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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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morgen!«
    Ted sah von seinem Schreibtisch auf und seine Brauen hoben sich. »Nach Halloween-Kostüm sieht das aber nicht aus!«
    Meine Wangen wurden heiß. »Wir … wir verkleiden uns dort zusammen, das gehört zur Party dazu!«
    Ted schaute auf seine Armbanduhr. »Und nur dafür, um aus dem Haus zu gehen und dich dann gleich danach auf der Party zu verkleiden, hast du alles in allem rund drei Stunden im Bad gebraucht?«
    Ich zog die Unterlippe zwischen die Zähne und wich Teds Blick aus. Mir wurde gleich noch schlechter bei dem Gedanken, dass er mir auf die Schliche kam, weil ich gar nicht bei Abby zu einer Party mit anschließender Übernachtung eingeladen war, wie ich behauptet hatte; der Pyjama und der Beutel mit Waschzeug und der Zahnbürste in meinem Rucksack waren nur Tarnung. Gefühlte zehn Minuten lang hatte Abby mich bei Starbucks erst nur mit riesigen Augen angestarrt, mir dann aber mit einem teils schelmischen, teils bewundernden und ein bisschen traurigen Lächeln das Alibi zugesichert, um das ich sie gebeten hatte. Und mir hoch und heilig versprochen, den anderen nichts davon zu sagen.
    Verdammt lange sah Ted mich jetzt an. Schließlich räusperte er sich und stand auf. »Wart mal kurz.«
    Irritiert sah ich zu, wie er an mir vorbei und in sein Schlafzimmer ging, dann dort deutlich hörbar herumkramte. Länger als er eigentlich in diesem nüchternen Raum brauchen konnte, der bis auf einen schmalen Kleiderschrank, ein breites Bett und einen Nachttisch praktisch leer und so puristisch gehalten war, dass ein Zen-Meister davor verzückt auf die Knie gesunken wäre.
    »Für alle Fälle«, sagte Ted hörbar bemüht, als er zurückkam und mir zwei Stanniolquadrate mit weichem, rundem und leicht glitschigem Inhalt in die Hand drückte. Ich lief tiefrot an und Ted genauso. Vielleicht weil mir die Frage auf die Stirn geschrieben stand, warum Ted irgendwo in seinem Schlafzimmer Kondome aufbewahrte. »Sind allerdings nicht hundertprozentig sicher, das weißt du, ja?« Verlegen kratzte er sich am Kopf und ich musste lächeln. Er hatte ja keine Ahnung, dass ich mich nicht mit einem Jungen aus Fleisch und Blut traf.
    »Weiß ich, ja. Danke.« Trotzdem schob ich die Kondome in die Hosentasche. »Ich bin dann morgen Vormittag irgendwann wieder da.«
    »Okay. Viel Spaß.« Ted wollte mir die Hand auf die Schulter legen, ließ sie aber doch wieder sinken. »Du siehst sehr hübsch aus«, sagte er dann leise.
    Zum ersten Mal seit vielen Jahren war mir danach, ihn zu umarmen, aber ich traute mich genauso wenig wie er. »Bis morgen«, flüsterte ich nur.
    Mit klopfendem Herzen lief ich eilig die Sacramento Street hinunter. Finsterer als sonst schien mir diese Nacht zu sein, geheimnisvoller, obwohl es gerade erst dunkel geworden war. Vielleicht auch wegen des Nebels, der zäh über die Hausdächer hinweg herunterkroch und das Licht der Straßenlaternen zerstreute. Die Absätze meiner Mary-Janes klackerten auf dem Asphalt, während ich an den zahllosen grinsenden Kürbisgesichtern vorbeiging, die ihren zuckenden rotgoldenen Schein über falsche Spinnweben, Skelette in Uropa-Nachthemden, Hexen mit und ohne Besen und klassische Mini-Gespenster samt Metallketten schickten. Hier in Nob Hill war es ruhig, trotz Halloween; nur von ein bisschen weiter her konnte ich überdreht kreischende Kinder hören und kurz auch johlende Erwachsene und eine gellende Trillerpfeife.
    In mir flatterte alles, als ich in der Franklin Street das Tor aufschob und durch Gebüsch und Gras den Weg zur rückwärtigen Tür einschlug. Ich schaltete die Taschenlampe meines Smartphones ein und leuchtete mir den Weg durch den Korridor in die Eingangshalle, die abgesehen von dem zarten Lichthauch einer Straßenlaterne fast völlig im Dunklen lag.
    Nathaniel? Vor Aufregung blieb mir die Stimme weg und ich räusperte mich. »Nathaniel?«
    »Ich bin hier.«
    Ich fuhr herum und der Schein des Smartphones erfasste ihn, wie er im Türrahmen lehnte. Mein Herz legte einen Fred-Astaire-Steptanz hin, tadadackk, tadadackk, tada-dack-e-didack , und ich drehte mich schnell um. »Bleib kurz da stehen, ja?«, quiekte ich mit einem nervösen Auflachen. »Ich muss nur gerade mal eben …«
    Ich sprach nicht weiter, sondern trippelte hastig zu meiner Decke unter dem Fenster hinüber, setzte den Rucksack ab und wurschtelte mich ungeschickt aus dem Mantel. Mit zitternden Fingern stopfte ich das Handy an seinen Platz und nestelte aus der Vordertasche ein Feuerzeug und eine Handvoll

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