In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
sag mir, dass das nicht wahr ist!« In Hollys Stimme mischten sich Zorn und Panik.
Matt knallte seine Colaflasche so heftig auf den Tisch, dass ihr Inhalt herausschwappte, sprang auf und fegte um den Tisch herum. »Was hat der Dreckskerl mit dir gemacht? Was?! Nun sag schon!« Seine dünnen Finger bohrten sich in meine Schulter und er schüttelte mich.
Hollys Hand umfasste meine, und die Art, wie sie erschrocken den Atem einsog, wie sie meine Finger, die eisig und schlaff in ihren lagen, vergeblich warm zu reiben versuchte, verriet mir, dass sie ahnte, was mit mir los war.
»Ist … Ist das seit Halloween so?«, fragte sie mit heiserer Stimme, und ich nickte beschämt.
Hollys Augen füllten sich mit Tränen; sie legte die Arme um mich und drückte mich fest an sich. »Du dummes, dummes Häschen, du!«, schluchzte sie gegen meine Schulter.
»Kann mir endlich mal jemand sagen, was los ist?!«, kam es beißend von Matt.
70
Grau wie Staub und Asche füllte Dämmerung den Raum, immer wieder durchschnitten von den hellen, vorbeigleitenden Bändern der Autoscheinwerfer im regen Nachmittagsverkehr auf der Franklin und der California Street. Auf dem Boden um die Decke herum flackerten die Flämmchen einer Handvoll Teelichter, warfen ihren goldenen Schein und tanzende Schatten über Nathaniel und mich.
»Warum bist du letzte Nacht nicht gekommen?«, flüsterte ich.
Seine Hand, die unaufhörlich durch meine Haare strich und sie unter einer leichten Brise auffächerte, bewegte sich plötzlich nicht mehr.
»Ich … ich konnte nicht«, antwortete er schließlich. Es klang nicht wie eine Lüge; trotzdem witterte ich etwas darin, das sich auch nicht ganz nach der Wahrheit anhörte, und mir wurde flau in der Magengegend.
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. »Irgendwas ist anders zwischen uns, oder?«, raspelte ich mit trockener Kehle. »Anders als früher.«
Um seinen Mund zuckte es und er streichelte meine Wange. »Ist das nicht immer so – nach der ersten gemeinsamen Nacht?«, kam es rau von ihm, und es klang nach einem schwachen Trost.
»Magst du mich denn nicht mehr?«, würgte ich hervor.
Nathaniel beugte sich über mich und küsste mich auf die Schläfe, einen dieser kleinen, wirbelnden, kribbelnden Küsse. »Mehr denn je«, raunte er mir ins Ohr, bevor er damit fortfuhr, meine Haare mit den Fingern zu durchkämmen. »Ich bin nur … durcheinander seitdem.« Seine Brauen und sein Mund bewegten sich unruhig, als müsste er noch nach den richtigen Worten suchen. »Wenn wir jetzt zusammen sind, ist es mir, als könnte ich unter meinen Händen mehr von dir spüren als früher. Aber wenn du nicht da bist … Dieses Gefühl, das ich von Anfang an für dich hatte – wie es dir geht, was du empfindest … Das habe ich kaum noch, wenn ich dir nicht ganz nahe bin. So wie jetzt. Und ich weiß nicht, warum das … das …« Er stöhnte auf. Seine Hand glitt aus meinen Haaren und verkrampfte sich; seine Brauen zogen sich zusammen, dann sein ganzes Gesicht.
»Nathaniel?«
Er gab einen Laut von sich, der wie ein heruntergeschluckter Schrei klang, und krümmte sich zusammen, die Finger der einen Hand in seine Magengegend gekrallt, während die andere Faust gegen die Decke unter ihm hieb. Erstickte Laute drangen hinter seinen zusammengepressten Lippen hervor, halb zornig, halb qualvoll, als ob er entsetzliche Schmerzen litt.
»Nathaniel!« Ich schnellte auf meine Knie hoch und beugte mich über ihn, und es schnitt mir ins Herz, dass ich ihn nicht einmal in die Arme nehmen und festhalten konnte. Nur wieder und wieder mit meinen Händen durch ihn hindurchstreichen konnte ich, durch den Nebel, der er war. »Nathaniel!«
71
Ich zwang mich, die Lider zu öffnen, wenigstens so weit, dass ich darunter hervorschielen und ihr in die Augen sehen konnte, die vor Schrecken und Angst riesig waren in ihrem blassen Gesicht.
»Gleich … gleich … vor … bei«, brachte ich keuchend hervor. Bei jedem Laut musste ich die Zähne zusammenbeißen, um nicht aufzubrüllen vor Schmerz. Dieser teuflische, flammende Schmerz, der mehr und mehr von mir Besitz ergriff. Der mich mit seinen Klauen von innen her zerfetzte, sodass ich nicht einmal mehr Ambers Hände in mir spürte.
Heiser schrie ich auf vor Erleichterung, als der Schmerz endlich nachließ, Flamme für Flamme verlosch und nur noch ein dumpfes Glühen übrig blieb.
»Nathaniel«, hörte ich sie tonlos flüstern.
»Vorbei …«, röchelte ich. »Schon … schon vorbei.«
»Geht …
Weitere Kostenlose Bücher