ich geh duschen«, bellte er über seine Schulter hinweg, und kaum dass er die Badezimmertür hinter sich zugeknallt hatte, brachen Holly und ich in Lachen aus, bis wir krampfhaft nach Luft schnappten.
Verstohlen schielte ich immer wieder zu Matt hin, der in Baggypants und den üblichen zwei Shirts übereinander neben mir die Sutter Street entlangmarschierte. Sein Totenkopftuch um den Hals und den Rucksack über der Schulter, schien er es sehr eilig zu haben. Oder wollte mich unterwegs abschütteln. Die ganze Zeit über versuchte ich, mir Holly und Matt nicht beim Sex vorzustellen, aber das war genau dieselbe Sache wie mit dem blauen Elefanten, die wir im Psychologiekurs gehabt hatten: Je mehr ich versuchte, nicht daran zu denken, desto lebhafter hatte ich Bilder von sexy Holly und Matt zusammen im Bett im Kopf, der in Boxershorts so schmächtig und jungenhaft aussah wie ein Vierzehnjähriger.
»Coole Farbe«, sagte ich irgendwann leise, um wenigstens irgendwas von mir zu geben. »Wie heißt die?«
»Atomic Blue« , knurrte er.
Ich zögerte. »Wie lange geht das schon mit Holly und …«
»Klappe!« Er hatte definitiv eine Scheißlaune.
»Ich war heute im China Bazaar«, versuchte ich noch einmal, ein Gespräch mit ihm in Gang zu bringen. »Du hast echt nette Eltern!«
Jäh blieb Matt stehen. »Spionierst du mir hinterher oder was?! Hast du kein eigenes Privatleben?!«
»Was tickst du denn gleich so aus?«, schoss ich zurück. »Womit genau hast du ein Problem, hm?!« Matt sank in sich zusammen und ließ den Kopf hängen, und sanft berührte ich ihn am Arm. »Wir sind doch Freunde – oder … oder nicht?«
»Jaaah, schon«, brummte Matt und kaute dann energisch auf seiner Unterlippe herum. »Es … es ist mir eben peinlich«, murmelte er schließlich vor sich hin. »Dieser ganze … Asia-Kitsch.« Er lachte trocken auf. »Kannst du dir vorstellen – Mom und Dad haben beide einen Abschluss in Berkeley gemacht, Mom in Literatur und Dad in Biologie, aber das große Geld kam erst mit dem Laden, den sie damals als winzige Bude von meiner Granny und meinem Grampa übernommen haben. Und … und es ist mir peinlich, dass es mir peinlich ist, weil ihnen viel an dem Laden liegt. Weil sie durch den Laden meine ganzen Behandlungen zahlen konnten, und auch bessere, als ich sonst wohl gekriegt hätte. Wir leben mehr als gut davon, und ich muss mir keine Sorgen machen, wo später die Kohle für die Uni herkommt. Aber trotzdem …« Er legte den Kopf schräg und sah mich an. »Verstehst du, was ich meine?«
»Ja, versteh ich.« Ich lächelte ihn an und stupste ihn in den Oberarm. »Mich freut’s übrigens, dass du jetzt mit Holly zusammen bist.«
Matt zuckte heftig mit den Schultern. »Wir sind nicht zusammen. Nicht so richtig. Das ist nur so ein … ein Bett-Dings «, grummelte er vor sich hin und kickte einen nicht vorhandenen Stein mit seinem Sneaker beiseite.
Verblüfft sah ich ihn an. »Und das ist okay für dich?«
Er warf den Kopf zurück und grinste breit. »Klar ist das okay! Aber hallo, und wie das okay ist!«
Ich glaubte ihm kein Wort, und während ich stumm neben ihm auf der Sutter Street weiterging, in Richtung von Lori’s Diner, wo wir uns mit Caesar Salad, einem Burger oder einem Moon Doggie vollstopfen wollten, dachte ich darüber nach, wie unglaublich kompliziert das Leben in dem Moment werden konnte, in dem man sein Herz an jemanden verlor.
62
Hollys winziges Apartment bebte unter der wilden Mischung aus Indie-Rock, Wave, Metal, Crossover und Emo, die der Ghettoblaster im Flur mit wummernden Boxen bis in den hintersten Winkel brüllte. Bis jetzt hatte noch kein Hausbewohner empört geklingelt oder die Polizei geholt – aber ich hatte sowieso das
Weitere Kostenlose Bücher