In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
geht es dir gut?« Zitternd strichen ihre Finger über mich hinweg, nahmen das letzte, pochende Glühen auf wie ein Schwamm und wischten es fort. Wohlig seufzte ich auf und nickte erschöpft.
»Deshalb … deshalb war ich letzte Nacht nicht bei dir«, flüsterte ich, und meine Stimme klang genauso wund gescheuert wie ich mich fühlte. »Ich hatte keine Kraft mehr. Danach. Nach … nach dem hier.«
Die ganze Zeit über hatte ich nicht gewollt, dass sie das jemals miterlebte, dass sie mich je so sah. Jetzt jedoch war ich froh, sie bei mir zu haben; sie ganz nah bei mir zu spüren, wie sie sich an mich, in mich schmiegte, und ich schloss die Augen.
»Ist das seit … seit …«
Ich nickte und sie schwieg.
»Nathaniel …«, begann sie dann zögerlich, und es war ihr anzumerken, wie schwer es ihr fiel, weiterzusprechen. »Seitdem … Ich …« Sie atmete tief ein und ließ dann ihren Atem in einem wackeligen Fluss ausströmen. »Ich gleite seitdem immer wieder in die Vergangenheit hinüber. Manchmal glaube ich, es ist deine Zeit, manchmal ist es auch die danach. Dort bin ich wie du, nur ein Schatten. Und selbst hier …« Ich hörte sie aufschluchzen. »Selbst hier fühle ich mich mit jedem Tag kraftloser. Als würde ich mich von innen her auflösen. Als ob ich zu einem Schatten würde, wie du einer bist.«
Ruckartig öffneten sich meine Lider und ich starrte sie an. Ich sah die Angst in ihren Augen und wurde selbst von Furcht gepackt.
So gut wie wir es konnten, klammerten wir uns aneinander fest. Voller Angst, weil wir zu ahnen begannen, welches Unheil wir füreinander heraufbeschworen hatten. Und voller Zorn auf diese Ungerechtigkeit. Denn wir hatten uns doch einfach nur das genommen, was wir für unser gutes Recht hielten – uns einander nahe zu sein und uns zu lieben.
Konnte das wirklich so falsch gewesen sein?
72
Eine bleischwere Stille lastete auf der Küche in der Sacramento Street, und obwohl die Lampe über dem Tisch ihr warmes Licht verbreitete und das Weiß und Gelb des Raums strahlen ließ, schien der graue Nebel dieses frühen Abends durch alle Ritzen und Fugen von draußen hereinzuziehen und die Stimmung noch weiter zu verdüstern. Ich spürte die Blicke der anderen auf mir, während ich erschöpft am Kühlschrank lehnte und mich an meinem Becher mit Tee festklammerte.
Das Aufschluchzen, das Abby auf meinem Platz am Küchentisch rausrutschte, durchbrach die Stille; eine zitternde Hand vor den Mund gepresst, kullerten ihr dicke Tränen aus den Augen und verschmierten ihr die schwarze Wimperntusche. Holly langte in ihre braune Ledertasche, die über der Lehne des anderen Stuhls hing, kramte ein Päckchen Tempo hervor und schob es Abby über den Tisch hinweg zu, bevor sie dann Zigarettenschachtel und Feuerzeug herausfischte und mit einer hilflosen Geste anhob. »Darf ich bei euch irgendwo rauchen? Sonst gehe ich schnell runter auf die Straße.«
Ich schlich hinüber zur Kaffeemaschine und setzte meinen Becher ab, um aus dem Oberschrank eine Untertasse herauszuholen, die ich Holly hinüberreichte, und nickte zur Balkontür hin.
»Danke.« Ich spürte, wie auch Hollys Hand zitterte, als sie mir den kleinen Teller abnahm und sich nach draußen verzog; auf dem Balkon klickte das Feuerzeug mehrmals hektisch hintereinander, bis ich das Ende der Zigarette aufglühen sah und ein schwacher Rauchgeruch unter der Glastür hereinsickerte.
Shane, der neben Matt an der Arbeitsplatte stand, legte den Arm um meine Schulter und zog mich an sich. Müde legte ich den Kopf an seine Brust unter dem auberginefarbenen Longsleeve.
»Ich fass es einfach nicht!«, platzte Matt dann heraus und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch seine blauen Haarstacheln. »Wie kann man nur so unglaublich leichtsinnig sein! So dämlich! Ich weiß gar nicht, wer dämlicher ist – Amber oder dieser … dieser …«
Abby hielt mitten in ihrem geräuschvollen Naseputzen inne. Ihre Brauen zogen sich zusammen, und aus nassen Augen funkelte sie Matt an, bevor sie das zusammengeknüllte Tempo sinken ließ. »So ein Scheiß kann auch nur von dir kommen!«, schleuderte sie Matt mit tränendicker Stimme entgegen. »Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wie es ist, wenn man jemanden wirklich liebt! So sehr liebt, dass man einfach alles tun würde, um ihm nah zu sein, und jedes Risiko dafür in Kauf nimmt! Du …«
»Boah«, fiel ihr Matt genervt ins Wort und kreuzte die Arme vor seinem Totenkopf-Shirt über einem schwarzen Longsleeve. »Komm
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