In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
mir jetzt nicht mit diesem albernen, sentimentalen Romantikschmus, den …«
»Hey! Ich war noch nicht fertig!« Drohend hob Abby die Faust, als ob sie Matt einen ordentlichen Boxhieb damit verpassen wollte, so angespannt war sie am ganzen Körper vor Wut. »Was du albern und sentimental nennst, hat für normale Menschen etwas mit Gefühlen zu tun. Und ich find’s zum Kotzen, dass so jemand wie du abfällig darüber redet! Du hast ja so was von keine Ahnung! Du checkst doch kein bisschen, was in den Menschen um dich herum vor sich geht! Du merkst nicht mal, wenn es da jemanden gibt, der …«
»Hey«, Holly zog die Tür auf und stellte die Untertasse mit dem ausgedrückten Stummel auf dem Balkon ab, »hört auf zu streiten. Das hilft uns kein Stück weiter.«
Mit beleidigter Miene drückte Matt die überkreuzten Arme fester vor seine Brust; auf seinen Wangen zeichneten sich glühende Flecken ab, und unter zusammengezogenen Brauen schielte er zu Abby hin, die seinen Blick aus zornblitzenden Augen und mit knallrotem Gesicht erwiderte, während sie ein frisches Taschentuch aus der Packung zupfte und lautstark hineintrompetete.
»Also, wie sieht’s aus?!«, rief Holly mit einer Munterkeit, die hohl klang, und klatschte in die Hände. »Fangen wir an?«
»Ich. Bin. Entzückt«, wiederholte Holly bestimmt schon zum achtzehnten Mal, seit wir Teds Arbeitszimmer betreten hatten. Als sie sich daran erinnerte, wie ich einmal nebenbei erwähnt hatte, was Ted beruflich machte, war es ihre Idee gewesen, uns hier zu treffen. Sie wollte Teds Bücher nach irgendetwas durchstöbern, das uns einen Hinweis darauf geben konnte, was mit Nathaniel und mir an Halloween passiert war. Und vor allem, ob es vielleicht eine Möglichkeit gab, wieder rückgängig zu machen, was sich für uns beide mehr und mehr wie ein Fluch anfühlte. Ted hatte nichts dagegen gehabt, als ich vorsichtig fragte, ob ich an dem Abend, an dem er eine seiner endlosen Konferenzen hatte, Schulfreunde zum Lernen zu mir einladen durfte und ob wir vielleicht auch seine Bücher dazu benutzen könnten. Vielleicht hatte er es auch deshalb erlaubt, weil er spürte, dass mit mir etwas nicht stimmte. Immer wieder musterte er mich beunruhigt, legte mir neuerdings Vitamintabletten auf den Frühstückstisch neben das Glas mit O-Saft und war überhaupt besonders nett zu mir.
»Warum hast du deinem Dad denn nie etwas davon erzählt, dass du Geister sehen kannst?« Ihre Beine in den Springerstiefeln und den geringelten Overknees übereinandergeschlagen, ließ Holly Teds Schreibtischstuhl hin und her pendeln und betrachtete die Vitrinen an der gegenüberliegenden Wand.
»Er glaubt nicht an Geister«, erwiderte ich. Mit einem Buch in der Hand hockte ich auf dem Boden und lehnte mich an Shane, der neben mir saß und systematisch einen ganzen Stapel durchging.
»Na und?«, gab Holly fröhlich zurück. »Das heißt doch nicht, dass du ihm nicht davon erzählen kannst. Wenn er sich beruflich mit so was«, sie hob den aufgeschlagenen Wälzer von ihren Knien an, »beschäftigt, kann ihm das nicht allzu fremd sein. Und wenn ich mir das hier so ansehe«, sie reckte den Arm vor und blätterte völlig ungeniert in Teds Notizen und Ausdrucken auf dem Schreibtisch herum, »scheint dein Dad ein enorm kluger und feinfühliger Mann zu sein!«
Schwach zuckte ich mit den Schultern. Ich konnte mich kaum auf mehr als zwei oder drei zusammenhängende Sätze in einem Buch konzentrieren, geschweige denn eine Diskussion mit Holly anfangen; ständig schweiften meine Gedanken zu Nathaniel ab, voller Sorge, wie es ihm gerade ging und ob er womöglich jetzt gerade wieder diese grauenvollen Schmerzen litt. Und die Angst vor dem, was gerade mit mir passierte, hielt mich dauerhaft im Genick gepackt.
»Mann, ist das ätzend!«, schimpfte Matt auf dem Boden vor dem Fenster vor sich hin und blätterte ungeduldig in einem schon reichlich zerfledderten Buch herum. »Darin gibt’s ja nicht mal ein Stichwortverzeichnis! Völlig unstrukturiert, das Ganze! Da lob ich mir doch eine vernünftige Datenbank!«
»Dann mach dich doch in deinem geliebten Netz auf die Suche, Honey«, säuselte Holly zuckersüß, aber mit einem scharfen Unterton darin. »Falls du darin was Brauchbares finden solltest – was ich allerdings bezweifle – werden wir dir sicher allesamt dankbar die Füße küssen!«
Abwechselnd musterte ich Matt und Holly. Eine gewisse Spannung lag zwischen ihnen in der Luft. In meiner Gegenwart berührten
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